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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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Illusion – ist, dann kann er sich der allgemeinen Bewunderung sicher sein.«
    »Kennt man ja von den Castingshows im Fernsehen«, sagte Benno. »Die meisten können auch nicht singen, tun aber so wie der große Zampano.«
    Sie quälte sich ein Lächeln ab und deutete mit der Hand auf ein Gebäude. »Da bin ich aufgewachsen, nachdem Onkel Dalmud mich unter seine Fittiche genommen hat.«
    Das Rundhaus des guten Dalmud unterschied sich kaum von den anderen in Tirza. Es war ein wenig stattlicher, stand auf einem ovalen Rasenstück und war erkennbar gut in Schuss. Das zweite, noch einfachere Bauwerk einige Schritte daneben sei ein Ziegenstall, erklärte der Alte, die Tiere befänden sich derzeit auf der Weide. Leo überraschte es nicht, dass einer der bedeutendsten Abgeordneten des Illúsischen Kongresses in so bescheidenen Verhältnissen lebte. Die Doppelhaushälfte von Helmut Schmidt in Hamburg-Langenhorn war auch kein Palast. Der ehemalige Bundeskanzler hatte dort am Neuberger Weg hohe Gäste aus aller Welt empfangen. Wahrhaft große Männer brauchten wohl keine großen Häuser.
    An der Tür wurden die vier von Angata begrüßt, Dalmuds »Augenweide«. Sie hatte langes schwarzes Haar, war zierlich von Gestalt, ungefähr zwanzig Jahre jünger als ihr Ehemann und für eine Frau um die fünfzig tatsächlich ausnehmend hübsch.
    Sie führte die Gäste in ein mit Teppichen ausgelegtes, wie ein Viertelkreis geformtes Zimmer und bot ihnen Getränke an.
Benno fragte, ob es Cola gebe, was abschlägig beschieden wurde. Leo ließ sich auf einem großen Sitzkissen nieder und bat um einen Schluck Wasser. Die Jungen waren nicht wenig erstaunt, als in jedem ihrer Becher ein kleiner Fisch schwamm.
    »Das ist Traumwasser«, erklärte Angata. »Damit es sich nicht auflöst, muss es immer in Bewegung bleiben. Wir tun dazu die Zappelfischlein hinein. Verschluckt eures nicht. Und lasst ihnen zwei Fingerbreit Wasser übrig.«
    Benno zog eine Grimasse und schüttelte sich.
    Auch Leo hätte am liebsten auf die Erfrischung verzichtet, doch die erwartungsvollen Mienen seiner Gastgeber ließen das nicht zu. Also zwang er sich ein Lächeln ins Gesicht, trank mit gespitzten Lippen und ertrug tapfer das Kitzeln des kleinen Quirls am Mund.
    Angata entschuldigte sich, sie wolle für die Gäste eine Mahlzeit zubereiten. Nachdem sie den Raum verlassen hatte, lenkte Orla das Gespräch wieder auf ihr Anliegen. »Kannst du mir helfen, das letzte der Großen Traumtore zu finden, Onkel Dalmud?«
    Die Miene des Alten spiegelte ernste Besorgnis wider. »Dein Vorhaben könnte unser aller Untergang bedeuten, Kind. Falls du das Tor zerstörst, wird kaum noch Traumenergie nach Illúsion strömen und …«
    »Müsste der Ringkontinent dadurch nicht automatisch sichtbar werden?«, fragte Leo.
    »Nein. Ich fürchte, es würde den Verfall beschleunigen. Der Bann ist an Refi Zul geknüpft. Er muss ihn entweder freiwillig lösen oder gewaltsam davon getrennt werden.«
    »Und wie?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Falls er sterben sollte …«, murmelte Orla.

    »Du denkst daran, ihn zu ermorden?«, unterbrach sie der Alte und schüttelte entschieden den Kopf. »Das sind seine Methoden, Kind, nicht die unseren. Ich fürchte sogar, du könntest dadurch genau das Gegenteil erreichen. Um das Übel auszutilgen, musst du es bei der Wurzel packen – bei Refi Zul. Wenn der aber tot ist, würde es womöglich bis in alle Ewigkeit bestehen. Es wäre dann nur noch aus der Welt zu schaffen, indem du den Bann ungeschehen machst.«
    »Niemand kann die Vergangenheit ändern, Onkel Dalmud.«
    »Da hast du wohl recht.« Er sah nachdenklich zu Leo hinüber.
    »Gibt es denn keinen anderen Weg?«, bohrte Orla nach.
    Sein Blick wechselte wieder zu ihr. »Ihr könntet den König nach Inférnia schicken. Vielleicht würde sich Illúsion dann selbst befreien, sofern noch genügend Wasser aus den verbliebenen Traumquellen strömt.«
    Inférnia? Leo erschauderte. Das Bild des schreienden Hyänenschweines im dunklen Strudel des Drusentores hatte sich seinem Gedächtnis unlöschbar eingebrannt.
    »Irgendetwas müssen wir tun«, sagte das Mädchen entschlossen. »Sonst missbraucht Refi Zul die ungeträumten Träume für sein selbstzerstörerisches Versteckspiel, bis es kein Zurück mehr gibt.«
    Dalmud seufzte. »Ich bin nicht einmal sicher, ob wir den Untergang Illúsions überhaupt noch aufhalten können. Seit ich dich damals von hier fortbrachte, schreitet der Verfall immer schneller voran.

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