Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
möchte, dass Sie wissen, dass Fabian das Kloster aus gutem Grund verlassen hat, und dass Sie sein Andenken in Ehre halten können.
Es ist mir nicht möglich, alle Einzelheiten niederzuschreiben über das, was in der Zwischenzeit geschehen ist. Und nichts von dem wird je offiziell bekanntwerden – auch nicht die großartige Tat, die Fabian vollbracht hat. Aber so viel kann ich Ihnen versichern: Fabian ist als Held gestorben. Er hat das getan, was er im Kloster gelernt hat. Er hat sein eigenes Leben gegeben, um viele, sehr viele andere Leben zu retten. Und es ist ihm gelungen. Ich weiß es, denn ich habe es mit eigenen Augen gesehen.
Dabei will ich es belassen. Es gibt keine Worte für die Trauer, die in meinem Herzen wohnt.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Zeilen einen Dienst erwiesen und Ihre Ungewissheit beseitigt zu haben.
Gott segne Sie.
Serena faltete den Brief, steckte den Umschlag zurück in ihre Jackentasche und starrte nachdenklich vor sich hin.
Eine Weile später näherte sich ein leises Motorengeräusch. Serena wandte sich um. Ein dunkelblauer Pick-up rollte auf den Parkplatz des kleinen Friedhofs. Die Türen öffneten sich, und Shane und Sonia stiegen aus.
Serena erhob sich und ging den beiden ein paar Schritte entgegen. Als Sonia sie erblickte, ließ sie Shanes Hand los und rannte in Serenas ausgebreitete Arme. Serena drückte das Kind an sich.
»Dann ist alles geregelt?«, wandte sie sich hoffnungsvoll an Shane.
»Alles unter Dach und Fach«, erklärte er zufrieden. »Sonia bleibt bei uns.«
Serena konnte vor Freude kein Wort herausbringen. Glücklich umarmte sie die beiden, so fest sie konnte.
Shane strich ihr liebevoll über die Wange, beugte sich zu ihr herunter und küsste sie zärtlich.
»Ich liebe dich«, sagte er leise.
Serena sah ihn schelmisch an.
»Ich liebe dich mehr«, flüsterte sie.
Shane lachte auf.
»Das geht nicht!« Dann wandte er sich dem Gedenkstein zu.
»Bist du zufrieden?«, erkundigte er sich.
»Sehr.«
»Bevor wir hinübergehen, möchte ich dir kurz etwas zeigen«, sagte Shane. »Hier, die Zeitung habe ich eben in Calgary aufgegriffen. Sieh dir mal die Schlagzeilen an.«
Serena nahm die Zeitung entgegen und überflog die erste Seite.
»Die Ursache für die Katastrophe im Banff National Park, bei der vor drei Wochen ein Berg einstürzte und mindestens zwanzig Menschen unter sich begrub, ist jetzt geklärt«, las Serena laut vor. »Die stillgelegte Mine, die sich im Unglücksberg befand, war von der Regierung fälschlicherweise für Besucher freigegeben worden, obwohl sie noch nicht von den Sicherheitsbehörden abgenommen worden war. Eine Folge von Erdbeben ließ die unzureichend gesicherten Tunnel kollabieren und brachte schließlich den gesamten Berg zum Einsturz. Die gut dreihundert Besucher, die sich zum Zeitpunkt des Unglücks im Bergwerk aufhielten, konnten allesamt gerettet werden. Sie wurden ärztlich versorgt und sind inzwischen in ihre Heimatstädte und -länder zurückgebracht worden. Unter den Todesopfern befand sich ausschließlich Aufsichts- und Rettungspersonal, das den Besuchern zu Hilfe gekommen war.«
Serena ließ die Zeitung sinken.
»Besucher?«, stieß sie wütend aus. »Aufsichts- und Rettungspersonal? Und wie um alles in der Welt haben sie die Zahl der Opfer auf mindestens zwanzig festgelegt? Es müssen Hunderte von IPC-Angestellten dort unten gewesen sein!«
Shane zuckte mit den Schultern.
»Die moderne Sprache hat ihre Tücken. Es ist so einfach, richtig wie falsch und falsch wie richtig aussehen zu lassen«, meinte er. »Doch nun komm, lass uns zum Gedenkstein gehen.«
Sie standen eine lange Zeit schweigend vor dem Stein. Jeder von ihnen hing seinen eigenen Gedanken nach, Erinnerungen an Fabian – Bruder, Freund, Retter.
Schließlich beugte Serena sich vor und legte die rote Rose auf den weißen Gedenkstein.
»Leb wohl, Fabian«, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme.
Shane holte etwas aus seiner Jackentasche hervor und legte es neben die Rose. Es war die Feder eines Golden Eagle.
»Du hast dir diese Feder mehr als verdient, mein Freund«, sagte er. »Ich habe nie einen mutigeren oder tapfereren Mann gekannt als dich.«
»Der Kojote hat auch für Fabian getanzt«, sagte Serena leise. »Er hat ihm Heilung gebracht und Erfolg bei der Erfüllung seiner Aufgabe.«
»Ja, das hat er«, pflichtete Shane bei und drückte ihre Hand.
»Esto es para ti, Fabian«, sagte Sonia mit traurigem Gesicht. Sie zog ein zerknittertes Foto aus
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