Das Geheimnis der Wellen
die Kücheninsel und las sich das ausgedruckte Rezept durch. »Das klingt gut. Soll ich dir helfen?«
Diesmal galt das Stirnrunzeln ihr. »Da ich eindeutig der Dummie auf diesem Gebiet bin, sollte ich es eigentlich allein hinkriegen.«
»Prima. Macht es dir was aus, wenn ich mir ein Glas Wein einschenke?«
»Nur zu. Du darfst mir ruhig auch eines einschenken.«
Obwohl sie Kochen entspannend fand, verstand sie, wie sehr es einen Anfänger oder Gelegenheitskoch frustrieren konnte. »Was hat dich zu dieser häuslichen Tätigkeit be wogen?«, fragte sie, während sie Weingläser aus dem Schrank holte.
Mit zusammengekniffenen Augen sah er zu, wie sie nach Wein suchte. »Du suchst doch nicht etwa Ärger?«
»Eher einen guten Pinot Grigio«, rief sie. »Ah, da ist er ja. Ich will doch sehr hoffen, dass ich zum Essen eingeladen bin. Es ist schon eine Weile her, dass ich bekocht wurde.«
»Genau das habe ich vor.« Er sah zu, wie sie den Wein entkorkte, den sie vermutlich selbst besorgt hatte. »Ist die Nummer der Vergiftungszentrale als Kurzwahl gespeichert?«
»Ja.« Sie reichte ihm ein Glas und gab ihm einen zärtlichen Kuss auf die Wange. »Danke dir.«
»Bedank dich erst, wenn die Küche nicht in Flammen aufgegangen ist und wir keine Lebensmittelvergiftung haben.«
Sie war bereit, beides zu riskieren, nahm auf einem Barhocker Platz und genoss ihren ersten Schluck Wein.
»Wann hast du dir das letzte Mal was gekocht und nicht bloß aufgewärmt?«
»Es soll ja Leute geben, die Fertigmahlzeiten verachten.«
»O ja, allerdings.«
Wieder konzentrierte er sich stirnrunzelnd auf die Knoblauchknolle. »Ich soll Knoblauch schälen und in Scheiben schneiden.«
»Prima.«
Als er sie einfach nur anstarrte, erhob sie sich und griff nach dem Messer. »Ich zeige dir, wie’s geht.«
Sie löste eine Zehe aus der Knolle, legte sie aufs Schneidebrett und drückte mit der Messerklinge darauf. Die Zehe glitt mühelos aus der Schale. Nachdem sie sie in Scheiben geschnitten hatte, reichte sie ihm die restliche Knolle und das Messer. »Kapiert?«
»Ja, mehr oder weniger. Wir haben zu Hause eine Köchin. Und das, seit ich denken kann.«
»Man lernt nie aus. Und wer weiß, vielleicht macht es dir sogar Spaß.«
»Das glaube ich eigentlich weniger. Aber wenigstens ein Rezept für Dummies sollte ich hinkriegen.«
»Ich vertraue dir voll und ganz.«
Er versuchte, den Knoblauch zu schälen, und fasste etwas Mut, als er sich dabei keinen Finger abschnitt. »Wenn mir etwas Spaß macht, merke ich das normalerweise.«
»Kochen ist etwas Wunderbares. Bitte erlaube, dass ich dir einen Trick zeige.«
»Welchen Trick denn?«
»Eine schnell zuzubereitende, ganz einfache Hühnchen-Marinade.«
Allein bei der Vorstellung wurde ihm ganz anders, und das hörte man ihm auch deutlich an. »Hier steht nichts von einer Marinade.«
»Das sollte es aber. Warte kurz.« Sie stand auf und betrat die Vorratskammer. Als sie das dortige Durcheinander sah, zuckte sie zusammen. Bis ihr die Polizei wieder einfiel.
Wortlos griff sie nach einer Flasche Margarita.
»Ich dachte, wir trinken Wein.«
»Das tun wir auch. Die ist für das Huhn.«
»Wo ist der Tequila?«
Sie lachte. »Heute müssen wir ohne auskommen. Normalerweise mariniere ich das Suppenhuhn in Tequila. Aber das hier darf in den Margarita-Mix.«
Sie holte einen großen Frischhaltebeutel, gab das Huhn hinein und goss Margarita dazu. Sie verschloss den Beutel und drehte ihn mehrmals hin und her.
»Und das ist alles?«
»Ja, das ist alles.«
»Dieser Arbeitsgang ist wirklich was für Dummies. Den hätte selbst ich geschafft.«
»Beim nächsten Mal. Die Marinade schmeckt übrigens auch zu Fisch, falls es dich interessiert.«
Nachdem sie sich gesetzt hatte, konzentrierte er sich wieder auf das Schneiden von Knoblauchzehen. »Die Polizei war heute da. Den ganzen Tag. Sie hat eine Hausdurchsuchung durchgeführt.« Er sah auf. »Aber das weißt du anscheinend schon.«
»Dass sie da war, ja. Das mit der Hausdurchsuchung habe ich vermutet.« Sie streckte den Arm aus und strich über sein Handgelenk. »Es tut mir so leid, Eli.«
»Anschließend bin ich durch ein paar Zimmer gegangen und habe halbwegs Ordnung gemacht. Dabei wurde ich wieder wütend. Also habe ich beschlossen, mich abzulenken.«
»Mach dir deswegen keine Gedanken. Ich werde aufräumen.«
Er schüttelte nur den Kopf. Er hatte vor, einen Raum nach dem anderen anzugehen, bis der Originalzustand wieder einigermaßen hergestellt
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