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Das Geheimnis der Wellen

Das Geheimnis der Wellen

Titel: Das Geheimnis der Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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eine finanzielle Entschädigung anbieten. Was Sie in ihren Augen erst recht schuldig macht. Sie trauern, deshalb kennen sie kein vernünftiges Maß mehr.«
    »Vielleicht sollten Sie die Juristerei tatsächlich zu Ihrem Beruf machen.«
    »Ich schaue gern Good Wife .«
    »Was ist denn das?«
    »Eine Fernsehserie über eine Anwältin. Aber ich wollte damit eigentlich nur sagen, dass ich es gut finde, wenn Sie sich mit Ihrem Anwalt treffen. Wenn Sie aktiv werden. Sie sehen heute schon viel besser aus.«
    »Im Vergleich zu wann?«
    »Im Vergleich zu vorher.« Sie stemmte eine Hand in die Hüfte und legte den Kopf schräg. »Sie sollten eine Krawatte tragen.«
    »Eine Krawatte?«
    »Normalerweise wüsste ich nicht, warum man einem Mann eine Schlinge um den Hals legen sollte, denn nichts anderes ist eine Krawatte letztlich. Trotzdem, Sie sollten eine Krawatte tragen. Damit werden Sie sich selbstbewusster, stärker und mehr wie Sie selbst fühlen. Außerdem hängt oben eine stolze Sammlung davon.«
    »Sonst noch irgendwas?«
    »Lassen Sie sich bloß nicht die Haare schneiden.«
    Wieder einmal verblüffte sie ihn. »Warum denn nicht?«
    »Ich mag Ihre Frisur. Sie sieht so gar nicht anwaltsmäßig aus, eher nach einem Schriftsteller. Ein bisschen in Fasson bringen lassen dürfen Sie sie schon, wenn es denn unbedingt sein muss. Das könnte ich übernehmen.«
    »Nein, kommt gar nicht infrage.«
    »Das Zeug dazu habe ich. Hauptsache, Sie sehen nicht aus wie so ein Anzugheini.«
    »Ich soll eine Krawatte tragen, aber die langen Haare behalten.«
    »Genau. Und besorgen Sie ein paar Blumen für Hester. Inzwischen sollten Sie Tulpen auftreiben können, die werden sie an den Frühling erinnern.«
    »Soll ich anfangen, mir eine Liste zu machen?«
    Lächelnd umrundete sie die Kücheninsel. »Sie sehen nicht nur besser aus, sondern fühlen sich auch besser. Sie bekommen langsam neuen Schwung und lassen sich nicht mehr nur durch Ihre Wut antreiben.« Sie strich über das Revers seines Jacketts. »Los, suchen Sie sich eine Krawatte aus! Und fahren Sie vorsichtig.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange.
    »Wer sind Sie eigentlich? Ich meine, wer sind Sie wirklich?«
    »Das werden Sie früh genug erfahren. Grüßen Sie Ihre Familie von mir.«
    »Gut. Wir sehen uns … demnächst.«
    »Ich verlege den Massagetermin und trage ihn in Ihren Kalender ein.«
    Sie stieg erneut auf den Hocker und putzte weiter.
    Er suchte sich eine Krawatte aus. Er konnte nicht behaupten, dass er sich selbstbewusster und stärker fühlte, als er sie umhatte, aber irgendwie vollständiger. Mit diesem Gedanken nahm er seinen Aktenkoffer, legte Unterlagen, einen neuen Notizblock, gespitzte Bleistifte, einen Füller und nach kurzem Nachdenken auch sein Diktiergerät hinein.
    Er zog einen guten Mantel an und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel.
    »Wer bist du?«, fragte er sich.
    Er sah anders aus als früher, aber auch anders als in letzter Zeit: nicht mehr wie ein Anwalt, noch nicht wie ein echter Schriftsteller. Nicht schuldig, noch nicht nachweislich unschuldig.
    Er hing in der Luft, war aber vielleicht endlich so weit, dass er sich wieder um festen Boden unter den Füßen bemühen wollte.
    Auf dem Weg nach unten legte er das Geld für Abra auf seinen Schreibtisch und verließ das Haus, begleitet von ihrer Putzmusik. Heute waren es alte Springsteen-Songs.
    Als er in den Wagen stieg, fiel ihm auf, dass er sich seit seiner Ankunft vor drei Wochen das erste Mal wieder hinters Steuer setzte.
    Es war ein gutes Gefühl, die Kontrolle zurückzugewinnen, etwas zu unternehmen. Er schaltete sein Radio an und lachte überrascht auf, als ihm »The Boss« entgegenschallte.
    Mit dem Gefühl, Abra neben sich zu haben, verließ er Whiskey Beach.
    Ohne den Wagen zu bemerken, der sich an seine Fersen heftete.
    *
    Da es ein relativ milder Tag war, riss Abra Türen und Fenster auf, um gründlich durchzulüften. Sie bezog Elis Bett neu und schlug die Steppdecke auf. Nach kurzem Überlegen faltete sie aus einem Handtuch einen Fisch. Nachdem sie in ihrer »Notfalltasche für witzige Einfälle« gewühlt hatte, steckte sie ihm ein kleines grünes Plastikrohr wie eine Pfeife in den Mund.
    Als sie mit dem Schlafzimmer fertig war und die erste Ladung Wäsche in die Maschine gesteckt hatte, wandte sie sich dem Arbeitszimmer zu.
    Sie hätte nur zu gern den Schreibtisch durchstöbert, nach Notizen zu seinem Roman gesucht. Aber versprochen war versprochen.

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