Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
ihr Auto hat sich in den zwei Minuten, seit du mich das letzte Mal gefragt hast, nicht bewegt«, erwiderte Sorrento und starrte angestrengt durch das Fernglas.
»Lasst uns hoffen, dass Bruder Eckehard auftaucht, bevor wir hier Wurzeln schlagen.« Newman schüttelte den Kopf. Er musste dringend wieder Großstadtluft schnuppern.
Serena erwachte aus einem kurzen und unruhigen Schlaf. Das unheimliche Geheul war erst kurz vor Sonnenaufgang verstummt, und erst danach war es ihr gelungen, ein wenig Schlaf zu finden. Sie lugte unter der Jacke hervor, mit der sie sich zugedeckt hatte, und warf einen Blick auf ihre Uhr: kurz vor sechs. Draußen war es bereits taghell. Serena rieb sich die Augen. Dann erinnerte sie sich mit einem Mal an den Traum, den sie in der Nacht gehabt hatte. Sie träumte selten oder aber erinnerte sich am nächsten Morgen einfach nicht daran. Umso seltsamer erschien ihr nun, was in der vergangenen Nacht geschehen war. Jedes Mal wenn sie aufgewacht war, weil es im Wagen so unbequem war, war sie aus dem Traum herausgerissen worden. Und jedes Mal wenn sie endlich wieder eingeschlafen war, hatte sie dort weitergeträumt, wo sie aufgehört hatte.
Serena überlegte einen Augenblick. Konnte sie sich an Einzelheiten des Traumes erinnern? Ja, sie konnte es.
Sie war in einer Gärtnerei gewesen. Ein Mann hatte sie begleitet. Serena wusste nicht, um wen es sich bei dem Mann gehandelt haben könnte, aber im Traum schien er ihr vertraut gewesen zu sein. Sie gingen im Freien an den langen Tischreihen entlang, auf denen die verschiedensten Gartenpflanzen ausgestellt waren. Sie schienen nach etwas Bestimmtem zu suchen.
Ein Ehepaar blieb stehen und begann sich mit ihnen über die Preise der Pflanzen zu unterhalten. Kurze Zeit später wollte sich ihr Begleiter bei einem der Angestellten nach der gesuchten Pflanze erkundigen und ließ sie mit dem Ehepaar zurück.
Serena sah ihm nach. Verwundert beobachtete sie, wie seine Gestalt sich zunehmend veränderte, immer mehr verblasste. Schließlich war er nur noch als heller Umriss zu erkennen. Serena konnte durch ihn hindurchblicken, konnte die Tischreihen und Pflanzen erkennen, die sich direkt hinter ihm befanden. Dann plötzlich war auch dieser letzte Schatten von ihm verschwunden.
Das Paar unterhielt sich noch immer mit ihr. Aber als Serena sich hilfesuchend an sie wandte und sie bat, ihr bei der Suche nach ihrem Begleiter zu helfen, da starrten die beiden sie überrascht an und erklärten, dass sie keinen Mann gesehen hätten.
Serena erinnerte sich nur zu gut an die Verwirrung, die sie im Traum überkommen hatte. Aufgebracht war sie durch die Gärtnerei gelaufen und hatte jeden, den sie zuvor in Begleitung des verschwundenen Mannes getroffen hatte, danach befragt, ob er ihn irgendwo gesehen hätte. Die Antwort war jedes Mal die gleiche gewesen: von welchem Mann sie spräche, sie wäre allein in die Gärtnerei gekommen, niemand sei bei ihr gewesen. Panik war so schnell über sie hergefallen wie ein Schwarm Heuschrecken über ein Kornfeld. Sie musste den Mann finden, es war unabdingbar.
Aber sehr bald schon hatten Selbstzweifel von ihr Besitz ergriffen, und das war vielleicht das schlimmste Gefühl von allen. Was blieb einem, wenn man sich und seinen eigenen Erinnerungen nicht mehr vertrauen konnte?
Einen solchen Traum hatte Serena noch nie gehabt. Er schien so wirklich, so … Je mehr sie darüber nachdachte, desto schwerer fiel es ihr, zu entscheiden, ob es wirklich nur ein Traum gewesen war oder ob sie das alles tatsächlich erlebt hatte.
Serena schüttelte ungläubig den Kopf. Vielleicht war sie in den vergangenen Tagen einfach zu viel allein gewesen. Ja, so musste es sein. Entschlossen kletterte sie auf den Fahrersitz und startete den Motor. Sie würde jetzt gleich nach Bear Butte weiterfahren und sich unter Menschen begeben.
Kurze Zeit später stellte sie erstaunt fest, dass sie nicht die einzige Frühaufsteherin war. Als sie den Parkplatz am Fuße des Berges erreichte, befanden sich dort schon zwei andere Autos.
Langsam fuhr Serena an das kleine Häuschen heran, das an der Einfahrt zum Parkplatz stand. Eine junge Frau saß darin. Sie lächelte Serena freundlich entgegen.
Serena ließ das Fenster herunter.
»Guten Morgen«, grüßte die junge Frau.
»Guten Morgen.«
»Haben Sie eine tribal card , eine Stammeszugehörigkeitskarte?«, erkundigte sich die junge Frau und spähte in den Jeep.
»Nein«, erklärte Serena verwundert. »Ich bin keine
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