Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
hat dich erwischt, als du zu Sonia gelaufen bist«, erklärte er.
»Sonia!« Serena sah sich besorgt um und versuchte aufzustehen.
Shane hielt sie zurück. »Sie ist hier, und es geht ihr gut.« Er schob das Kind an ihre Seite.
Serena drückte Sonias Hand.
»La montaña!«, rief die Kleine verängstigt.
Erst jetzt wurde Serena sich des Tumults bewusst, der um sie herum herrschte. Sie setzte sich auf.
»Oh mein Gott«, flüsterte sie. »Jetzt ist es wirklich so weit.« Sie wandte sich an Shane. »Sieh nach, ob Sorrento ein Smartphone bei sich hat«, bat sie mit Nachdruck.
Shane sah sie verdutzt an.
»Schnell«, sagte sie und schob ihn von sich. »Es ist wichtig!«
Shane fragte nicht weiter nach. Er rannte zu Sorrentos leblosem Körper und durchsuchte hastig seine Jackentaschen. Kurz darauf kehrte er zu Serena und Sonia zurück.
»Volltreffer«, sagte er und zeigte ihr das Smartphone. »Nun möchte ich aber doch gerne wissen, was …«
In diesem Moment ertönte ein lauter Knall. Die aufgebrachten Menschen erstarrten. Alle Blicke wandten sich angsterfüllt dem Berg zu.
»Gott, hilf uns«, flüsterte Serena mit stockender Stimme. »Der Berg wird uns unter sich begraben!«
Ein bleiernes Band legte sich um ihre Brust. Sie klammerte sich hilfesuchend an Shane und drückte Sonia schützend an sich.
»Das entscheiden die Geistwesen«, erwiderte Shane ruhig. »Du siehst, wie mächtig sie sind.«
Ja, Serena sah es. Ein weiteres Beben brachte die Wildnis zum Wanken. Dann brach der Berg vor ihren und den Augen aller Umstehenden in sich zusammen. Langsam, ganz langsam – wie in Zeitlupe. Riesige Staubwolken stoben auf und verschleierten die Sicht. Der Lärm war ohrenbetäubend. Es war wie ein Alptraum – nur dass sie nicht schliefen.
Endlich verebbten das Getöse und das Beben. Doch der Staub legte sich noch lange nicht. Als sie schließlich wieder sehen konnten, war der Berg verschwunden.
Serena und Shane starrten wie alle Umstehenden fassungslos auf die Stelle, wo der Berg eben noch gestanden hatte. Ein flacher Krater, gefüllt mit losem Gestein, war alles, was von dem einst so majestätisch anmutenden Berg übrig geblieben war.
»Es ist vorbei«, sagte Shane. Und Serena wusste, dass er mit seinen Worten nicht nur das Erdbeben meinte.
Sie sah zu den vielen Menschen hinüber, die aus der schrecklichen IPC-Anlage entkommen waren. Sie lagen sich in den Armen, lachten, weinten, stützten sich gegenseitig und halfen einander auf. Serenas Blick schweifte weiter über die umliegende Wildnis. Die Wipfel der Bäume wiegten sich sanft in der leichten Brise und sangen ein leises Lied. Vögel schwangen sich zum strahlend blauen Himmel auf und ließen sich vom Wind tragen.
Ja, es war tatsächlich vorbei. Endgültig. Die Natur hatte zurückgegeben, was eine Zeitlang in ihr versteckt gehalten worden war. Und sie hatte Gerechtigkeit vollzogen, genau wie das Auftauchen des Golden Eagle es verkündet hatte.
»Was machst du?«, erkundigte Shane sich eine Weile später und sah Serena interessiert über die Schulter.
»Wir müssen sicherstellen, dass diese Menschen wirklich freikommen«, sagte sie. »Bald wird die Polizei und wer weiß noch alles hier auftauchen und uns alle in Gewahrsam nehmen. Du hast vorhin selbst gesehen, wo IPC überall Handlanger hat. Die Behörden sind da keine Ausnahmen. Wenn wir die Sache nicht publik machen, bevor die Polizei und anderen Beamten hier sind, dann werden all diese armen Menschen einfach in einem anderen Berg verschwinden – und wir auch.«
»Du hast recht«, sagte Shane nachdenklich. »Aber was können wir tun?«
»Ich schicke die Story per Handy an meine Freundin in Deutschland«, erklärte Serena, während sie tippte. »Sie arbeitet als Journalistin bei einer großen Tageszeitung. Ich selbst habe zwar auch gute Kontakte zur Presse, aber wenn Berichte unter meinem oder deinem Namen auftauchen, dann werden sie höchstwahrscheinlich unter den Tisch fallen. IPC hat ja überallhin Verbindungen.«
»Aber deine Freundin kann die Story an alle möglichen Nachrichtenagenturen schicken, ohne dass jemand Verdacht schöpft.«
»Genau«, erwiderte Serena. »Ich sende ihr auch ein paar Fotos, damit sie sehen kann, was los ist. Die Story wird so schnell hier in Kanada ankommen, dass niemand die Sache einfach unter den Teppich kehren kann. Die Zeitungen werden dranbleiben und berichten, was mit den armen Menschen geschieht. Das ist unsere beste Absicherung.«
»Du bist ein Genie, Reena«,
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