Das Geheimnis der Wunderkinder
Und dann wollte sie keinen Kaffee mehr.«
»O das. Sie hat etwas mit dem Magen.«
»Aber wieso?«
»Sie ist schwanger.«
»Schwanger?«
»Sicher, kannst du das nicht sehen?«
»Ich habe gar nicht hingeguckt.«
»Nun, so ist es«, sagte Martha und beschäftigte sich besonders gründlich mit einer Kaffeetasse. »Bald werde ich ein Halbgeschwisterchen haben.«
»Aber …«
»Reg du dich doch nicht darüber auf! Es ist ein natürlicher Prozeß, der seit Hunderttausenden von Jahren stattgefunden hat.«
»Es tut mir leid, daß sie nun traurig ist.«
»Traurig? Sie ist sehr glücklich. Beide wollten es.«
James dachte darüber nach. Es war also eine Angelegenheit, die man selbst bestimmen konnte. Wenn zwei Leute ein Baby haben wollten, dann war es also dumm, zu warten.
»Warum haben sie dann so lange gewartet, wenn sie beide ein Kind wollten?«
»Oh«, erwiderte Martha ganz sachlich, »sie haben sich die ganze Zeit über darum bemüht.«
Das gab James neuen Stoff zu Überlegungen. Er war hergekommen, um festzustellen, ob er Unterschiede im Verhalten von Richter Carter und seiner Frau und dem Verhalten von Tim und Janet Fisher entdecken konnte. Er konnte jedoch nur wenig Unterschied bemerken außer den normalen Abweichungen, die auf Alter und Temperament zurückzuführen waren. Tim und Janet benahmen sich nicht, als hätten sie etwas Neues entdeckt. Tim war noch etwas liebevoller und zärtlicher zu Janet als zuvor, aber sonst war nichts Auffälliges in seinem Verhalten. James kam wieder auf seine ursprüngliche Theorie zurück, daß die Carters kinderlos waren, weil sie getrennte Schlafzimmer hatten, denn Tim und Janet Fisher, die ein Baby bekamen, schliefen im gleichen Zimmer.
Janet und Tim erschienen wieder, als James und Martha fast mit dem Abwaschen fertig waren. Janet schlug eine Runde Bridge vor, Tim Poker, James stimmte für Pinocle, und Martha war für Canasta oder Rommé. Sie entschieden es, indem sie ein Kartenspiel offen austeilten, bis das Herz-As vor Janet lag, und danach spielten sie Bridge bis etwa elf Uhr.
Um elf erklärte Janet, daß sie müde sei, und Tim schloß sich ihr an. James schaltete das Fernsehen ein, und Martha und er sahen sich dann einen alten Film an. Schließlich fing Martha an zu gähnen.
James wanderte geistig zu seinem Wunsch zurück, es möge Weihnachten sein und Mistelzweige zu traditionellen Zuneigungsbezeugungen einladen und hatte daraufhin eine neue Idee.
»Müde, Martha?«
»Uh-huh.«
»Nun, dann werde ich dir einen Gutenachtkuß geben und dich zu Bett schicken.«
»Wenn du willst.«
»Ja, das möchte ich.«
»Warum?«
»Oh … nur so … jeder macht das doch.«
Martha saß dicht neben ihm auf dem niedrigen Diwan und blickte ihm gerade ins Gesicht, ohne sich zu rühren oder ihren Ausdruck zu ändern. James sah sie ebenfalls an, wußte aber nicht recht, wie er vorgehen sollte.
»Na, dann nur zu«, sagte Martha.
»Das werde ich auch.«
»Wann?«
»Sobald ich dazu bereit bin.«
»Soll ich die ganze Nacht hier sitzen und darauf warten?«
Auf irgendeine Weise erinnerte James dies an die ähnlich geistlose Unterhaltung zwischen Janet und Tim bei ihrer Rückkehr nach der ersten Verabredung. Er begann zu kichern.
»Was ist denn so lustig?«
»Nichts«, erwiderte er etwas nervös. »Ich dachte nur gerade, daß wir hier sitzen wie zwei Kinder, die nicht wissen, worum es eigentlich geht.«
»Nun«, sagte Martha, »sind wir das nicht?«
»Doch«, gab James widerstrebend zu, »ich nehme an, das sind wir. Aber, verdammt, Martha, weißt du, wie ein Junge erwachsen wird? Wie lernt man diese Dinge?« Er sagte es in klagendem Tonfall; es erbitterte ihn, zugeben zu müssen, daß er trotz all seines Wissens gefühlsmäßig immer noch kaum mehr als ein Kind war.
»Ich weiß es auch nicht«, antwortete Martha in ebenso klagender Stimme. »Ich wüßte nicht einmal, wo ich es nachschlagen kann. Ich habe es versucht. Alles was ich weiß«, setzte sie rasch hinzu, »ist, daß ich bald lernen muß, so hin und her zu reden, wie sie es tun.«
»Ja«, sagte James düster.
»James«, sagte Martha entschlossen, »wir sollten eigentlich klüger sein als zwei Kinder, die nicht wissen, was es damit auf sich hat, nicht wahr?«
»Das ist es ja gerade«, gab er zu. »Wir sind beide nicht dumm. Wir wissen so viel, aber …«
»James, wie sind wir zu unserem Wissen gekommen?«
»Durch die Maschine meines Vaters.«
»Nein, du verstehst nicht, was ich meine. Was ich meine ist,
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