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Das Geheimnis des Falken

Titel: Das Geheimnis des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daphne DuMaurier
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Schinderei! Mit einem Wirtschaftsdiplom in der Tasche kann man von heute auf morgen einen Job in einer großen Firma bekommen und in drei Monaten soviel Geld machen, wie ein Lehrerin einem ganzen Jahr verdient. Nein, der Beruf hat keine Zukunft.«
    Wir hoben die Kisten aus dem Wagen und schleppten sie in die neue Bibliothek. Die Maler und Dekorateurewaren erst vor einer Woche fertig geworden, erzählte Toni. Tatsächlich bot das große, helle Gebäude mit der Galerie, die ganz und gar von Regalen gesäumt war, und mit dem großen Lesesaal weit bequemere Arbeitsmöglichkeiten als der alte Bankettsaal im Palazzo Ducale.
    »Woher stammen die Gelder denn?« fragte ich.
    »Aus den WW-Gebühren. Woher sonst?« erwiderte Toni.
    Wir warfen die Kisten auf den Fußboden. Unter der Oberaufsicht von Giuseppe Fossis Kollegen würde sie der hiesige Stab von Assistenten dann schon auspacken. Aber wir fuhren erst wieder ab, nachdem der unbezähmbare Toni weitere Nachrichten über den Einbruch im Mädchenpensionat eingeheimst hatte.
    »Es heißt, daß Rizzio zurücktreten will, wenn Professor Elia sich nicht im Namen der WW-Studenten öffentlich entschuldigt«, berichtete er eifrig, während er hinter mir aus dem Gebäude trat. »Ich sage Ihnen, das wird ein blutigerKampf. Ich glaube nicht, daß Professor Elia auch nur im Traum daran denkt, auf Rizzios Forderung einzugehen.«
    »Mir hat man weismachen wollen, ich wäre in eine tote Stadt verschlagen worden«, sagte ich. »Passieren solche aufregenden Sachen hier jeden Tag?«
    »Leider nicht«, sagte er. »Ich werde Ihnen sagen, woran es liegt: Rizzio und Elia werden die Abwesenheit des Präsidenten dazu benutzen, sich gegenseitig die Kehle durchzuschneiden.«
    Während wir den Wagen gegen Viertel vor zwei wieder vor dem Palazzo Ducale parkten, sah ich Carla Raspa mit einem Schwarm von Kunststudenten aus dem Seiteneingang kommen. Sie erkannte mich und winkte. Ich winkte zurück. Sie schickte die Studenten voraus und wartete, bis ich herangekommen war.
    »Irgendwelche besondere Verabredung zum Mittagessen?« fragte sie.
    »Nein«, sagte ich, »ich werde in ein x-beliebiges Lokal gehen.«
    »Gehen Sie in das Restaurant, wo wir uns kennen gelernt haben«, sagte sie schnell. »Sichern Sie uns einen Tisch für zwei Personen. Ich muß jetzt weiter, meine Leutchen heimbringen. Keine Bummelei mehr nach dem, was letzte Nacht geschehen ist. Haben Sie davon gehört?«
    »Von dem Einbruch? Ja«, antwortete ich.
    »Ich erzähle Ihnen nachher Näheres«, sagte sie. »Es ist unglaublich!«
    Sie eilte ihrer Herde nach, während ich zur Bibliothek zurückging, mich fürs Mittagessen abmeldete und dann die Via Vittorio Emanuele hinunter wanderte. Das Restaurant war genauso brechend voll wie neulich, aber es gelang mir, einen Einzeltisch zu ergattern. Studenten waren nicht unter den Gästen. Das Lokal schien der bevorzugte Treffpunkt der Ruffaneser Geschäftsleute zu sein, soweit sie zum Essen nicht nach Hause gingen. Für eine gewisse Anonymität war außerdem durch den Lärm und die Fülle gesorgt.
    Carla Raspa kam, kurz nachdem ich bestellt hatte. Sie winkte den Kellner, der sie augenscheinlich kannte, mit einem Fingerschnippen heran und bestellte ihrerseits. Dann sah sie mich lächelnd an.
    »Heraus mit der Sprache«, sagte ich. »Ich verstehe mich darauf. Geheimnisse zu hüten.«
    »Es ist gar kein Geheimnis«, sagte sie, schaute sich ihren Worten zum Trotz aber doch vorsichtshalber um. »Inzwischen ist es bestimmt überall in der Universität Tagesgespräch. Signorina Rizzio ist vergewaltigt worden!«
    Ich starrte sie ungläubig an.
    »Es ist tatsächlich wahr«, sagte sie mit Nachdruck und beugte sich vor. »Ich habe es von einem ihrer Dienstboten. Die Jungen, wer immer sie waren, haben die Mädchen nicht angerührt. Sie schlossen sie ›tutti quanti‹ in ihre Zimmer und Schlafsäle ein und machten sich daran, die erhabene Dame selbst zu bearbeiten. Ist das nicht köstlich?«
    Sie schüttelte sich vor Lachen. Ich war nicht so amüsiert.
    »Das ist ein gemeiner Überfall«, sagte ich schroff. »Ein Fall für die Polizei. Der Täter wird seine zehn Jahre bekommen.«
    »Aber nein«, sagte sie, »das ist ja der Witz. Die Signorina soll sich in einem Zustand hochgradiger Hysterie befinden und verlangen, daß die ganze Sache vertuscht wird.«
    »Das ist unmöglich«, sagte ich. »Das widerspricht dem Gesetz.«
    Sie machte sich indessen mit Entzücken über ihren Spaghettiteller her und bestreute das

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