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Das Geheimnis Des Frühlings

Das Geheimnis Des Frühlings

Titel: Das Geheimnis Des Frühlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Fiorato
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fest, was mich erneut an Schach denken ließ. Obwohl mir der Kopf schwirrte, musste ich zugeben, dass Bruder Guidos Strategie aufging, denn der Raum wimmelte plötzlich von Dienern, die für unsere Bequemlichkeit zu sorgen hatten. Ein paar Zofen schickten sich an, mich aus dem Saal zu führen, einige Kammerdiener bemühten sich um Bruder Guido. Der König befahl Capitano Ferregamo, am Hafen auf den Rest seiner Flotte zu warten, dann drückte ihm der Mann in Weiß eine Geldbörse in die Hand. Der Kapitän verschwand, ohne sich noch einmal zu
uns umzudrehen; er hatte sein Geschäft abgewickelt und war vermutlich froh, uns los zu sein. Nun, wir würden ihm ebenfalls keine Träne nachweinen. Don Ferrante wandte sich wieder an uns. »Ich werde Euch die besten Gemächer zuweisen lassen, die meine Burg zu bieten hat. Eure Gefährtin wird in der Kammer neben Euch untergebracht, damit sie sich dort zu Eurer Verfügung halten kann. Und ich muss mich noch für meinen Haushofmeister entschuldigen, weil er Euer Eigentum berührt hat.«
    »Ich habe es schon vergessen, Hoheit.« Bruder Guido nickte dem weiß gekleideten Majordomus zu.
    »Ihr seid sehr großmütig. Ich werde Euch etwas verraten - ich habe selbst drei Mätressen und eine Frau, und es wäre ein Segen, wenn mir jemand eine davon abnehmen würde.«
    Die beiden Männer tauschten ein anzügliches Lächeln, und ich erkannte, dass Bruder Guido ein begnadeter Schauspieler war. Hatte ich ihm wirklich erst kurz zuvor Untätigkeit, Nutzlosigkeit und mangelnden Einfallsreichtum vorgeworfen?
    »Vielleicht erweist Ihr mir die Ehre, morgen mit meinem Hof nach Norden zu reisen? Da wir beide zu dem großen Ereignis eingeladen sind, wäre es töricht, getrennt zu reisen.«
    Bruder Guido spielte seine Rolle weiter, obwohl er genauso durcheinander sein musste wie ich. Er neigte den Kopf. »Mit Freuden. Mein Gefolge wird selbstverständlich dort auf mich warten.«
    Der König geleitete uns persönlich zur Tür. Sein Haushofmeister, der jetzt ein serviles Lächeln aufgesetzt hatte, nahm meinen Arm, als wäre ich eine Königin. Ich verzog nur hochmütig die Lippen; ich nahm es ihm immer noch übel, dass er mein Kleid zerrissen hatte.
    Noch etwas verwirrte mich. Als wir den Saal verließen, wies Don Ferrante seinen Haushofmeister so laut an, dass wir es hören konnten: »Santiago, ich vertraue dir meinen Ehrengast an. Sorg dafür, dass alle seine Wünsche erfüllt werden, denn Signore della Torre gehört ebenso wie ich zu den Sieben.«

4
    Zwei maurische Schönheiten führten mich aus dem Raum in ein Gebäude, bei dem es sich offenbar um ein Badehaus handelte. Sie streiften mir mein schmutziges, zerfetztes Kleid ab, und ich glitt in das milchige Wasser, das unter den römischen Säulen wie glattes, rauchiges grünes Glas schimmerte. Ein Mädchen streute Jasminblüten hinein, das andere begann mich mit einem porösen Meeresschwamm behutsam zu waschen - auch an den intimsten Stellen. Wenngleich ich für derlei Dinge noch nie etwas übrig gehabt hatte (obwohl ich natürlich zu einem kleinen Sappho-Spielchen nicht nein sagte, wenn ich gut dafür bezahlt wurde), kam ich mir in diesem Moment vor wie im Paradies. Meine Gedanken schienen sich jedoch eher auf einem tosenden Meer zu befinden, und ich hätte schreien können, weil ich ausgerechnet jetzt, wo mir tausend Fragen durch den Kopf schossen, von Bruder Guido getrennt worden war. Wer oder was waren Die Sieben ? Oder vielmehr - wenn Don Ferrante und Niccolo della Torre zwei davon waren, wer waren dann die restlichen fünf? Was hatten die Daumenringe zu bedeuten? Zu was für einem »großen Ereignis« waren wir eingeladen? Und was zur Hölle hatte die Primavera mit all dem zu tun? Ich versuchte, mich in Geduld zu fassen, weil Bruder Guido vermutlich just jetzt von seinen Leibdienern auf ähnliche Art versorgt wurde. Hoffentlich war es ihm gelungen, das Bild vor ihnen zu verbergen.
    Endlich wurde ich in ein loses Hemd gehüllt und zu meiner Unterkunft gebracht, einer luftigen Kammer mit einer Tür, die, wie ich wusste, zum Gemach meines Herrn führte. Die Sklavinnen eilten geschäftig umher. Ich konnte es nicht erwarten, dass sie mich allein ließen, obwohl sie mir Obst, Heringsröllchen und gekühlten Wein brachten. In ihrem merkwürdigen neapolitanischen Dialekt teilten sie mir mithilfe von Gesten und
Pantomime mit, dass in Kürze einige Kammerzofen kommen würden, um mich zum Abendessen anzukleiden. Während dieser ganzen mühsamen

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