Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
Handlanger. Das öffentliche Telefon, von dem aus Eckehard angerufen hatte, war innerhalb von wenigen Minuten umstellt gewesen. Aber Eckehard war ihnen ein weiteres Mal durch die Finger geschlüpft.
»Chef, unser Verbindungsmann in Halifax hat gerade durchgegeben, dass Eckehard unter dem Namen Dimitri Csaba auf einem brasilianischen Frachter von Rotterdam aus nach Halifax gekommen ist«, riss Berger Newman aus seinen Gedanken.
»Und? Haben sie ihn aufgespürt?«
»Nein«, gab Berger zurück. »Unter diesem Namen ist niemand durch die Passkontrolle gegangen. Eckehard muss entweder auf ein anderes Schiff umgestiegen oder unter einem völlig anderen Namen nach Kanada eingereist sein.«
»Unser kleiner Mönch ist schlauer, als ich angenommen habe«, murmelte Newman aufgebracht und drehte seine schwarze Sonnenbrille unruhig in der Hand. »Aber wir werden sehen, wer am Ende der Schlauere von uns beiden ist.«
II
S hane Storm Hawk war zu Fuß im Banff National Park unterwegs. Es war ein sonniger Augusttag, und selbst hier, hoch oben in den kanadischen Rockies, wehte ein warmer Wind. Dem Sommer blieb in dieser Gegend nur eine kurze Zeit, aber er war umso schöner.
Shane wanderte kurz unterhalb der Baumgrenze. Hier standen Espen und Lodgepole-Kiefern dicht an dicht. Wapitiherden durchzogen die Wälder. Die großen, anmutigen Tiere grasten genüsslich in der warmen Sonne. Nach dem langen harschen Winter wussten sie die Sommermonate zu schätzen. Gruppen von Bergschafen kletterten über die zerklüfteten Felsen der Berghänge und ließen ihre riesigen geschwungenen Hörner blitzen. Und hoch über den von Schnee und Gletschern bedeckten Berggipfeln zogen majestätische Adler und Habichte ihre Runden. Die einsamen Schreie der großen Raubvögel echoten durch die Stille.
Andere Leute konnten diese unberührte Natur nur im Urlaub genießen. Shane hingegen war beruflich oft in ihr unterwegs. Diese Tatsache war es, was er am meisten an seinem Beruf liebte und weswegen er den Job in Banff angenommen hatte. Shane war Geologe und kümmerte sich im Park zurzeit um die Analyse einiger Gesteinsproben, die von der Provinzregierung angefordert worden war. Überhaupt lag ihm die Wildnis im Blut. Shanes Mutter war Indianerin vom Stamm der Blackfoot. Sein Vater stammte ursprünglich aus Norwegen, war aber nach Kanada umgesiedelt, weil es in den Siebzigern gutbezahlte Jobs im hohen Norden gegeben hatte. Auch er war dem Ruf der Wildnis verfallen.
Shane grinste, als er wieder einmal feststellte, wie merkwürdig sich die Gene seiner Eltern bei ihm gemischt hatten. Er hatte nicht etwa das dominante schwarze Haar, die dunklen Augen und die schlanke Gestalt seiner indianischen Vorfahren geerbt, sondern die stattliche Wikingergröße, die breiten Schultern und die dunkelblauen Augen seines Vaters. Sein langes Haar war zwar von einem dunklen Braun, aber wenn die Sonne daraufschien, zeigte es einen rötlichen Schimmer, der eindeutig auf die norwegische Seite seiner Familie zurückzuführen war. Nur seine Gesichtszüge verrieten dem Außenstehenden die indianische Herkunft. Doch Shanes Mutter Helen und Großmutter Storm Hawk hatten ihm von klein auf erklärt, dass es nicht auf Äußerlichkeiten ankam. Was zählte, war allein das, was in den Herzen der Menschen zu finden war. Und vom Herzen und Wesen her, das hatten die beiden Frauen sehr schnell festgestellt, war Shane ein Indianer und sonst nichts. Das hatte auch sein Grundschullehrer gleich zu Schulbeginn gemerkt. Shane war bereits damals ein Einzelgänger gewesen, nie überstürzt in seinem Handeln, nie unüberlegt in seinen Worten, aber von Grund auf aufrichtig. Dazu besaß er einen feinen Humor und einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn.
Shane setzte seinen Weg über den dichtbewaldeten Berghang fort. Er war so sehr in seine Gedanken vertieft, dass er nicht aufpasste, wohin er trat. Für diese Unachtsamkeit bezahlte er sofort: Er stolperte über etwas, das unmittelbar vor ihm etwa fünf Zentimeter aus der Erde ragte, und fiel unsanft zu Boden.
»Was ist denn das?«, murmelte Shane verärgert. Er stand auf und klopfte die lose Erde von seiner Kleidung. Dann begutachtete er, was ihn hatte stolpern lassen. Mitten in den felsigen Boden war ein Betonring eingelassen, breit genug, dass ein ausgewachsener Mann hindurchpasste. Der Ring war mit einem Metallgitter abgedeckt.
Shane beugte sich nach vorne, um in den Ring hineinzusehen, zog sich jedoch sofort überrascht zurück. Er spürte einen
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