Das Geheimnis des Goldmachers
ihm nichts herauszubekommen.
Afrika
Alles war
ruhig an Deck, kein Getrampel, kein Gebrüll, nur das sanfte, einschläfernde
Surren der Takelage im Wind war zu hören. Es musste also Nacht sein, als mich
plötzlich einsetzendes Möwengekreische aus meiner Lethargie riss. Wir näherten
uns einer Küste – doch welche mochte es wohl sein? Es dauerte noch eine Weile,
inzwischen war das Deck wieder mit den bekannten Geräuschen reger
Betriebsamkeit erfüllt, da rumpelte das Schiff mit einem dumpfen Aufprall am
Kai an. Kurz darauf wurde der Verhau zu unserem Gefängnis geöffnet. Gleißendes
Licht flutete den Raum, nach Tagen vollkommener Finsternis, wie sie nur im Grab
noch undurchdringlicher sein konnte, brannte die Sonne nun lichterloh wie die
Flamme der ewigen Verdammnis. Schützend hielt ich meine Hände vor die Augen und
wagte erst nach einigem Zögern, vorsichtig zwischen meinen Fingern hindurchzublinzeln.
Es war, als schaute ich in einen Spiegel, denn alle um mich herum taten es mir
gleich. Sie blinzelten aus zusammengekniffenen Augen umher, und ein jedes
Gesicht, ob neun oder neunzehn Jahre jung, wirkte verängstigt und verstört, sie
alle schienen sich zu fragen, was denn nun folgen sollte.
Mit Peitschen trieben sie uns wie
Vieh aus dem Lagerraum hinaus ins Freie, Eckhardt indes blieb wie leblos auf
den Planken liegen. Erik, einer von Frisos Spießgesellen, stellte sich neben
ihn, schüttelte und rupfte an seinem Wams, schließlich stieß er ihn hart mit
der Fußspitze an – doch er zuckte nicht einmal. Daraufhin zog der Halunke einen
Dolch aus der Scheide und bohrte damit tief hinein in Eckhardts Schenkel. Mir
wurde schwarz vor Augen und meine Beine knickten ein, denn mein Freund und
Beschützer rührte sich auch jetzt nicht. Achselzuckend wandte sich Erik ab und
untersuchte einen weiteren leblosen Körper, während mir die Tränen in die Augen
stiegen. Doch, so dachte ich mir, sollte ich Eckhardt nicht sogar beneiden? Was
wusste ich schon, welches Schicksal mir blühte.
Die Sonne stand hoch am Himmel,
als wir das Schiff über zwei schmale Holzplanken verließen. Es war heiß, und
die Sonne brannte unbarmherziger, als ich es je erlebt hatte. Ich ahnte nun
doch, wenn auch gänzlich anders als erwartet, im Land der Muselmanen angekommen
zu sein. Die Hautfarbe der Einheimischen und ihre mir völlig fremde Zunge, in
meinen Ohren einem heiseren Husten ähnlicher als einer Sprache, zeigte mir
rasch, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag.
An Land wurden wir bedrängt, die
Kleidung abzulegen, anschließend mussten wir uns im Meer reinigen. Unsere
Wangen wurden mit einem brennenden Öl eingerieben, wodurch die bleichen
Gesichter einen rosigen, gesunden Teint bekamen. Immer noch nackt, band man uns
an den Händen zusammen, dann wurden wir über das Land getrieben. Die Gegend,
durch die wir marschierten, konnte nicht öder und trostloser sein, jeder
Schritt wirbelte roten Staub auf, nach kurzer Zeit konnte ich keine zehn Fuß
voraus schauen, alles wurde von einer Sandwolke verschluckt.
Schließlich erreichte unsere
Kolonne so etwas wie einen Marktplatz. Dort standen wir nun, Knaben als auch
Mädchen, nackt wie Gott uns schuf, und mussten die schamlosen Blicke und das
heisere Gelächter über uns ergehen lassen.
Friso hatte uns auf einen
Sklavenmarkt schaffen lassen, und ganz offensichtlich waren wir seine Ware.
Umgehend wurden wir umringt von
einer unüberschaubaren Ansammlung dunkelhäutiger Männer in fremdartigen, luftig
gearbeiteten Gewändern, allesamt Muslime, die uns unanständig begafften und,
eingedenk ihrer obszönen Gesten, zotig derbe Reden über uns führten. Nach einer
Weile lösten sich einige aus der Menge, ihrer Kleidung nach von edlerer
Herkunft, und gingen daran, die Ware, uns also, eingehend zu begutachten. Bei
den Jungen überprüften sie die Arm- und Schultermuskulatur sowie den Wuchs des
Rückens, die Mädchen, so sie denn schon entwickelt waren, begrapschten sie an
Arsch und Brust. Allen gemeinsam wurden obendrein die Zähne einer eingehenden
Prüfung unterzogen.
So feilschten und schacherten sie
um uns, den ganzen Tag lang. Bisweilen meinte ich, Bieter und Käufer würden
gleich aufeinander losgehen, so erbittert und leidenschaftlich wurde
verhandelt, und nicht selten gingen sie mit abwertenden und ehrverletzenden
Gesten auseinander, doch wenn es zu einer Einigung kam, strahlten plötzlich
beide, als habe der Streit zuvor nie stattgefunden.
Die Schatten
Weitere Kostenlose Bücher