Das Geheimnis der Wellen
Richtige.
Sie zog sich um und traf sich mit ihrer Freundin an den Stufen zum Strand.
»Das hab ich jetzt wirklich nötig.« Maureen joggte auf der Stelle. »Achtzehn Grundschüler im Zuckerrausch. Jeder Lehrer in Amerika sollte sein Gehalt verdoppelt und jede Woche einen Blumenstrauß bekommen. Außerdem eine Flasche alten Landon-Whiskey.«
»Die Cupcakes waren also ein voller Erfolg.«
»Sie sind darüber hergefallen wie die Heuschrecken«, sagte Maureen auf dem Weg zum Strand. »Ich glaube nicht, dass auch nur ein Krümel übrig geblieben ist. Alles okay?«
»Warum fragst du?«
»Du hast da so eine Falte.« Maureen tippte auf ihre Nasenwurzel.
»Mist.« Instinktiv rieb sich Abra die Stelle. »Ich bekomme da richtig tiefe Furchen.«
»Nein, bekommst du nicht. Nur, wenn du dich wirklich aufregst oder sauer bist. Was ist es heute?«
»Vielleicht beides.«
Sie begannen, langsam zu joggen. Auf der einen Seite rauschte das Meer, auf der anderen lag der von Schneeklumpen und -löchern durchsetzte Sand.
Weil Maureen ihre Freundin kannte, schwieg sie.
»Hast du den Typen gesehen, als du heute Morgen das Gemeindehaus verlassen hast? Normal groß, braunes Haar, ein sympathisches Gesicht und ein kleiner Bauchansatz?«
»Ich weiß nicht … doch, vielleicht. Er hat mir die Tür aufgehalten. Warum? Was ist passiert?« Maureen blieb stehen und musste ihr nachsetzen, als Abra weiterlief. »Hat er dich angemacht, Süße? Hat er?«
»Nein, nein, nichts dergleichen. Wir sind in Whiskey Beach, Maureen, nicht in South Boston.«
»Trotzdem, verdammt! Ich hätte dich nicht allein lassen dürfen. Ich habe einfach nur an meine Cupcakes gedacht.«
»Nein, nichts dergleichen. Und wer hat denn den Kurs ›Selbstverteidigung für Frauen‹ gegeben?«
»Du. Aber das bedeutet nicht, dass deine Freundin dich einfach so allein lassen sollte.«
»Er ist ein Privatdetektiv aus Boston. Los, komm«, sagte Abra, als Maureen erneut stehen blieb. »Halt das Tempo, ich muss mich abreagieren.«
»Was wollte er? Dieser Mistkerl sitzt doch immer noch im Gefängnis, oder?«
»Ja, und es ging nicht um mich. Sondern um Eli.«
»Eli? Du hast von einem Privatdetektiv gesprochen, nicht von einem Polizisten. Was wollte er?«
»Informationen. Aber eigentlich sollte ich über Eli klatschen. Er wollte, dass ich über ihn ablästere, und mich sogar noch dafür bezahlen. Er sucht nach jemandem, der ihn ausspioniert.« Sie spuckte die Worte förmlich aus. »Jemand, der ihm berichtet, was Eli tut und sagt. Dabei weiß ich gar nichts. Als ich dem Kerl klargemacht habe, dass er verschwinden soll, hat er gefragt, ob ich eine Beziehung mit Eli hätte. So nach dem Motto: Ihr treibt es doch bestimmt wie die Karnickel? Elis Frau ist seit einem Jahr tot, außerdem wollten sie sich scheiden lassen. Darüber hinaus gibt es nicht den gerings ten Beweis gegen ihn. Die Polizei kann nichts beweisen, deshalb wühlen sie im Dreck.«
»Ich glaube nicht, dass die Polizei Privatdetektive beauftragt.«
»Vermutlich nicht. Aber wer dann?«
»Keine Ahnung.« Als ihnen warm wurde und kühle Luft über Abras Gesicht strich, merkte sie, wie sich ihre Stimmung hob. »Eine Versicherungsgesellschaft? Vielleicht war seine Frau versichert, und die wollen nicht zahlen. Aber er hat von einem Mandanten gesprochen, wollte mir allerdings nicht sagen, wer das ist. Vielleicht stecken die Anwälte der Versicherungsgesellschaft dahinter oder die Angehörigen der Toten, die ihn in der Presse so fertiggemacht haben. Ich habe keine Ahnung.«
»Ich auch nicht. Ich kann ja mal Mike fragen.«
»Warum Mike?«
»Er hat ständig mit Anwälten und Mandanten zu tun.«
»Mit Immobilienanwälten«, korrigierte Abra sie.
»Anwälte sind Anwälte und Mandanten Mandanten. Vielleicht weiß er was. Er wird es vertraulich behandeln.«
»Ich weiß nicht, ob es darauf ankommt. Wenn der Kerl Jagd auf mich macht, wird er auch mit anderen reden. Alles wird wieder aufgewärmt werden.«
»Der arme Eli.«
»Du glaubst auch nicht, dass er es war.«
»Nein.«
»Warum glaubst du ihm, Maureen?«
»Na ja, wie du weißt, hat mich das Fernsehen zum Detective ausgebildet. Aber mal ganz abgesehen davon: Warum sollte ein Mann, der noch nie zuvor gewalttätig war, seiner Frau plötzlich mit einer Kaminschaufel den Schädel einschlagen? Sie hat ihn betrogen, und er war wütend. Deshalb sah es nicht sehr gut für sie aus, was die Scheidungsverhandlungen betraf. Auch ich möchte Mike manchmal gern den Schädel mit
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