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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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du immer noch? Hast du der Dogaressa schon das eine oder andere beibringen können? Himmel, das ist ein saftiges Stück Fleisch. Mir juckt der Schwengel, wenn ich nur an sie denke!«
    Ich konnte nicht anders, ich musste kichern, woraufhin der Seemann unter meine Kapuze spähte, die Maske sah und auf die Knie fiel.
    »Gütiger Herr Jesus! Die Dogaressa!« Jegliche Farbe wich aus seinem sonnengebräunten Gesicht. »Hohe Dame, verzeiht mir«, stammelte er. »Ich wusste ja nicht... Ich habe es nicht so gemeint...«
    »Steh auf, du alter Trunkenbold, bevor dich jeder hier sieht, und mach dir nicht in die Hose«, zischte Signore Cristoforo. »Das ist nicht die Dogaressa, sondern ihre Tochter. Signorina Luciana Mocenigo, darf ich Euch Bonaccorso Nivola vorstellen, den besten Seemann in diesen Breitengraden.«
    Ich reichte ihm die Hand, weil mir das angemessen erschien, und er küsste sie so benommen wie ein Mann, der eben mit einer schweren Eisenpfanne einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte. Signore Cristoforo zog uns hinter einen Stapel Pinienplanken, die doppelt so hoch waren wie wir. Der süße Harzduft stieg mir in die Nase.
    »Sie möchte einen kleinen Ausflug unternehmen, und du sollst sie begleiten.«
    »Einen Ausflug?«
    »Ja. Bedienst du immer noch die Seilfähre nach Marghera?«

    »Natürlich. Wie soll ich denn sonst die ganzen bambini satt bekommen, die meine Lisabetta zur Welt bringt. Jetzt ist schon wieder eines unterwegs.«
    »Gut. Eine Fahrt, und du kannst sie ein Jahr lang ernähren.«
    »Gold?«
    »Gold.«
    »Wie viel?«
    »Fünfzig Dukaten.«
    Der Seemann stieß einen zahnlosen Pfiff aus, und ich schluckte hart. Fünfzig Dukaten waren ein Vermögen! Wo zum Teufel sollte ich so viel Geld hernehmen? Signore Cristoforo musste den Verstand verloren haben! Dann traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz, und mir brach der kalte Schweiß aus. Meine Mutter bewahrte eine Truhe mit Golddukaten in ihrer Kammer auf; ich hatte sie erst heute Morgen gesehen, als ich nach einer Maske gesucht hatte. Madonna. Dann straffte ich mich. Nur eines auf dieser Welt konnte mich dazu bringen, in diesen Raum zurückzugehen, und das war Bruder Guido. Wenn es sein musste, würde ich es tun. Die beiden Männer feilschten weiter, als wäre ich gar nicht da.
    »Wann?«
    »Morgen Abend. In der ersten Nacht des Karnevals.«
    Bonaccorso Nivola überlegte, dann nickte er in meine Richtung. »Weiß ihre Mama davon?«
    Signore Cristoforo zögerte unmerklich. »Nein. Es handelt sich um eine Herzensangelegenheit.«
    Das traf den Nagel auf den Kopf. Ich hatte meinem Lehrer alles erzählt, und er wusste, dass mich die Liebe zur Flucht bewog. Bonaccorso fuhr rasch fort: »Eine Passage also?«
    »Ja.«
    Der Seemann schwieg.
    »Es ist nicht ungefährlich, da will ich nichts beschönigen«, räumte mein Lehrer ein. »Aber danach kannst du dich lange Zeit zur Ruhe setzen.«
    Bonaccorso sog an seinem zahnlosen Gaumen.

    »Was soll’s«, sagte er, und dann sprach er mich zum ersten Mal direkt an. »Seid morgen um Mitternacht am San-Zaccaria-Pier. Bringt das Gold in einem Spitzentaschentuch mit. Ich bin auf der Seilfähre. Ich werde einen Moment anhalten, nicht länger. Ihr fragt mich, ob ich schon einmal auf Burano war, um die Spitzenklöpplerinnen zu besuchen, verstanden?«
    Ich nickte. Von Entsetzen und Triumph überwältigt, brachte ich keinen Ton hervor.
    »Dann bis morgen.« Und schon war er so rasch in der Menge verschwunden, wie er aufgetaucht war. Ich fühlte mich schwach und beschwingt zugleich. Ich hatte es getan. Es gab kein Zurück mehr. Morgen würde ich von hier verschwinden.
    Mein Lehrer und ich eilten, so schnell wir konnten, zum Palast zurück und trennten uns an der Treppe ohne ein weiteres Wort, da wir beide zu verängstigt und aufgeregt waren, um uns laut einzugestehen, dass dies unser letztes Treffen sein würde. Ich wusste, ich würde ihn nie wiedersehen, und ich wagte nicht, mich bei ihm zu bedanken, weil mich dann meine Selbstbeherrschung im Stich gelassen hätte, aber ich hoffte, er wusste, dass ich ihn nie vergessen und immer in der Schuld von Signore Cristoforo von Genua stehen würde.

5
    Ich fand auch in dieser Nacht keinen Schlaf und hätte den ganzen Tag lang vor Nervosität gezittert, hätte mir diese Hexe Marta nicht beim Frühstück mitgeteilt, meine Mutter habe für uns beide heute einen ganz besonderen Ausflug geplant. Ich wappnete mich für einen von höflicher Konversation erfüllten Tag auf der Prachtbarke und

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