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Das Geheimnis des Goldmachers

Das Geheimnis des Goldmachers

Titel: Das Geheimnis des Goldmachers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hereld
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die Macht der Kirchenmänner reichte weit, viel weiter als die
seine. Die Worte des Priors zu ignorieren hieße, sich ihn endgültig zum Feind
zu machen, was ein fataler Fehler wäre. Schließlich wollte er nicht eines Tages
selbst auf dem Scheiterhaufen lodern wie so manch ein anderer unbescholtener
Bürger. So musste er also vorab den Schein wahren und die beiden Fremden jagen,
als ob sie die Täter wären. Erst einmal in seinem Gewahrsam, könnte er sie
eingehend befragen, mehr als er selbst wussten sie sicher allemal. Vielleicht
ergäben sich daraus Anhaltspunkte auf die wahren Schuldigen. Wenn nicht, nun,
dann wäre es allerdings um die beiden geschehen, denn so viel stand zweifellos
fest: Nur wenn er dem Prior die eigentlichen Täter präsentierte, kämen die
Fremden mit dem Leben davon.

     
    *
     
    Auch Albert war noch
wach, als ganz in der Nähe zur Matutin geschlagen wurde. Er konnte nicht zur
Ruhe kommen angesichts der schrecklichen Aussichten. Man erwartete von ihm
schier Unmögliches. Wie lange würde er sie hinhalten und sein
menschenunwürdiges Leben in diesem Loch noch fristen müssen, ausgeliefert den
Launen und Gnaden rücksichtsloser Halsabschneider?
    Schritte erklangen aus der Ferne
und näherten sich seinem Gefängnis, immer intensiver drangen Lichtschimmer wie
weiße Finger durch die Türritzen in seine Zelle, dann wurde ein Riegel bewegt.
Die schwere Eichenpforte schwang quietschend auf und ein Maskierter trat ein,
stellte sich zwischen Albert und den Weg in die Freiheit, in der einen Hand
einen schweren Leuchter, in der anderen eine Pergamentrolle sowie Feder und
Tinte. Der Maskierte war ein Hüne. Annähernd so groß und breit gewachsen wie
Robert, verschwendete Albert bei seinem Anblick keinen weiteren Gedanken mehr
an eine Flucht, zumal an dessen rechter Hüfte ein massiges Schwert im
Widerschein der Kerzen hell aufblitzte. Wortlos überreichte der Riese ihm
Leuchter und Schreibutensilien, dann schloss er die Tür und der Riegel fiel
wieder zurück ins Futter.
    Albert entrollte das Pergament und
hielt es ins Licht des dreiarmigen Leuchters.
    »Aha, dachte ich’s mir doch, ihr
elendigen Halunken!«, murmelte Albert und lachte bitter. »Notieren soll ich
also, was benötigt wird, um euch die Rosette zu vergolden. Und selbstredend
werdet ihr mich nach vollbrachter Tat sofort freilassen.« Wieder lachte Albert,
doch seinem Lachen fehlte jegliche Heiterkeit.
    »Ich werde euch die Zeit, die mir
bleibt, schön auf Trab halten, und gut will ich es mir zudem ergehen lassen!«
    Albert ging kurz in sich, dann
flog die Feder über das Pergament.
    »Erst einmal heraus aus diesem
Loch, denn ich brauche mehr Raum für meine Arbeit. Ebenso ist Sonnenlicht
vonnöten, also muss ein Fenster her. Nun noch die üblichen Gerätschaften wie
Feuerstelle, Kessel und Glaskolben, Waage, Pipette, Mörser et cetera perge
perge.«
    Er hielt kurz inne, bevor er
fortfuhr.
    »Doch nun zu mir …«,
und ein Lächeln huschte über sein Gesicht.
    Weiß Gott, ein wacher
Geist braucht einen vollen Bauch.
    Vielen Gaumenfreuden
musste Albert entsagen, seitdem er sein Gelübde abgelegt hatte, und so quälte
ihn nachts nicht nur einmal manch verführerischer Traum, während der arme Magen
knurrte und mit seinem Schicksal haderte. Nun war es an der Zeit, dem Drängen
nachzugeben. Mal schauen, dachte er sich, wie weit ihre Geduld wohl reichen
mag.

     
    *

     
    Osman wäre vor
Schreck beinahe der Länge nach in den Schlamm gefallen, als das Glockengeläut
zur Matutin aus unmittelbarer Nähe über die Befestigung der Domburg zu ihm
herüberschallte.
    Der neue Tag hatte schon begonnen,
und noch immer waren sie diesseits der Stadtmauern, die sich immer mehr als ein
unüberwindliches Hindernis herausstellten.
    Soeben hatten sie das
Pantaleonstor im Westen der Anlage hinter sich gelassen und nun meinte Osman
bereits die Nahtstelle zu sehen, an der die Stadtmauer mit dem Domburgwall
zusammentraf. Von dort aus wäre es nicht mehr weit und sie hätten wieder den
Ausgangspunkt ihres Marsches, das Brühltor, erreicht.

     
    *
    Auch Robert machte
sich so seine Gedanken, doch eilten sie denen Osmans bereits voraus, denn er
hatte die Hoffnung inzwischen aufgegeben, den Wall überwinden zu können.
Entweder waren die Mauern zu hoch oder, wenn denn ein Übergang zumindest
denkbar gewesen wäre, durch zahlreiche Wachen gesichert.
    Nun tauchte bereits das Brühltor
vor ihnen auf. Und auch der Regen schien nicht mehr so heftig zu prasseln.
    Sie waren

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