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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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Gartenammern und der bunten Papageien auf den Dachbalken, die mit den Sängern wetteiferten. Soweit ich es verstanden hatte, schien es sich bei dem Lied um Schnecken zu drehen... Konnte das wirklich möglich sein? Ich gab die Frage an den Kapitän weiter.
    »So ähnlich«, bestätigte er. »Die Fühler stehen für Hörner, und es geht darum, dass einem Mann Hörner aufgesetzt werden.«
    Diesen Ausdruck kannte ich, er bedeutete, dass eine Frau hinter dem Rücken ihres Ehemannes mit anderen Männern schlief. Der Kapitän vollführte eine eigenartige Geste mit der Hand - Zeige- und kleiner Finger vorgestreckt, die mittleren gegen den Daumen gepresst. »Das ist das Zeichen der Teufelshörner«, erklärte er. »Es soll Unheil abwenden.«
    Ich begann mich aufmerksamer umzusehen. Tatsächlich schien fast jedermann auf der Straße, von den schwarz gekleideten Witwen bis hin zu den im Staub spielenden Kindern, dieses Zeichen zu machen. Ich bemerkte auch, dass Bruder Guido dies ebenfalls aufgefallen war, denn er bekreuzigte sich zur Antwort darauf ständig. Wahrscheinlich sollte das Zeichen
Gottes das des Teufels außer Kraft setzen. Ich lächelte ihn an, doch da er erneut nicht reagierte, wandte ich mich wieder an den Kapitän. »Welches Unheil fürchtet Ihr denn?«
    »Dass meine Frau mir Hörner aufsetzt, wenn ich einmal heirate.«
    Ich hatte nicht die Absicht, ihm für eine bevorstehende Ehe Glück zu wünschen, aber da Bruder Guido so tat, als wäre ich gar nicht vorhanden, setzte ich die Unterhaltung fort. »Ihr seid also nicht verheiratet?«, erkundigte ich mich mit geheuchelter Verwunderung.
    »Nein, aber Euch würde ich sofort nehmen, Honigtittchen, wenn Ihr mich darum bittet. Falls Don Ferrante nicht selbst Interesse an Euch hat, versteht sich.«
    Ich maß ihn mit einem angewiderten Blick. Es tat mir leid, mich überhaupt auf ein Gespräch mit ihm eingelassen zu haben, aber er lachte nur.
    »Kommt schon. So sehr könnt Ihr mich gar nicht hassen. Ihr seid im Boot doch als Erste aufgewacht und hättet mich über Bord stoßen können, während ich geschlafen habe. Dann wärt Ihr mich ein für alle Mal losgewesen.«
    Genau das hätte ich tun sollen. Verdammt, verdammt, verdammt !
    Er sah mein Gesicht und grinste. »Warum habt Ihr es denn nicht getan?«
    »Weil ich nicht rechtzeitig darauf gekommen bin«, gab ich grimmig zu.
    Er lachte erneut. »Wenigstens seid Ihr ehrlich.«
    Ich schielte zu Bruder Guido, um zu sehen, wie er auf diesen Wortwechsel reagierte - die sachliche Erörterung eines Mordes. Aber er hatte sich so vollständig in sein Schneckenhaus zurückgezogen wie die Schnecke in dem Lied. Er ließ den Rosenkranz unaufhörlich zwischen seinen Fingern hindurchgleiten und bewegte die Lippen im stummen Gebet. »Hmm«, dachte ich. Vermutlich versuchte er, die Erinnerung an meine Lippen wegzubeten. Viel Glück dabei. Einen Kuss von Chi-Chi
vergisst man nicht so leicht. Trotzdem stieg Kummer in mir auf. In der Zeit höchster Gefahr waren wir einander so nah gewesen, und nun hätte die Kluft zwischen uns nicht größer sein können, obwohl wir aneinandergekettet waren.
    Während wir uns einen Weg durch den Malstrom geschäftig umhereilender Stadtbewohner bahnten, fiel mir auf, wie klein die Menschen waren. Sie kamen mir kaum größer vor als der Zwerg am Kai, der unser Boot festgemacht hatte. Alle hatten dunkle Haut und dunkles Haar und unterschieden sich von den hoch gewachsenen, schlanken Blonden des Nordens wie der Tag von der Nacht. Wie die perlenweiße Grazie aus der Primavera hierherpassen sollte, war mir ein Rätsel, sie hob sich von den Leuten hier ab wie ein eleganter Windhund von einer Meute Straßenköter. So wie ich selbst auch. Ich blickte auf sie herab - in mehrerlei Hinsicht.
    Aber Neapel war ganz eindeutig eine Stadt der Widersprüche. Viele Wände waren mit obszönen Bildern und Sprüchen beschmiert, die sogar mich erbleichen ließen, aber es gab auch überall Nischen mit Madonnen und Heiligenfiguren. An jeder Straßenecke sah ich einen gut gepflegten, mit Blumen und Kerzen geschmückten Reliquienschrein. Mir fiel auch auf, dass neben dem vielfältigen Warenangebot - den dubiosen Arzneimitteln, den Totenschädeln und dem zweifellos reichlich vorhandenen Diebesgut - auch Hunderte Darstellungen der Geburt Christi, gemalt oder in Holz geschnitzt, feilgeboten wurden. In Neapel existierten das Laster und der Glaube dicht nebeneinander, so wie Bruder Guido und ich, der Gläubige und die Lasterhafte,

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