Das Geheimnis des Felskojoten (German Edition)
zu verteidigen. Mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung standen.
»Richte den Gewehrlauf nie auf Menschen oder Lebewesen, die dir lieb sind«, versuchte er zu scherzen. »Man kann nie wissen, was passiert.«
Serena versuchte zu lächeln.
»Sieh her, so lädt man dieses Gewehr.« Er machte es ihr vor. »Jedes Gewehr ist anders zu laden, aber wir konzentrieren uns auf das Modell, das wir bei uns haben. Und, ganz wichtig«, setzte er hinzu, »ein geladenes Gewehr ist kein Spielzeug. Nimmst du es in die Hand, musst du bereit sein zu töten. Ansonsten lass es gleich liegen, denn es wird nur dir selbst weh tun. Hast du verstanden?«
Serena nickte.
»Und nimm dir Zeit«, setzte Shane hinzu. »Bist du zu hastig oder nervös, dann kannst du auch mit einem guten Gewehr und auch bei nur wenigen Metern Abstand dein Ziel noch verfehlen. Diese theoretischen Hinweise können natürlich niemals ein praktisches Training ersetzen. Und es tut mir aufrichtig leid, dass für dich alles so plötzlich kommt. Aber es geht nicht anders. Die Umstände lassen es nicht zu.«
Serena sah ihn eine Weile schweigend an.
»Ich danke dir«, sagte sie schließlich. »Ich danke dir, dass du vorausdenkst und auch dafür, dass du so um meine Sicherheit besorgt bist. Das ist nicht selbstverständlich, und ich weiß es sehr zu schätzen.«
»Reena, ich …«, begann Shane und nahm ihre Hand in seine. Weiter kam er nicht. Ein lautes Bellen unterbrach ihn.
»Tiger«, murmelte er ärgerlich und sah sich nach dem Hund um.
»Da ist er! Da drüben zwischen den Bäumen. Er hat sich irgendwo verklemmt!«, rief Serena und lief auch schon zu ihm.
Shane folgte ihr seufzend. Dieser verflixte Hund!
Nachdem sie Tiger befreit hatten, führten Serena und Shane die Pferde in den provisorischen Paddock. Anschließend schmierte Serena ein paar Sandwiches, und Shane holte Wasser vom Bach.
»Ich glaube, ich esse mein Sandwich unter dem Windschutz«, sagte Serena fröstelnd. »Hier draußen wird es mir zu frisch.«
»Mir auch«, meinte Shane. »Ich hole unsere Decken, dann brauchen wir nicht wieder hinauszugehen.«
Unter dem Windschutz war nicht viel Platz, und sehr warm war es auch nicht. Serena konnte gerade eben sitzen, aber Shane war zu groß. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als sich hinzulegen.
»Ich komme mir vor wie jemand aus dem alten Rom«, sagte Serena. »Im Liegen zu essen.«
Sie hatte sich auf die Seite gelegt und stützte ihren Kopf mit der Hand ab. Tiger hatte sich an ihren Füßen zusammengerollt und wärmte sie. Shane lag ihr gegenüber, hatte den Kopf ebenfalls aufgestützt und vertilgte bereits das zweite Sandwich.
»Soll nicht gut für die Verdauung sein«, sagte er und nahm sich noch ein Sandwich.
»Dich scheint es nicht weiter zu stören«, stellte Serena belustigt fest. Sie selbst hatte nur ein Sandwich gegessen, und das reichte ihr vollkommen. Sie dachte an Fabian und den bevorstehenden Tag, und dabei war ihr jeglicher Appetit vergangen. Stattdessen hatte sich ein mulmiges Gefühl in ihrem Magen ausgebreitet.
»Ich frage mich, wo Fabian in diesem Augenblick wohl gerade ist«, sagte sie unvermittelt.
»Irgendwo ganz in unserer Nähe.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Serena leise.
»Ich spüre es«, erwiderte Shane genauso leise.
»Shane, meinst du, wir haben eine Chance gegen diese Kerle?« Sie blickte ihn im fahlen Licht der späten Abenddämmerung forschend an.
»Solche Gedanken bringen nichts«, erwiderte Shane sanft. »Die Geister bestimmen, wer gewinnt und wer verliert. Es liegt nicht in unserer Hand. Wir haben diese Sache begonnen, und wir müssen sie zu Ende bringen. Wir alle drei zusammen.«
»Alles ist so schnell passiert«, sagte Serena. »Nur ein paar Tage, und mein ganzes Leben steht auf dem Kopf.«
»Aber die Tage haben doch auch Gutes gebracht«, stellte Shane fest und strich ihr eine lange Haarsträhne aus dem Gesicht. »Du hast Fabian wiedergesehen. Und wir haben uns kennengelernt. Was auch immer morgen geschehen mag, die Erinnerung an diese Tage kann uns niemand nehmen.«
Seine Worte rührten Serena zutiefst.
»Dich kann wohl nichts aus der Ruhe bringen«, flüsterte sie, und ein paar Tränen rollten über ihre Wangen. »Du bist der einzige Mensch, den ich kenne, der wirklich im Jetzt lebt. Du bist so selbstsicher, stellst nichts in Frage. Du bist vollkommen in deinem Glauben verwurzelt, das ist etwas ganz Besonderes.«
»Es ist einfach, etwas zu folgen, an das man fest glaubt«, erwiderte
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