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Das Geheimnis Des Amuletts

Das Geheimnis Des Amuletts

Titel: Das Geheimnis Des Amuletts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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Hexenfinder nennen und auf den Frauenkörpern nach Makeln suchen und, wenn sie einen Makel entdecken, diese arme Seele als Dienerin des Teufels verfluchen, aus der Gesellschaft ausstoßen und töten wollen. Egal, ob Unwissenheit oder Aberglaube, so bleibt doch eine Frage: Woher stammen solche Makel? Viele Gelehrte glauben, dass sie Unglückszeichen sind, die den Tod nach sich ziehen und auf ein besonderes Schicksal hinweisen.
    Ich musste wissen, was es bedeutete, und fragte daher noch einmal, diesmal drängender. »Was ist das Siegel? Wieso hast du es mir gegeben?«
    Ein langes Schweigen folgte. Ich hatte schon den Verdacht, dass sie sich wieder zurückgezogen hatte, als schwache Bilder in meinem Geist auftauchten, während ich mich an den kalten Stein lehnte. Ich hörte wieder die Stimme meiner Mutter in meinem Kopf hallen, leise und zärtlich und voller Bedauern, und ich sah ihre Erinnerungen und verspürte ihren Schmerz.
    »Als ich jung war«, begann sie langsam, »hatte ich so viele Träume. Ich sah den Sonnenuntergang und träumte von Schönheit und Macht und ewig währendem Leben. Ich sah die Vögel im Herbst wegfliegen und träumte davon, selbst auf eine große Reise zu gehen, die kein Ende hatte und deren Zweck in ihr selbst lag. Ich sah Schnee wie gesponnenes Silber die Erde bedecken und träumte vom Heilen und von Frieden und einem riesigen, immerwährenden Licht. Ich sehnte mich nach Magie und Wundern und Geheimnissen. Ich hatte niemanden, mit dem ich diese Gefühle hätte teilen können. Meine Familie lachte darüber und bezeichnete mich als kindisch und romantisch. Meine Freunde entfernten sich von mir. Ich war allein. Ich wandte mich nach innen und widmete mich den Geheimnissen meines eigenen Herzens und Geistes. Allmählich und auf schmerzhafte Weise bemerkte ich, dass ich Kräfte besaß. Ich brauchte niemanden, um meine Träume zu verwirklichen. Ich konnte das Wetter verändern und Dinge sich bewegen lassen, ich konnte Feuer entfachen und tun, was ich wollte. Ich konnte mich selbst an seltsame Orte versetzen und einen Blick in den Geist anderer werfen. Aber ich wusste nicht, was ich mit diesen geheimnisvollen Gaben tun sollte. Ich hielt mich für eine Missgeburt, die langsam, aber sicher wahnsinnig wurde. Und dann bin ich eines Tages jemandem … begegnet.«
    »Meinem Vater?«, fragte ich begierig.
    »Deinem Vater? Nein!« Sie konnte die Verachtung in ihrer Stimme nicht unterdrücken, aber dann beherrschte sie sich und sprach weiter. »Es handelte sich um einen Boten aus den unsichtbaren Welten, und er sagte, dass ich anders wäre als andere und ein großes Schicksal mich erwarten würde. Früher einmal, so erfuhr ich, hätten viele Leute in Übereinstimmung mit den verlorenen Kräften gelebt: Seher und Propheten und Priester. Jetzt war es ein seltenes, kostbares Geschenk, und diejenigen, die es besaßen, waren eingeladen, sich einem uralten und geheimnisvollen Orden anzuschließen. Ich könnte bis zum Ende aller Zeiten leben, Generation um Generation, und würde der Welt dienen, stets umgeben von Schönheit und Licht. Und dann bot man mir das Siegel an, mit dem meine Zugehörigkeit zu diesem Orden besiegelt werden würde.
    Aber ich hatte Angst, Helen. Ich wusste, dass ich die gewöhnlichen Dinge der irdischen Welt würde aufgeben müssen, wenn ich das Siegel annahm. Ich würde niemals heiraten können oder Kinder haben. Ich würde niemals richtig alt werden oder richtig sterben. Ich würde mein bisheriges Leben für eine andere Existenz opfern. Nach dieser Begegnung träumte ich seltsame Dinge, und meine Träume waren dunkel und beunruhigend. Ich hatte Angst und lehnte das Siegel ab.«
    Eine neue Pause entstand, zog sich in die Länge. Ein verzweifelter Seufzer erklang, dann sprach sie weiter. »Danach habe ich meine Wahl furchtbar bedauert. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie bitter der Geschmack dieses Bedauerns war. Auf einmal kam mir mein normales Leben so kurz vor, so mühselig und banal, verglichen mit dem, was ich hätte haben können und wer ich hätte sein können. Das Licht des Siegels erstarb. Das Siegel bewahrte keine Geheimnisse mehr, und wenn ich auch noch einige meiner seltsamen Fähigkeiten besaß – nun, sie waren nach meiner Weigerung, meiner Bestimmung zu folgen, verblasst. Die Vorstellung, etwas Besonderes zu sein, hoch über der gewöhnlichen Menge zu schweben und ewig zu leben, schlug dennoch in meinem Geist Wurzeln. Sie wurde zu einer Obsession, die meine gesamte Existenz

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