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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Mark. Seine übliche Schwerfälligkeit merkte man dem spritzigen Traum-Ich nicht an. »Luftangriff!«, schrie es. »Ich liege mit ein paar Kumpels oben im dritten Stock. Sie kommen direkt auf uns zu.«
    »Wen oder was meinst du?«, fragte Okumus.
    »Weiß nicht. Sehen aus wie fliegende Straußenvögel mit Krallen an den Stummelflügeln.«
    »Federechsen«, stieß Leo hervor. »Ihr Gift ist tödlich. Bring mich zu euch.«
    »Warte!«, rief Okumus.
    Leo war bereits mit Alex durch die Decke entschwunden.
     
    Nur einen wilden Herzschlag lang starrte Leo durchs Fenster des Eckzimmers. Er sah im Kometenglühen die gleichen Bestien, die ihm schon einmal fast zum Verhängnis geworden wären. Orla hatte ihn damals gewarnt, dass sie mit ihren Stummelflügeln
durchaus des Fliegens mächtig seien. Jetzt bewahrheiteten sich ihre Worte.
    Der Schwarm näherte sich von Westen und ein zweiter von Norden. Alex und sein Zimmergenosse Finn erwachten gerade. In den Räumen nebenan lagen Schläfer, deren Traum-Ichs im südlichen Abschnitt patrouillierten. Sie hatten von dem Angriff auf ihre Körper vermutlich noch nichts gemerkt. Die Zeit war zu knapp, sie aufzuwecken, damit sie vor den Angreifern fliehen konnten.
    Plötzlich sah Leo rötlich glühende Schatten, die vom Schlossdach auf die Federechsen zuschossen. Es waren die »Tontauben«, eine Erfindung von Levin, der in den Dachziegeln eine wirksame Waffe zur Luftabwehr entdeckt hatte. Die Verteidiger lagen im Traumlabor. Also war der Generalfeldmarschall bei ihnen und hatte das entsprechende Traumprogramm des schwarzen Lockenkopfes in ihre DreamCaps laden lassen.
    Die ersten Dachziegel, die sich im Flug zu scharfkantigen, runden Diskussen umgeformt hatten, erreichten ihre Ziele. Nur ungefähr zwanzig Meter vor dem Fenster wurde eine Federechse direkt oberhalb des Rumpfes enthauptet. Ihr kleiner Kopf mit dem langen Schwanenhals sah aus wie eine groteske Schlange. Er fiel nach rechts herab, der einem ungerupften Truthahn gleichende Rest nach links.
    Leo entsann sich »der eisernen Reserve«, wie sein älterer Freund die Verteidiger der Schläfer auf den Zimmern nannte. Osmund hatte gehofft, es würde nie zur Erstürmung des Schlosses kommen. Wie schnell sich das Blatt gewendet hatte! Blitzschnell ließ Leo sein Traum-Ich auf den Korridor hinausfahren, lenkte die Traumenergie in die dort aufgestellten Blechkameraden und kehrte in das Eckzimmer von Alex und Finn zurück.
    An der Westflanke verwandelte gerade eine Salve von Tontauben
die Giftflieger in eine blutige Federwolke. Kreischend stürzten auch im Norden etliche der Kreaturen ab. Einige konnten jedoch durchbrechen. Seine Freunde waren inzwischen hellwach. »Wir kümmern uns um die anderen«, rief der stämmige Alex und rannte mit seinem Zimmergenossen aus dem Raum.
    Leo indes schoss senkrecht nach oben und durchstieß das schon weitflächig abgedeckte Dach. Über ihm kreiste ein Taubenschwarm. Es waren wohlgemerkt keine Tiere aus Ton, sondern offenbar die vom plötzlichen Tohuwabohu aufgescheuchten Vögel, die hier vor wenigen Minuten noch sanft geschlummert hatten. Er hatte eine Idee.
    Fast empfand Leo es als wohltuend, die ihn durchströmende Traumenergie in die Tauben umzulenken. Sein Herz hatte tief unten beim Drusentor noch keine drei Mal geschlagen, als sich die verwandelten Vögel auf die Traumgeborenen stürzten wie Geier auf das Aas.
    Nun waren es keine Friedenstauben mehr, sondern Vampirtauben – ihre Köpfe glichen denen der blutsaugenden Fledermäuse Lateinamerikas. Mit unglaublicher Angriffslust attackierten sie die noch verbliebenen Federechsen. Sie hackten mit ihren rasiermesserscharfen Zähnen auf deren Augen und Hälse ein und schlürften mit unersättlicher Gier ihr Blut. Die Luft vor dem Schloss schien zu kochen. Wildes Gekreische hallte durch die Nacht. Die Traumgeborenen waren so sehr mit den kleinen Plagegeistern beschäftigt, dass sie die Befehle ihres Gebieters vergaßen.
    Abgesehen von zweien, die gerade durch die Westfenster im dritten Stock krachten.
    Dank ihrer Königszeichen fand Leo sie binnen eines Wimpernschlags. Als er von oben kommend senkrecht in das erste
Schülerzimmer hinabstieß, stürzte sich eine der Federechsen gerade auf Felix, einen begabten Traumschmied aus der achten Klasse. Leo verwandelte dessen Bett samt dem darin liegenden Schüler in eine Schildkröte.
    Knack!
    Die säbelartigen Schlangenzähne waren auf dem harten Panzer abgebrochen. Der Giftvogel kreischte wütend und packte

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