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Das Geheimnis Des Amuletts

Das Geheimnis Des Amuletts

Titel: Das Geheimnis Des Amuletts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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Beispiel schien Helen anzuspornen, sich beim Lernen noch mehr Mühe zu geben. Sie schien sich davor zu fürchten, eine Verwarnung zu bekommen, und rackerte sich über ihren Büchern ab, bis sie vor Erschöpfung einschlief.
    »Wieso machst du dir so große Sorgen, dass du eine Verwarnung bekommen könntest, Helen?«, fragte ich eines Abends, als wir beide in der Bibliothek waren und sie mit einer Lateinaufgabe kämpfte. »Es bedeutet nur, eine Weile in diesem kleinen Zimmer im Erker im zweiten Stock zu sitzen. Ich meine, ich weiß natürlich, dass es nicht sehr angenehm sein wird …«
    »Lieber würde ich sterben«, fauchte sie, dann wandte sie sich von mir ab und widmete sich wieder ihrer Arbeit, beugte sich über ihre Bücher.
    Ich verstand nicht, was in Helen während der Zeit bis zum nächsten Neumond vorging, bis zu dem Tag, an dem wir beginnen würden, Laura zu retten. Ich wusste nicht, wie sehr sie hin und her gerissen war. Ich begriff aber, dass sie über etwas brütete, und fragte mich, ob es das Siegel war, diese kleine goldene Brosche, die sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Natürlich dachte ich daran, seit Helen sie während Velvets Prüfung als Gabe abgegeben hatte. Hatte Helen sie benutzt? Wusste sie mehr darüber, seit sie sie im letzten Term erhalten hatte? Was immer Celia Hartle ihrer Tochter gegeben hatte, musste entweder wertlos sein oder gefährlich; das zumindest war für mich ziemlich klar. Aber da war noch mehr.
    Helen trug das Zeichen des Siegels auf ihrem Arm. Es war ein seltsames Zeichen, das einer Tätowierung ähnelte, und ich hatte gegen Ende des letzten Terms gesehen, dass der Arm unserer Wächterin genauso gekennzeichnet war. Ich war die Einzige, die dies bemerkt hatte, als Miss Scratton von uns gegangen war, und wegen des Schocks und der Trauer über ihren Tod hatte ich den anderen nichts davon gesagt. Als wir Celia Hartles Geist im Steinkreis gefangen genommen hatten, war es mir einen Augenblick so vorgekommen, als hätten wir eine Pause erreicht, einen Platz, an dem wir uns ausruhen konnten, so dass weitere Fragen zunächst einmal warten konnten. Jetzt allerdings, da die Kräfte sich wieder rührten, konnte ich nicht mehr länger an mich halten. Helen hatte die Brosche ihrer Mutter als kostbaren Schatz in unserer Zeremonie angeboten, und ich wollte wissen, was wirklich damit los war.
    Eines Nachmittags, als wir drei in der Bibliothek saßen und einen Französischaufsatz für den Unterricht vorbereiten sollten, bemerkte ich, dass wir zufällig allein in dem stillen Raum mit der hohen Decke waren. Endlich einmal konnten wir uns in der Schule unterhalten, ohne dass jemand zuhörte.
    »Was ich gern wissen würde …«, begann ich zaghaft. Helen hatte ihre ausdruckslose, verschlossene Miene aufgesetzt, aber ich machte trotzdem weiter. »Als wir in der Höhle unsere Gaben abgegeben haben, hast du die Brosche deiner Mutter benutzt? Das Siegel. Hast du versucht, irgendetwas damit zu tun?«
    »Wie zum Beispiel was?«, antwortete sie zögernd.
    »Ich weiß nicht, vielleicht es zu rufen oder seine Macht zu erwecken. Cal und ich haben gestern Nacht in den Ställen darüber gesprochen, und er glaubt, dass es etwas Machtvolles sein muss, wie der Talisman oder ein Amulett. Die Roma benutzen Amulette, um das Böse abzuwehren.«
    Helen hatte ihre Schultern hochgezogen und kritzelte ein paar Notizen aufs Blatt, ohne aufzusehen. »Vielleicht hat er Recht. Vielleicht bewahrt das Siegel unbekannte Kräfte in seinem Innern. Aber es zeigt sie mir nicht, nur weil ich das gern hätte. Es ist nichts, mit dem man herumspielen oder experimentieren kann. Man muss auf den richtigen Moment warten.«
    Es war offensichtlich, dass Helen nicht wirklich darüber sprechen wollte, aber ich blieb beharrlich. Sie war in den letzten Tagen irgendwie seltsam gewesen, noch geheimnisvoller als je zuvor. Ich machte mir Sorgen um sie. »Weißt du, warum deine Mutter es besessen hat? Woher hatte sie es?«
    Helens Miene veränderte sich, und sie schien leicht zu erröten. »Ich weiß es nicht. Woher sollte ich das wissen? Du warst dabei, als Miss Scratton gesagt hat, dass sie im Kinderheim war, als ich noch ein Baby war. Meine Mutter hat die Brosche bei meiner Kleidung und den anderen Sachen im Waisenhaus gelassen, und Miss Scratton hat sie genommen und für mich aufbewahrt. Mehr weiß ich nicht darüber.«
    »Aber wieso ist Miss Scratton genau in dem Moment im Waisenhaus aufgetaucht, als du noch ein Baby warst?«, fragte ich.

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