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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hereld
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So ging ich schließlich, nach langer,
vergeblicher Suche, zum verhassten Sklavenmarkt. Ich wusste, dass offenbar
närrisch gewordene Kinder aus Deutschland und Frankreich, die sich aufgemacht
hatten, unser Land zu erobern, derzeit in Massen an unseren Küsten zum Verkauf
feilgeboten wurden. Ohne viel Hoffnung betrachtete ich den kümmerlichen Haufen
nackter, von der Sonne aufs Übelste verbrannter Kinder. Sollte ich ausgerechnet
hier fündig werden? Ich hoffte es insgeheim, wusste ich doch sehr wohl um das
Schicksal derer, die keinen Käufer fanden. So könnte ich zumindest einem von
ihnen das Leben retten.
    Ich stellte mich vor den Kindern
auf und fragte sie in meiner Sprache, ob einer von ihnen deutsch spräche. Keine
Antwort. Enttäuscht wandte ich mich ab, wie konnte ich auch zu hoffen wagen,
dass eines jener Geschöpfe aus dem Abendland Arabisch verstände. Gerade wollte
ich mein Kamel besteigen, als mir ein letzter, rettender Gedanke kam. Ich ging
zurück und fragte den Erstbesten:
    »Salve, ubi habitas? «

    Der Junge schüttelte nur seinen
Kopf, er verstand mich nicht.
    Doch ein anderer Knabe aus der
Gruppe antwortete dafür:
    »In Germania habito. «

    Ich schaute mir den jungen
Deutschen genauer an, der offenbar des Lateinischen mächtig war. Selten zuvor
hatte ich einen derartigen Hungerhaken zu Gesicht bekommen. Jede einzelne Rippe
zeichnete sich deutlich unter der knallroten, bereits Blasen bildenden Haut ab.
Ein bedauernswertes, dem Tode geweihtes Häufchen Elend stand da vor mir, und
ich hoffte und betete zu Allah, dass der Junge meine Prüfung bestehen würde.
    »Quis es? «

    Seine Antwort kam prompt:
    »Robert sum. «

    Robert hieß er also. Seine Augen
flehten mich an, ihn mitzunehmen. Der Junge schien sehr wohl zu erahnen,
welches Schicksal ihm sonst drohte. Doch eine letzte Frage musste ich noch
stellen. Mein Vater hätte mich den Riemen spüren lassen, wäre ich mit einem
Sklaven, einem Kind obendrein, angekommen, welches nur einige Brocken Latein
sprach und nur eine Last wäre.
    »Ut vales? «

    Wieder folgte die Antwort sofort
und ohne Zögern:
    »Male valeo. «

    Wahr gesprochen, denn er sah
wirklich schlecht aus.
    Ohne ein weiteres Wort zu
verlieren, fragte ich den Händler, wie viel er verlange und gab ihm
schlussendlich den siebten vom zehnten Teil seiner unverschämten Forderung,
womit er noch bestens bedient war.
    Daraufhin befahl ich einem der
Wächter, Robert mit auf sein Kamel zu nehmen. Bevor er aufstieg, gab ich dem
Jungen noch meinen Umhang, dass er sich seine Blöße bedecke, und er vergalt es
mir mit einem dankbaren Blick. Dann machten wir uns auf zum Hause meines Herrn.
    Mehrfach schaute ich ebenso wie
Robert zurück auf die sieben übrigen Kinder in der Hoffnung, dass noch ein
Wunder geschähe und jemand sich ihrer annähme, doch das Wunder blieb aus,
nichts dergleichen geschah. Auf Roberts Frage, was nun aus ihnen werde, antwortete
ich auf Arabisch: »Möge Allah mit ihnen sein!«, und der Junge schien zu
verstehen, was ich meinte.

     
    *

     
    Im Hause meines Herrn
angelangt, übergab ich den zerrupften Hänfling zuerst einmal der Obhut unserer
Köchin, die ganz nebenbei eine passable Heilkundlerin war. Ihn aufzupäppeln und
dafür Sorge zu tragen, dass uns der Junge nicht wegstarb, war die
vordringlichste Aufgabe, zumal sogar meinem Vater der Anblick des Häufchen
Elends aus dem fernen Abendland das Herz erweichte, und beim Propheten, er galt
weder als zimperlich im Umgang mit den ihn untergebenen Lakaien noch schonte er
sich selbst oder seine Kinder – ich war fast ein wenig eifersüchtig wegen der
Fürsorge, die er Robert zuteil werden ließ.
    Erstaunlich rasch war
der Junge genesen, und wir begannen meinen ehrgeizigen Plan, den Austausch mit
den Bremer Händlern voranzutreiben, in die Tat umzusetzen. Selbstredend war
dies ein beschwerliches Unterfangen, da wir zur Verständigung auf Latein
zurückgreifen mussten, eine Sprache, die wir beide nur leidlich beherrschten.
Doch da sich die Handelsbeziehungen unseres Dienstherrn mit der Hanse zum
Besten entwickelten und daher reichlich Botschaften auszutauschen waren, hatten
wir genügend Gelegenheit, unsere Sprachkenntnisse auszubauen. Er lernte ganz
nebenbei meine Sprache so wie ich die seine, und irgendwann mussten wir uns
nicht mehr des Lateins bedienen , um uns zu verständigen.«
    »Das hört sich so an, als ob
Robert ebenso wie Ihr bald den Rang eines Bediensteten bekleidete. Ich dachte,
er habe sein Dasein die Jahre

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