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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hereld
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press es schön fest ans Ohr, damit das Blut aufhört zu laufen.«
    Wieder
zuckte Robert zurück, als der Lappen sein Ohr berührte. Schließlich, als er gar
im Gehen innehielt, um ein gequältes Zischen von sich zu geben, verlor Osman
die Geduld.
    »Nun gib endlich Ruhe
und folge mir, du Memme. Wenn uns eine Wache aufgreift, brennen wir auf dem
Scheiterhaufen, sobald dieser unsägliche Regenguss aufhört.«
    Kaum
hatte Osman seinen Freund als wehleidig bezeichnet, tat es ihm schon wieder
leid. So konnte er sich noch sehr wohl
entsinnen, wie sehr es schmerzte, wenn ihn sein Vater ins Ohrläppchen zwackte,
nachdem er wieder einmal etwas Übles angerichtet hatte. Doch er kannte Robert
gut genug, um sich sicher zu sein, dass er nun wegen seines Ohres keinen
weiteren Laut mehr von sich gäbe, selbst wenn es ihm abfaulen würde. Und genau
darauf kam es an, denn sie hatten keine Zeit mehr zu verlieren mit Gejammer und
Getue, sondern mussten schnellstens heraus aus dieser Falle.
    Weiterhin schlichen sie dicht an der Mauer entlang, nun in westlicher
Richtung, und schon bald tauchte das nächste Stadttor vor ihnen auf.
    Schwach, aber dennoch
eindeutig konnte Osman wieder Laternenschimmer durch die schwere Regenwand
hindurch ausmachen, sodass er dem ihm folgenden Robert andeutete, einen weiten
Bogen um die unwillkommene Ansammlung von Wachsoldaten machen zu wollen.
    Der Straßenzug kam
Osman bekannt vor, sie befanden sich nun in der Nähe jenes Tores, durch das sie
gestern Mittag die Stadt zum ersten Mal betreten hatten. So waren sie demnach
inzwischen bereits vom südlich gelegenen Brühltor bis zum Almstor im Norden der
Mauer gegangen, ohne auch nur eine Möglichkeit entdeckt zu haben, die
Befestigungsanlage zu überwinden.
    Dennoch wollte Osman
die Hoffnung noch nicht aufgeben und so verdrängte er jeden Gedanken daran,
dass sich die Stadtmauer als unüberwindbare Barriere herausstellen könnte.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

Mittwoch, der zwölfte Juli
nachts

     
    Die Glocke des Michaelisklosters schlug gerade zur Matutin, der ersten Stunde des Tages. Obwohl mitten in
der Nacht, konnte Hauptmann von Stenweden keinen Schlaf finden. Zu viele Dinge
gingen ihm durch den Kopf, während er gedankenverloren die Brüste der Roten
Marie betrachtete. Schwer hoben und senkten sie sich im Rhythmus ihres Atems.
Es war schön mit ihr, und überfällig war es zudem. Seit ihm seine Rosel durch
das Fieber genommen wurde, und weiß Gott, das lag schon eine kleine Ewigkeit
zurück, hatte er kein Weib mehr gehabt. Nicht, dass es an Möglichkeiten
gemangelt hätte, nein, es gab einige, und darunter nicht nur Witwen, die ihn
sofort genommen hätten. Doch das wollte er seiner Rosel nicht antun, zu eng
waren sie zeitlebens miteinander verbunden gewesen. Eine Hure zu nehmen wie die
Rote Marie hatte dagegen für ihn nichts Verwerfliches – schließlich war auch er
nur ein Mann und der Anblick ihres prallen Körpers weckte Gefühle in ihm, die
er bereits hinter sich gelassen zu haben meinte.
    Doch nicht Gedanken an Marie und
auch nicht an seine Rosel waren es, die ihm den Schlaf raubten, sondern
vielmehr einige Fragen, die durch die Entführung des Albertus Magnus
aufgeworfen wurden.
    Warum prügelte ein bärenstarker
Kerl mit einer Keule auf den Mönch ein, wenn er doch genügend Kraft hatte, um
mehrere von dessen Art mit bloßen Händen zu bändigen?
    Tot oder schwachsinnig war der
Mönch jedenfalls niemandem mehr von Nutzen.
    Und warum liefen sie in die Stadt zurück,
anstatt das Weite außerhalb der Mauern zu suchen?
    Der Prior jedenfalls machte es
sich mit seiner vorschnellen Verurteilung der beiden Fremden nur allzu leicht,
doch was war auch schon zu erwarten von einem Inquisitor. Nicht nur einmal
hatte von Stenweden einen Ketzerprozess verfolgt. Und er hatte in die fiebrigen
Augen der Verurteilten geschaut, wenn sie zum Scheiterhaufen geschafft wurden.
Er sah die Wunden auf ihren Körpern, stumme Zeugen der Folter, die ihnen im
Namen der Kirche zugefügt wurde, um ein Geständnis herauszupressen. Mehr tot
als lebendig bestätigten sie schließlich alles, was ihnen zur Last gelegt wurde
und sehnten winselnd nur noch das Ende ihrer Leiden herbei.
    Dennoch, obwohl oder gerade weil
er nie einen Hehl daraus gemacht hatte, wie wenig Wertschätzung er der Kirche
im Allgemeinen und den Praktiken der inquisitio haereticorum im
Besonderen entgegenbrachte, durfte er den Prior und seinesgleichen nicht
übergehen, denn

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