Das Geheimnis der Wellen
wenn ich sie verstellen soll. Lassen Sie sich Zeit.«
Wie hypnotisiert und fast im Halbschlaf, tat er wie befohlen.
Als sie die Handballen in seine Schulterblätter presste, stöhnte er beinahe wegen der köstlichen Mischung aus Schmerz und Entspannung.
Sie hat kräftige Hände, dachte er. Dabei sahen sie gar nicht kräftig aus. Aber während sie drückten, rubbelten, pressten, während sich ihre Fäuste in seinen Rücken gruben, traten Schmerzen, an die er sich gewöhnt hatte, an die Oberfläche und verschwanden.
Sie benutzte ihre dick eingeölten Unterarme, ihr Körpergewicht, ihre Fingerknöchel, Daumen und Fäuste. Und jedes Mal, wenn der Druck zu stark zu werden drohte, löste sich etwas.
Dann machte sie feste, rhythmische, gleichmäßige Streichbewegungen.
Und er döste ein.
*
Eli kehrte ins Hier und Jetzt zurück wie ein an die Wasser oberfläche treibendes Blatt. Dabei brauchte er einen Moment, bis er merkte, dass er nicht in seinem Bett lag, sondern auf dem gepolsterten Massagetisch. Von einem Laken bedeckt. Das Kaminfeuer knisterte, die Kerzen flackerten. Nach wie vor hing Musik in der Luft.
Beinahe hätte er die Augen geschlossen und wäre wieder eingedöst.
Dann fiel ihm alles wieder ein.
Eli stützte sich auf und sah sich im Raum um. Er sah ihren Mantel, ihre Stiefel, ihre Tasche. Er konnte sie sogar riechen, diesen unaufdringlichen, erdigen Duft, der sich mit dem von Kerzenwachs und Öl vermischte. Vorsichtig zog er das Laken ans Kinn und setzte sich auf.
Er musste seine Hose suchen, aber eines nach dem anderen.
Das Laken fest im Griff, erhob er sich vom Massagetisch. Als er nach seiner Jeans griff, sah er die verdammte Haftnotiz:
Trinken Sie das Wasser. Ich bin in der Küche.
Misstrauisch sah er sich um, zog seine Hose an und griff nach der Wasserflasche, die sie danebengestellt hatte. Während er in sein Hemd schlüpfte, merkte er, dass ihm nichts mehr wehtat. Keine Kopfschmerzen, keine Krallen mehr, die sich in seinen Nacken gruben. Auch das Stechen von seinem Versuch, Sport zu treiben, war verschwunden.
Er stand einfach nur da, trank Wasser in dem von Kerzen licht, Kaminfeuer und Musik erfüllten Raum und empfand etwas, das er kaum wiedererkannte.
Er fühlte sich gut.
Und kam sich vor wie ein Idiot. Er hatte sie absichtlich geärgert. Sie hatte ihm trotzdem geholfen.
Peinlich berührt ging er in die Küche.
Sie stand am Herd. Es duftete köstlich. Er wusste nicht, worin sie da rührte, aber der Geruch rief ein weiteres, fast vergessenes Gefühl wach.
Echten Appetit.
Sie hatte sich für Rockmusik entschieden und drehte sie leise. Doch niemand sollte gezwungen sein, anständigen Hardrock leise zu drehen.
»Abra.«
Diesmal zuckte sie zusammen, was ihn beruhigte. Auch sie war nur ein Mensch.
Als sie sich umdrehte, kniff sie die Augen zusammen und hob den Zeigefinger, bevor er etwas sagen konnte. Sie trat auf ihn zu und musterte ihn gründlich. Dann lächelte sie.
»Gut. Sie sehen viel besser aus. Ausgeruht und deutlich entspannter.«
»Ich fühle mich prima. Zuallererst möchte ich mich entschuldigen. Ich war unhöflich und streitsüchtig.«
»Da möchte ich nicht widersprechen. Vielleicht auch einfach nur stur?«
»Vielleicht. Na gut, auch stur.«
»Ich schlage vor, wir fangen von vorn an.« Sie griff nach einem Glas Wein und prostete ihm zu. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass ich mich selbst bedient habe.«
»Nein, natürlich nicht. Außerdem möchte ich mich bei Ihnen bedanken. Als ich sagte, ich fühle mich prima … Ich weiß nicht, wann ich mich das letzte Mal so gut gefühlt habe.«
Ihr Blick wurde weich. Mitleid würde vermutlich nur dafür sorgen, dass er sich wieder verspannte. Aber Mitgefühl war etwas anderes.
»Ach, Eli, das Leben kann echt gemein sein, was? Sie müssen Ihr Wasser austrinken und genügend Flüssigkeit zu sich nehmen, um Giftstoffe auszuscheiden. Morgen werden Sie vermutlich etwas Muskelkater haben, denn ich musste ganz schön in die Tiefe gehen. Möchten Sie ein Glas Wein?«
»Ja, ich hole mir welchen.«
»Setzen Sie sich einfach hin«, befahl sie. »Sie sollten sich entspannen und das Gefühl eine Weile genießen. Sie sollten sich zweimal pro Woche massieren lassen, bis wir diesem Stress wirklich zu Leibe gerückt sind. Anschließend reicht ein Termin pro Woche, vielleicht auch einer alle zwei Wochen, wenn Ihnen das recht ist.«
»Wenn man so weggetreten ist wie ich, fällt es schwer zu widersprechen.«
»Gut. Ich werde die
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