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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Hier ist es für dich nicht mehr sicher, Leo. Jede Wette, dass Zuls Wächter seine Finger im Spiel hat. Er will dir den Mord anhängen, um dich von dem Tor zu vertreiben. Und das ist nur der Anfang. Wenn man dich erst unter Arrest gesetzt hat, kommt er und tötet dich. Wahrscheinlich wird es aussehen, wie der Selbstmord eines von Schuldgefühlen zerfressenen Schülers.«
    »Ich frage mich nur, warum mir der Typ eine Giftflasche ins Bett legt. Wozu die Umstände? Er hätte mich doch gleich umbringen können?«
    »Ich vermute mal, weil Dabelstein seinen Rücktritt angedroht hat. So kann man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: den abtrünnigen Direktor und den gefährlichen Schlafverwandler.«
    Ihn schauderte. »Ich bin keine Fliege. Außerdem, woher willst du das alles wissen?«
    »Ich habe eben Dabelsteins Leiche gesehen. Das war Federechsengift. Diese Kreaturen gibt es nur in Zuls Reich.«
    Wieder sah Leo den greisenhaften Toten vor sich. »Bist du sicher? Man bringt Menschen nicht einfach so um.« Glaubte er wirklich noch daran?
    »Es wäre nicht der erste Mord, der in Illúsion beschlossen worden ist. Ich dachte, das hätte ich dir in der Klosterbibliothek erklärt. Wer nicht für Refi Zul ist, wird gnadenlos gejagt. Seine Schergen haben schon viele von uns sogenannte Rebellen getötet. Du wärst nur ein Opfer mehr.«
    Leo sah Orla mit zusammengekniffenen Augen an. Sollte sie nur durchgeknallt sein, würde er die Pastillen schlucken und nichts passierte. Hatte sie aber recht, rettete sie ihm vielleicht das Leben. »Und wo soll ich mich verstecken?«
    »In Illúsion. Zurzeit verhört die Kripo das ganze Lehrerkollegium
und die übrigen Angestellten. Okumus ist also abgelenkt. Begib dich zur Drusenkammer.«
    »Ich habe keinen blassen Schimmer, wo die ist.«
    »Doch. Hast du. Du besitzt die Gabe – es wird dir im Traum einfallen. Ich komme auch zum Tor. Warte dort auf mich. Beim ersten Mal sollte ich dich auf die andere Seite führen. Wenn man nicht Obacht gibt, kann der Übertritt gefährlich werden.«
    »Gefährlich?«, echote Leo beklommen.
    Sie nickte. »Man darf das Tor nur passieren, solange es weit offen steht. Tritt man hinein, während es sich gerade öffnet oder sich bereits schließt, dann landet man in Inférnia.«
    Er schauderte. »Klingt ja höllisch.«
    »Ist es auch. So nennen wir das Reich der ungeträumten Albträume. Wir vermuten, dass Illúsion eine dunkle Zwillingsschwester hat. Niemand, der je eines der Drusentore zur falschen Zeit durchschritten hat, ist wieder zurückgekommen. Und jetzt nimm schnell die Pastillen.« Sie drückte ihm die Dose in die Hand. »Du bist Anfänger, also schluck gleich drei Stück.«
    Die Tür öffnete sich und die blonde Polizistin streckte den Kopf herein. »Was wird das? Ein Schäferstündchen?«
    Orla strahlte sie an. »Ja genau. Ich habe meinen Freund nur ein bisschen aufgebaut. Er ist nämlich unschuldig und kann’s gebrauchen.« Sie wandte sich diesem zu und hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. »Viel Glück, Leo.«
    Geradezu beschwingt glitt sie aus dem Zimmer.
    »Was war das jetzt?«, fragte die Polizistin misstrauisch.
    Leo breitete die Arme aus, hob die Schultern und zog den Mund in die Breite. »So sind Mädchen halt.«
    Die Tür ging wieder zu, der Schlüssel drehte sich im Schloss herum.
    Benommen fasste sich Leo an die von Orla behauchte Wange.
Hatte er eben tatsächlich vom schönsten Mädchen der Schule einen Kuss bekommen? Er bedauerte fast, dass ihm keine Schuppe an der Backe klebte. Gern hätte er sie gegen das Andenken der Seejungfer getauscht.
    Er blickte in seine Hand, die sich beim Öffnen der Tür um Orlas Mitbringsel geschlossen hatte. Die kleine Dose war gelblich weiß und schillerte wie Perlmutt. Drei Pastillen, hatte das Mädchen gesagt. Hoffentlich waren die Dinger nicht zu stark und er verpasste sich damit das One-way-Ticket ins Land der ewigen Träume. Wasser stand noch auf dem Tisch.
    Durch die Tür hörte er die Stimme des Kommissars. Er sprach mit dem hünenhaften Beamten, der die Stube durchsucht hatte. Es war nicht viel zu verstehen, aber das Wort »Giftflasche« reichte Leo, um alle Bedenken fahren zu lassen.
    Er zog rasch die übereinandergestülpten Hälften des Behälters auseinander, entnahm ihm die verordnete Dosis, warf sie sich ein und spülte sie mit einem großen Schluck herunter. Sicherheitshalber setzte er sich auf einen Stuhl und legte den rechten Arm auf die Tischplatte, um sich im Falle einer plötzlichen

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