Das Geheimnis der Wellen
Er setzte seine Sonnenbrille wieder auf.
Lachend stupste sie ihn in den Bauch. »Süße, prickelnde Teenagergeheimnisse.«
»Vielleicht sollte ich Maureens Mann lieber aus dem Weg gehen.«
»Mike? Auf gar keinen Fall. Mal ganz abgesehen davon, dass ich ihn ziemlich anbetungswürdig finde, ist er ein netter Kerl und außerdem ein guter Vater. Sie werden ihn mögen. Sie sollten am Freitagabend in den Pub kommen.«
»Ich weiß nicht recht.«
»Früher hieß er Katydids.«
»Ja, stimmt.«
»Er ist pleitegegangen, habe ich gehört. Das war vor meiner Zeit. Seit drei Jahren hat er andere Besitzer. Es ist nett dort. Gute Drinks, nette Leute. An den Freitag- und Samstagabenden gibt es sogar Livemusik.«
»Ich bin nicht gerade scharf darauf, unter Leute zu gehen.«
»Das sollten Sie aber. Das baut Stress ab. Sie haben gelächelt.«
»Wie bitte?«
»Als Sie Maureen erkannt haben, haben Sie gelächelt, aufrichtig gestrahlt. Sie haben sich gefreut, sie wiederzusehen, und das ist mir nicht entgangen. Warum begleiten Sie mich nicht ein Stück?« Sie zeigte in Richtung ihres Cottages. Anstatt ihm die Möglichkeit zu geben abzulehnen, packte sie einfach seine Hand und lief los.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte sie. »Seit der letzten Massage.«
»Gut. Sie hatten recht: Normalerweise spüre ich sie am nächsten Tag, aber das vergeht wieder.«
»Sie werden noch viel mehr positive Auswirkungen spü ren, wenn wir erst mal die Knoten beseitigt haben und Sie et was lockerer geworden sind. Ich werde Ihnen ein paar Yoga-Dehnübungen zeigen.«
Nein, sie konnte seine Augen nicht sehen, aber sein Körper signalisierte Abwehr. »Eher nicht.«
»Yoga ist nicht nur was für Frauen.« Sie seufzte laut.
»Ist irgendwas?«
»Ich überlege gerade, ob ich Ihnen etwas sagen soll oder nicht. Aber ich finde, Sie sollten Bescheid wissen, auch wenn Sie sich wahrscheinlich aufregen werden. Es tut mir leid, dass ausgerechnet ich Ihnen diese Nachricht überbringen muss.«
»Worüber werde ich mich aufregen?«
»Nach meinem Vormittagskurs heute hat mich ein Mann angesprochen. Ein Privatdetektiv aus Boston namens Kirby Duncan. Er meinte, er hätte dort einen Mandanten, und wollte mich über Sie ausfragen.«
»Gut.«
»Wieso denn gut? Er war aufdringlich, wollte mich sogar für Informationen bezahlen, was ich als persönliche Beleidigung aufgefasst habe. Nein, das ist gar nicht gut. Das grenzt an Belästigung. Sie werden belästigt. Sie sollten …«
»Die Polizei informieren? Ich glaube, der Zug ist abgefahren. Mir einen Anwalt nehmen? Ich habe einen.«
»Das ist einfach nicht fair. Die Polizei hat ein Jahr lang Jagd auf Sie gemacht. Jetzt macht sie oder ein anderer mithilfe von Anwälten und Detektiven weiterhin Jagd auf Sie. Es muss eine Möglichkeit geben, das zu unterbinden.«
»Es ist nicht verboten, Fragen zu stellen. Sie wollen, dass ich weiß, wer für die Fragen, die Antworten bezahlt.«
»Wer denn? Und sagen Sie nicht, das gehe mich nichts an«, sagte sie barsch. »Der Typ hat mir aufgelauert. Und mir unterstellt, dass ich deshalb nicht kooperiere, weil wir eine Beziehung haben, sprich: miteinander schlafen.«
»Das tut mir leid.«
»Nein.« Als er seine Hand wegzog, griff sie erneut danach. »Das tut es nicht. Selbst wenn wir so eine Beziehung hätten, würde ihn das nicht das Geringste angehen. Wir sind beide erwachsen, wir sind Singles, und es ist nichts falsch oder unmoralisch daran, wenn Sie Ihr Leben weiterleben. Ihre Ehe war schon kaputt, bevor Ihre Frau ermordet wurde. Warum sollten Sie keine Beziehung mit mir oder einer anderen Frau haben dürfen?«
Ihm fiel auf, dass ihre Augen grün aufglühten, wenn sie wütend war. Richtig wütend.
»Das scheint Sie mehr aufzuregen als mich.«
»Warum regen Sie sich nicht auf?«, fragte sie. »Warum sind Sie nicht unglaublich wütend?«
»Ich war lang genug wütend. Viel hat das nicht gebracht.«
»Diese Leute dringen in Ihr Leben ein, als ob sie sich rächen wollten. Wozu?« Da fiel der Groschen. »Es sind ihre Angehörigen, nicht wahr? Lindsays Eltern. Sie können nicht loslassen.«
»Könnten Sie das?«
»Ach, hören Sie doch auf, so verdammt vernünftig zu sein.« Sie löste sich von ihm, ging zum schäumenden Wasser. »Wenn sie meine Schwester, meine Mutter oder meine Tochter gewesen wäre, würde ich vor allem die Wahrheit wis sen wollen.« Sie drehte sich zu ihm um.
Er sah sie einfach nur an.
»Wie will man die Wahrheit herausfinden, wenn man einen Detektiv
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