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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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mit den Krallen die Ränder der Halsöffnung, in der er das Haupt des wehrlosen Schläfers wähnte.
    Plötzlich krachte die Tür aus den Angeln. Eine Ritterrüstung mit Hellebarde stampfte in den Raum. Die »eiserne Reserve«.
    Die Federechse hob den Kopf und stieß einen Laut der Verwunderung aus.
    Der Blechkamerad rannte mit gesenkter Waffe auf das Echsenwesen zu, bohrte ihm die Hellebardenspitze in die Brust und spießte es an die Wand.
    »Danke«, rief Leo und zischte durch die Mauer in den Nebenraum.
    Hier verteidigten Alex und Finn zwei soeben erwachte Jungen vor einer Traumgeborenen. Wie Dompteure schirmten sie die benommenen Mitschüler mit Stühlen vor den Giftzähnen der Angreiferin ab. Ein zweiter Blechkamerad attackierte das Vogelwesen mit einem Beidhänder. Mit mächtigen Hieben drängte er es zum zerbrochenen Fenster zurück. Um von dem langen Schwert nicht zerstückelt zu werden, stürzte sich die Federechse hinaus.
    Im selben Moment stießen mehrere Vampirtauben auf sie herab. Leo hörte nur ihren rasch leiser werdenden Schmerzensschrei, sehen konnte er ihren Todeskampf nicht mehr.
    Er kehrte ins Eckzimmer zurück, von dem aus man die beste Aussicht hatte. Der Angriff war zurückgeschlagen, die Luft –
abgesehen von ein paar sanft dahinschwebenden Daunen – wieder rein. Als sein Blick sich zu dem langgezogenen Marstallgebäude herabsenkte, bemerkte er einen Schemen in den Nebelschwaden. Rasch versetzte er sein Traum-Ich zum Nordfenster. Dort entdeckte er gleich mehrere Gestalten in dem grauen Gewaber. Osmund hatte also recht gehabt. Refi Zul versuchte bei der Westpforte des Münsters in den Innenhof des Schlosses einzudringen.
    Leo kehrte ins Erdgeschoss zurück. Er musste seinen Freund warnen. Doch zuvor würde er den tapferen Blechkameraden ein paar neue Befehle erteilen.
     
    Wie vermutet, fand Leo das Traum-Ich des Generalfeldmarschalls im Kontrollraum des Labors. Der Anblick der schlafenden Mädchen und Jungen auf den Liegen wirkte auf ihn bizarr. Unter ihren DreamCaps sahen sie wie Piloten aus den Anfangstagen der Fliegerei aus. High-Tech-Krieger, deren Avatare gerade eine erbitterte Schlacht fochten, stellte man sich anders vor.
    In wenigen Worten gab Leo dem Lehrer einen Lagebericht.
    Der nickte grimmig. »Ist klar, was Zul vorhat. Er will sich mit einer Eliteeinheit zum Niedergang durchschlagen, der zu den Gewölben hinabführt. Durch die Tür im Innenhof gelangt er am schnellsten dorthin. Wir müssen die eiserne Reserve mobilisieren.«
    »Hab schon damit angefangen.«
    »Gut. Dann bring du die restlichen Ritterrüstungen auf Trab. Ich starte hier noch kurz ein Programm, um unsere Traumschmiede auf die neue Situation einzustellen. Wir treffen uns im Kontrollraum.«
     
    Refi Zul war mit dem Verlauf der Schlacht um Salem im Großen und Ganzen zufrieden. Seine Traumgeborenen hatten zwar stärkere Verluste hinnehmen müssen als erwartet und sein Hauptheer war zerstreut worden, doch das konnte er alles verschmerzen. Es ging einzig um ihn, den Herrn der ungeträumten Träume. Sollte ihm etwas zustoßen, wäre das der sichere Untergang von Illúsion.
    Wenn sich nur sein Schädel nicht so aufgebläht anfühlen würde! Er hatte das Gefühl, sein Gehirn müsste jeden Moment zu kochen beginnen. Dass dieser Leo mit seinem Kometen so vielen Menschen den Schlaf raubte, hatte glücklicherweise auch sein Gutes. Der dadurch entstehende Druck vermochte die verschütteten Portale vielleicht sogar ohne weiteres Zutun freizuspülen. Und falls das nicht reichte, bekäme er, der größte Traumwandler aller Zeiten, das Salemer Tor mit Leichtigkeit auf. Das hatte der kleine Rebell sicher nicht bedacht.
    Leise durchquerte Refi Zul mit seinen Begleitern den Durchgang an der Westpforte der Kirche. Durs und der Gefangene waren dicht hinter ihm. Ihr Begleitschutz bestand aus drei Dutzend handverlesenen Kriegern.
    Im fahlen Licht des Kometenschweifs sah der begrünte Innenhof alles andere als einladend aus. Außerdem herrschte ein heilloses Durcheinander. An den Hauswänden standen Gartengeräte – ein wahlloses, verschmutztes Sammelsurium. Links lag ein Gartenschlauch – nicht zusammengerollt. Brachte man den Schülern auf dieser Akademie keine Disziplin bei?
    Der König deutete nach rechts zu einer Tür in der Mitte des äußeren Flügels. Die Krieger huschten – um nicht in ein weiteres Messerfeld zu geraten – auf dem kiesbestreuten Mittelweg entlang. Bis zur Kreuzung im Zentrum des Hofes hinderte sie

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