Das Geheimnis der Wellen
war. Er war schließlich für Bluff House und alles, was dazugehörte, verantwortlich.
»Es hätte schlimmer kommen können. Sie sind gründlich gewesen, haben aber immerhin nichts fallen lassen.«
»Das spricht für sie. Trotzdem: Das Ganze ist einfach höchst unfair.«
»Das kommt vor.«
»Das ist aber eine sehr traurige, zynische Sichtweise.«
»Eine realistische«, verbesserte er sie.
»Quatsch.« Ihr Temperament ging mit ihr durch, und sie merkte, wie sehr es in ihr gebrodelt hatte. »Das ist bloß eine Ausrede, um nichts dagegen unternehmen zu müssen.«
»Hast du angesichts eines offiziellen Durchsuchungs befehls einen besseren Vorschlag?«
»Auch wenn man ihn akzeptiert, muss man noch lang nicht akzeptieren, dass das ganze Leben so ist. Ich bin keine Anwältin, aber von einer großgezogen worden. Fest steht, dass man sehr viel Druck machen musste, um diesen Durchsuchungsbefehl zu bekommen. Und dass es der Bulle aus Boston war, der diesen Druck gemacht hat.«
»Da kann ich nicht widersprechen.«
»Er sollte dafür eins auf den Deckel bekommen. Du solltest ihn wegen Nötigung anzeigen. Du solltest wütend sein.«
»Das war ich. Außerdem habe ich mit meinem Anwalt gesprochen. Wenn er nicht aufhört, werden wir ihn anzeigen.«
»Warum bist du nicht mehr wütend?«
»Meine Güte, Abra. Ich koche Hühnchen nach einem Rezept aus dem Internet, weil ich durchs Haus gegangen und so wütend über die Unordnung geworden bin, dass ich mich irgendwie abreagieren musste. Ich wusste nicht mehr, wohin mit meiner Wut.«
»Das geht mir ganz genauso. Sag also nicht, dass unfaires Verhalten normal ist. Die Gesetze sind nicht dafür gemacht, Leute zu schikanieren. Andererseits bin ich nicht so naiv zu glauben, dass man es völlig ausschließen könnte. Aber menschlich genug, um mir zu wünschen, es wäre anders. Ich muss an die frische Luft.«
Sie marschierte zur Terrassentür und ging nach draußen.
Nachdenklich ließ Eli das Messer sinken, wischte sich die Hände an seiner Jeans ab und folgte ihr.
»Das war wenig hilfreich.« Sie ging auf der Terrasse auf und ab. »Nichts von dem, was ich gesagt habe, war hilfreich.«
»Ach, vergiss es einfach.«
»Die ganze Sache liegt mir schwer im Magen, seit ich davon erfahren habe. Und das, obwohl ich mit zwei Riesenbrownies dagegen angegangen bin.«
Er wusste, dass viele Frauen Trost bei Schokolade suchten. Er dagegen würde eher zu Bier greifen. »Wie hast du davon erfahren?«
»Während meines Yogakurses, von einer meiner Teilnehmerinnen. Sie ist eine richtige Plaudertasche. Aber es ist zickig, das zu sagen. Und ich hasse es, zickig zu sein. Das verbreitet nur negative Schwingungen«, fügte sie erklärend hinzu und schüttelte die Arme, als könnte sie sie so abschütteln. »Sie war verdammt selbstgerecht. Wenn man ihr zugehört hat, bekam man glatt den Eindruck, die wären mit Spezialeinheiten hier rein, um einen durchgeknallten Killer zu überwältigen. Und ich bin so blöd und schlafe mit ihm! Dann tut sie auch noch so, als würde sie sich Sorgen um Whiskey Beach machen. Und natürlich um mich. Schließlich könntest du mich im Schlaf erwürgen, mir den Schädel einschlagen oder … O Gott, Eli.« Sie verstummte entsetzt. »Es tut mir leid. Es tut mir leid. Das war dumm von mir, dumm, zickig und unsensibel – lauter Dinge, die ich abgrundtief hasse. Ich bin eigentlich gekommen, um dich aufzumuntern, um dir Mut zu machen. Stattdessen rede ich nur Unsinn. Ich werde sofort damit aufhören. Oder ich verschwinde mitsamt meiner schlechten Laune.«
Wut und Frust standen ihr ins Gesicht geschrieben. In ihren Augen sah er aufrichtige Reue. Die Meeresbrise erfasste ihr Haar und ließ ihre wilden Locken tanzen.
»Weißt du, meine Verwandten und die wenigen Freunde, die ich noch habe, reden nie darüber. Sie vermeiden das Thema ganz offensichtlich, sodass es erst recht im Raum steht. Nach dem Motto: ›Reg Eli bloß nicht auf, erinnere ihn nicht daran, mach ihn nicht traurig.‹ Es ist verdammt deprimierend zu wissen, dass sie mir nicht sagen können oder wollen, wie es ihnen wirklich damit geht. Was sie denken. Es ist schön zu wissen, dass sie hinter mir stehen, aber all das Unausgesprochene hat mich förmlich erdrückt.«
»Sie lieben dich«, hob Abra an. »Sie hatten Angst um dich.«
»Ich weiß. Aber ich bin nicht nur hergekommen, weil sich jemand in Grans Abwesenheit um das Haus kümmern muss. Ich wollte dringend weg von zu Hause. Ich musste meinet-, aber auch
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