Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
Vom Netzwerk:
letzten Jahren nicht irgendwie verändert?« fragte ich.
    Der Ex-Feldwebel runzelte, in seine Arbeit vertieft, die Stirn. Er überlegte.
    »Er ist vielleicht nachdenklicher geworden«, sagte er nach einer Weile, »und er hat seine Stimmungen, genau wie ich meine habe. Man stört ihn besser nicht, wenn er da drüben sitzt und grübelt.«
    »Worüber grübelt er denn?« fragte ich.
    »Wenn ich das wüsste, würde ich nicht hier in der Küche stehen und Silber putzen«, antwortete Jacopo. »Dann würde ich wie er im Kunstrat sitzen und andere kommandieren.«
    Ich lachte und ließ es dabei. Jacopo hatte sich eine gewisse grobgestrickte Weisheit zugelegt.
    »Wir passen gut zusammen, der Kommandant und ich«, sagte er. »Wir verstehen uns, und ich habe nie versucht, meine Nase in seine Angelegenheiten zu stecken, so wie Marta …«
    »Marta?« fragte ich überrascht.
    »Es war ja nicht nur das Trinken, Signor Beo. Sie wurde mit der Zeit immer aufdringlicher. Das hing sicher mit ihrem Alter zusammen. Sie wollte alles wissen. Was der Kommandant gerade machte, wohin er ging, mit wem er befreundet war, was er für Pläne hatte. Ja, so war das, und es kam noch manches andere hinzu. Ich habe später zu Ihrem Bruder gesagt: ›Wenn ich einmal ähnlich werden sollte, werfen Sie mich auf der Stelle hinaus. Ich werde dann schon wissen, warum Sie das tun‹. Er hat es mir versprochen. Aber er braucht sich keine Gedanken zu machen. Ich werde mich hüten …«
    Mein Schüsselchen war geputzt. Die Initialen A.D. blitzten nur so. Jacopo gab mir Aldos Napf, und ich begann auch diesen zu polieren.
    »Und was ist geschehen?« fragte ich. »Hat er sie einfach vor die Tür gesetzt?«
    »Ja«, antwortete Jacopo. »Im letzten November, kurz nach seinem Geburtstag.«
    Ich sah ihn verblüfft an. Erst vor fünf Monaten? Ich war der Meinung gewesen, das alles läge viel länger zurück.
    »Der Kommandant hatte zu einer kleinen Feier eingeladen«, sagte Jacopo, »ich nehme an, er wäre nicht böse, wenn er wüsste, daß ich Ihnen das erzähle. Es waren ein paar Studenten da und eine Dame, um die Hausfrau zu spielen, Signora Butali«, er zögerte einen Augenblick und fügte dann hinzu, wohl in der Annahme, daß seine Bemerkung die Anwesenheit der Dame schicklicher erscheinen ließ: »Der Präsident war damals auf einem Kongress in Padua … Marta kochte, ich servierte, und der Abend war ein großer Erfolg. Die Studenten hatten ihre Gitarren mitgebracht, und sie sangen auch. Die Signora blieb noch ein wenig, nachdem sie gegangen waren, und später brachte der Kommandant sie nach Hause. Marta hatte zuviel getrunken. Sie wollte nicht zu Bett gehen, sondern bestand darauf, die Rückkehr des Kommandanten abzuwarten. Was dann geschah, weiß ich nicht. Ich hatte mich schlafen gelegt. Es kam wohl zu einem heftigen Streit zwischen Marta und dem Kommandanten, und am nächsten Morgen packte sie ihre Sachen und zog zu den Ghigis.«
    »Und Aldo?« fragte ich.
    »Es hat ihn schrecklich aufgeregt«, gab Jacopo zu. »Er nahm den Wagen und blieb ungefähr fünf Tage weg. Er sagte, er führe ans Meer, aber was weiß ich … Als er zurückkam, erklärte er kurz und bündig, daß er über die Sache mit Marta nicht zu sprechen wünsche. Und damit war der Fall erledigt. Aber die Ghigis haben mir erzählt, daß er weiter für sie sorgte und Kost und Miete bezahlte. Marta hat den beiden nie Einzelheiten erzählt; auch nicht, wenn sie betrunken war, und das war sie seit ihrem Weggehen die meiste Zeit. Sie schwieg sich aus über das, was geschehen war, und sie erwähnte nicht einmal den Namen des Kommandanten. Aber wissen Sie, was es war, Signor Beo? Ich weiß: Es war die Eifersucht, nicht mehr und nicht weniger als ganz gewöhnliche Eifersucht. So sind die Frauen nun einmal … Da mach ich mir nichts vor.«
    Er pfiff zu seinem Kanarienvogel hinüber, der mit zerzausten Federn auf seiner Stange schaukelte und sich das kleine Herz fast aus dem Leibe sang.
    »Sie sind alle gleich«, stellte er fest. »Ob es sich nun um wirkliche Damen handelt wie die Signora oder um Bauernweiber wie Marta. Sie müssen die letzte Kraft aus einem Mann herauspressen. Sie müssen sich immer wieder zwischen ihn und seine Arbeit stecken.«
    Ich hielt Aldos Napf ans Licht. Hinter den verschnörkelten Initialen erblickte ich mein Spiegelbild.
    Was sie wohl in Nummer 8 bereden mochten? Ob der Präsident, falls er nach der Verabschiedung der Fakultätsleiter noch mit meinem Bruder unter vier Augen

Weitere Kostenlose Bücher