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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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in meinen Ohren zu rauschen begann. Nebenbei registrierte ich, dass der Schlauch mit der Primavera noch immer um seinen Hals hing, aber ich war mir nicht sicher, ob mich das überhaupt noch interessierte. Vielleicht konnten wir nach der letzten Nacht diese ganze leidige Geschichte einfach vergessen, uns hier niederlassen, wo uns niemand kannte, Wein trinken, Oliven essen und bildhübsche Kinder großziehen. Ich blickte auf das Gesicht ihres Vaters und schwelgte in meinen Tagträumen.
    Dann spähte ich zum Bug hinüber, wo sich mir ein fast ebenso erfreulicher Anblick bot. Vor uns erstreckte sich eine halbmondförmige Bucht. Darüber thronte ein blauer Berg, aus dessen Gipfel Rauch quoll wie aus einem gerade angeheizten Ofen. Kleine weiße Häuser reihten sich wie Perlen am Strand und an den Hängen, dahinter erhoben sich mächtige Paläste.
    »Neapel«, ertönte eine Stimme hinter mir.
    Nicht Bruder Guidos Stimme. Eine Stimme, die klang, als habe ihr Besitzer Seetang und Flusskrebse verschluckt.
    Verflucht!
    Der Kapitän lebte noch.

3
    Mein entsetzter Gesichtsausdruck entging ihm natürlich nicht.
    »Tut mir leid, Euch enttäuschen zu müssen«, versetzte er ironisch, richtete sich auf und spuckte ein paar Zähne ins Wasser. »Ich hatte wenigstens ein Dankeschön erwartet, immerhin habe ich Eure Haut gerettet. Ein Kuss wäre wohl
zu viel verlangt, ich sehe im Moment nicht gerade vorteilhaft aus.«
    Ich kniff die Augen zusammen, weil mich die Sonne blendete und ich seinen Anblick nur schwer ertragen konnte.
    »Wollt Ihr mir weismachen, dass Ihr uns aus reiner Herzensgüte gerettet habt?«
    Er lächelte ein blutiges, zahnloses Lächeln. Sein Mund glich dem eines monströsen Kleinkindes, das seine ersten Zähne verloren und die zweiten noch nicht bekommen hatte. Er hob seine schwieligen Hände. »Meine Motive haben mehr mit der zu erwartenden Belohnung zu tun.«
    Seine Aufrichtigkeit nötigte mir einen Anflug von Bewunderung ab. »Ach, so ist das. Ihr glaubt, Ihr könnt für uns einen guten Preis erzielen, wenn Ihr uns an Euren Freund verschachert, diesen Don...« Mir wollte der Name nicht mehr einfallen.
    »Ferrante«, half er mir auf die Sprünge. »Natürlich. Nicht so sehr für Euch, obwohl ich sagen muss, dass Ihr Euch durchaus sehen lassen könnt, wenn Ihr gebadet habt und anständig gekleidet seid. Aber für Euren Liebhaber hier... Er hat ja behauptet, ein Edelmann zu sein.«
    »Er ist nicht mein...« Ich brach ab, als sein Lächeln breiter wurde.
    »Deshalb habt Ihr auch aneinandergeklebt wie die Kletten, als ich Euch aus dem Wasser gezogen habe.«
    »Was ist mit Eurer Besatzung passiert?«, versuchte ich ihn abzulenken. Mein Blick wanderte Hilfe suchend zu Bruder Guido, aber er schlief noch tief und fest.
    »Tot«, erwiderte der Kapitän lakonisch.
    » Alle ?«
    »Ich denke schon. Das Schiff ist gesunken. Wir haben uns das einzige Beiboot gesichert.«
    Seine Kaltschnäuzigkeit verschlug mir den Atem. »Macht Euch das denn gar nichts aus?«
    »Nicht wirklich.« Er zuckte die Achseln. »Der Rest der Flotte
kommt nach - sie waren zu weit hinter uns, um auch in den Sturm zu geraten. Und selbst wenn auch die anderen Schiffe untergegangen sind, kann ich jederzeit neue Männer anheuern. Besonders in Neapel. Das ist eine geschäftige Hafenstadt, wisst Ihr? Es wimmelt dort von Seeleuten.« Er nickte, als spräche er über das schöne Wetter und nicht über den Tod seiner gesamten Besatzung.
    »Moment mal. Heißt das, sie waren noch an Bord und am Leben, und Ihr habt Euch mit uns davongemacht und sie auf dem sinkenden Schiff zurückgelassen?«
    »Sie haben nicht mehr alle gelebt. Ein paar sind über Bord gespült worden.«
    »Ja, aber...« Ich wusste selbst nicht, warum ich das Thema nicht fallen ließ. »Wolltet Ihr denn nicht wenigstens Euren Ersten Offizier retten? Oder den Burschen, der sich in Famagusta Filzläuse eingefangen hat, oder...«
    »Berello und Cheretti? Für die zahlt mir Don Ferrante nicht einmal ein Kupferstück. Dreckige, pockennarbige Halunken. Nein, da bin ich mit dem Prinzen und der Meerjungfrau besser bedient, vielen Dank.«
    »Also habt Ihr sie kaltblütig ihrem Schicksal überlassen.«
    »Ja.« Der Kapitän verstand mein Entsetzen ganz offensichtlich nicht. »Was kümmert Euch das denn? Ihr seid am Leben, oder etwa nicht? Ihr wisst von Berello nichts weiter, als dass er Euch niedergeschlagen hat.«
    »Ja, aber... er ist Euer Freund - er war Euer Freund, oder nicht?«
    »Ich bin zwanzig Jahre

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