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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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meine entblößten Reize begafften und der vierte - Bruder Guido - verlegen den Blick abwandte. Wie man eine solche Situation meisterte, wusste ich nur zu gut: Ich bog den Rücken durch, leckte mir über die Lippen und wünschte, es wäre kälter im Raum, damit sich meine Brustwarzen verhärteten. Wenn meine Brüste der einzige Weg waren, uns zu retten, dann würden sie diese Aufgabe bereitwillig erfüllen.
    »Gut«, nickte der König. »Ich nehme sie. Aber den Mann kann ich nicht brauchen. Ich habe genug Edelleute hier am Hof, und die meisten machen mir nichts als Ärger.«
    Ich starrte meinen Freund entsetzt an, als der weiße Mann mir bedeutete mich wieder zu bedecken. Man würde uns doch wohl nicht trennen?
    Die Stimme des Kapitäns hatte einen einschmeichelnden Klang angenommen. »Ich dachte, es ließe sich ein gutes Lösegeld für ihn erzielen, Hoheit.«
    Der König musterte Bruder Guido zweifelnd. »Das glaube ich nicht. Verkauft ihn doch einfach, Ferregamo. Ihr seid doch sonst nicht so zimperlich.«
    »Nein«, flehte ich. »Das könnt Ihr nicht tun. Er ist ein Mann von Rang und Einfluss!« Ich kam mir selbst lächerlich vor. Und ich liebe ihn, fügte ich in Gedanken hinzu.

    Doch der Kapitän zerrte Bruder Guido bereits zur Tür. In einem letzten verzweifelten Versuch, ihn zum Sprechen zu bewegen, bekreuzigte ich mich; bediente mich der einzigen Sprache, die er verstand - der Sprache Gottes, seines Gottes, gegen den er sich versündigt hatte, als er mich küsste. Und jetzt endlich reagierte er, antwortete mit einer eigenen, höchst merkwürdigen Geste: Er machte das neapolitanische Hörnerzeichen, das wir den ganzen Morgen lang gesehen hatten, um jegliches Unheil von mir fernzuhalten, egal was mit mir geschah. Der Daumenring seines Onkels blitzte golden auf. Krank vor Furcht, allein an diesem fremden, von schwarzen und weißen Schachfiguren bevölkerten Hof zurückgelassen zu werden, wandte ich mich ab. Doch als die große Tür geöffnet wurde, erhob sich der König erstmals von seinem Schemel. »Wartet!«
    Es war ein unmissverständlicher Befehl. Don Ferrante schritt durch den Saal, nahm Bruder Guidos linke Hand und betrachtete den Goldring mit den neun goldenen Kugeln, dann hob er seine eigene linke Hand, an deren Daumen ein Zwilling von Bruder Guidos Ring steckte. Meine Augen wurden groß. Ein zweiter Ring! Don Ferrante forschte in dem Gesicht meines Freundes. »Wer seid Ihr?«
    Bruder Guidos Schweigsamkeit fiel von ihm ab wie eine Maske. Ich sah, wie er sich straffte, um dem König in die Augen zu blicken. Einen Moment lang wirkte er selbst wie ein König. Er fixierte Don Ferrante mit seinen blauen Augen und erwiderte klar und deutlich: »Ich bin Niccolo della Torre, der Erbe der Seestadt Pisa.«
    Der König zuckte zusammen, als habe ihn etwas gestochen, dann erhellte ein Lächeln sein Gesicht.
    »Signore! Vergebt mir, ich wusste nicht, dass Ihr selbst kommt.«
    »Ich hielt es unter den gegebenen Umständen für das Beste«, gab »Signore Niccolo«, sich vorsichtig vorfühlend, zurück.
    Der König nickte. »In der Tat, in der Tat. Allerdings hat er mir nichts...«

    » Er weiß nichts davon. Ich wollte ihn bei dem großen Ereignis überraschen.«
    Ein weiteres Nicken. »Natürlich, natürlich. Ich verstehe. Bitte verzeiht mir, dass ich es Euch und Eurer Gefährtin«, diesmal galt das Lächeln mir, »gegenüber an Respekt habe fehlen lassen. Aber wozu diese Verkleidung?«
    Ich sah Bruder Guido an, dass er fieberhaft nachdachte, und bewunderte ihn in diesem Augenblick mehr denn je zuvor. »Ihr habt vielleicht noch nicht von dem vorzeitigen Tod meines Vaters gehört. Er fiel einem feigen Mordanschlag zum Opfer, und ich habe die Stadt schnellstmöglich verlassen, im Schutz der Nacht und der Kutte eines einfachen Mönches.«
    »Euer Vater ist tot? Das tut mir aufrichtig leid. Ich habe Signore Silvio sehr geschätzt, und Ihr gleicht ihm sehr.«
    Das ließ sich nicht leugnen. Bruder Guido ähnelte seinem Onkel wesentlich stärker als sein Vetter - der Mann, in dessen Haut er sozusagen geschlüpft war. Doch was bezweckte er mit dieser Täuschung? Was konnte es bringen, sich als jemand auszugeben, der er nicht war?
    »Euer Vater hat Euch vermutlich in alles eingeweiht«, fuhr der König fort.
    »Selbstverständlich. Ich bin in jeder Hinsicht sein Erbe.« Bruder Guido unterstrich seine Worte mit einer beredten Geste.
    »Dann sind die Spieler ausgewechselt worden, aber das Spiel geht weiter«, stellte der König

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