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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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der nicht so allein auf der Welt stand wie ich. Ich ließ mich schwer vor dem Bild auf den Stuhl sinken. »Also gut«, seufzte ich. »Wie sollen wir Eurer Meinung nach dieses Rätsel lösen?«
    Der Mönch nahm hinter mir sein rastloses Aufundabgehen wieder auf. Der Saum seiner Kutte schleifte über den Boden. »Ich denke, Eure Verfolger glauben, dass Ihr etwas über Botticellis Gemälde wisst. Über die Primavera. Dass Ihr an dem Tag, an dem Ihr dort wart, irgendetwas gesehen habt.«
    »Das habe ich aber nicht!«
    »Das sagt Ihr. Aber Eurem Bericht entnehme ich, dass Botticelli sich etwas aufgeregt hat« - meine Lippen kräuselten sich angesichts dieser Untertreibung spöttisch -, »als Ihr ihm Modell gestanden habt.«

    »Das kann man wohl sagen.«
    »Ich glaube, Euch ist etwas in dem Raum oder dem Bild aufgefallen, auf das Ihr ihn angesprochen habt, ohne es zu wissen.«
    »Im Raum war nichts.«
    »Dann muss es etwas in dem Bild gewesen sein.«
    »Aber das Gemälde ist noch dort, wir haben nur eine Kopie davon. Das Original ist größer als das Segel eines Kriegsschiffes.«
    Bruder Guido tippte ungeduldig auf das Pergament, das ich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. »Ja, aber das hier, Signorina, ist ein cartone, eine perfekte Miniaturkopie des Bildes, das Signore Botticelli malt. Das schwach erkennbare Gitter über den Figuren ist eine Hilfe, um die Einzelheiten von diesem kleinen Pergament auf die große Holztafel zu übertragen. Der Künstler wird sorgfältig abschätzen und studieren, was jedes Quadrat enthält, und es dann detailgetreu auf dem größeren Quadrat auf dem Holz wiedergeben. Versteht Ihr, was ich meine?«
    Ich verstand. Ich erinnerte mich, dass in Botticellis Atelier ein Netz aus dünnen Fäden über die Holztafel gespannt gewesen war. Und erzählte Bruder Guido davon. Er nickte. »Ja, manchmal spannt man Seilfasern über einen Rahmen und entzündet dahinter Kerzen, sodass der Schatten des Gitters an die Wand geworfen wird. Künstler bedienen sich verschiedener Arbeitsmethoden, aber das Grundprinzip ist immer dasselbe.«
    Sein Vortrag über Kunst begann mich zu ermüden. »Das ist alles sehr interessant, und ich bin sicher, dass Ihr auf etwas Besonderes hinauswollt.«
    »In der Tat. Wir haben hier eine exakte Wiedergabe der Primavera ; so wie sie bis ins kleinste Detail als endgültiges Gemälde aussehen wird. Das Einzige, was fehlt, ist Euer Gesicht, aber dafür haben wir ja das Original hier.« Ein geisterhaftes Lächeln spielte um seine Lippen. »Ich will damit sagen, dass das, was auch immer Botticelli in dem großen Bild verbirgt,
welche Allegorie oder welchen Code, auch in unserer Kopie zu finden sein muss.«
    Ich begann zu begreifen.
    »Also müssen wir herausfinden, wie die Botschaft lautet. Nur so können wir vielleicht in diesem Spiel die Führung übernehmen.«
    Die Wortwahl des Bruders stieß mir sauer auf. Die Ereignisse des letzten Tages erschienen mir ganz und gar nicht wie ein Spiel, und ich hatte auch nicht die leiseste Ahnung, wie wir die »Bedeutung« des Bildes entschlüsseln sollten. Aber da ich keine andere Möglichkeit sah, beschloss ich, keine Einwände mehr zu erheben. Der Mönch schien von der Herausforderung begeistert, die sich ihm hier stellte, und zeigte nicht die geringste Furcht - im Gegenteil, er wirkte fast triumphierend, als habe er das Rätsel bereits gelöst. Sein attraktives Gesicht glühte im Kerzenschein. Zur Hölle mit den Intellektuellen!
    »Uns bleiben bis zum Gottesdienst nur ein paar Stunden, und dann müssen wir wieder aufbrechen. Fangen wir also an.«
    Wir breiteten das Pergament auf dem Boden aus, und ich holte die Kerze aus meiner Zelle. Draußen wurde es zunehmend dunkler, während wir das Bild in den Zwillingslichtkreisen genau betrachteten. Es wies unglaublich viele kleine Einzelheiten auf; ich wusste beim besten Willen nicht, wo wir beginnen sollten.
    Bruder Guido sprach meine Gedanken laut aus. »Befassen wir uns zunächst mit dem Augenfälligen und gehen dann zu der Bildersprache und den Allegorien über.«
    Ich räusperte mich, um zu vertuschen, dass ich keine Ahnung hatte, was die letzten beiden Worte bedeuteten. »Ja, gut, tun wir das.«
    Mit einer Handbewegung bedeutete er mir, den Anfang zu machen.
    Ich schluckte; ich konnte nur hoffen, mir keine allzu große Blöße zu geben. »Nun, wir haben hier acht Figuren. Neun, wenn man den fliegenden Zwerg mit einschließt.«

    »Amor. Acht Figuren und ein Amor. Gut.«
    Sein Lob ermutigte mich.

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