Das Geheimnis des Goldmachers
Worten,
offenbar war ihm die Antwort peinlich. Und umso gespannter rätselte Robert, was
nun folgen sollte, denn so unsicher hatte er seinen Freund bisher noch nicht
erlebt.
»Ich kann nicht schwimmen«,
flüsterte Osman schließlich kaum hörbar.
»Willst du mich zum Besten
halten?«, zweifelte Robert an der Aufrichtigkeit seines Freundes. »Als
Alexandriner entstammst einer der größten Seefahrernationen auf Erden.
Aufgewachsen bist du im Hause eines byzantinischen Kaufmannes, dessen Schiffe
die ganze Welt bereisen. Und ausgerechnet du willst mir weismachen, dass du
nicht schwimmen kannst?« Robert schüttelte den Kopf.
Nun allerdings wurde Osman wütend.
Reichte es Robert nicht, dass er ihm seine Schwäche eingestand, musste er sich
auch noch über ihn lustig machen?
»Was für einen himmelschreienden
Unfug du doch daherfaselst! Zum einen weißt du sehr wohl, dass ich alles andere
als ein Seemann bin, schließlich verbrachte ich die halbe Zeit der Überfahrt an
der Bordwand und spuckte mir die Seele aus dem Leib, während ihr anderen euch
die Mägen vollschlugt. Außerdem will mir nicht einleuchten, dass jeder Seemann
schwimmen kann. So nenn mir doch einen, der sich schwimmend von einem sinkenden
Schiff an Land rettete. Glaub mir, wenn dein Boot auf See leckschlägt oder ein
Sturm es zum Kentern bringt, so schätze dich glücklich, wenn du nicht schwimmen
kannst, so geht es wenigstens schnell zu Ende und dir bleibt unnötiges Elend
erspart. Ich kenne eine Menge Seemänner, die keinen Zug schwimmen können,
obwohl sie bereits alle Meere der Welt bereisten und nur die Planken ihres
Schiffes Heimat nennen.«
»Ist ja schon gut!«, murmelte
Robert beschwichtigend. »Streit hilft uns jetzt auch nicht weiter.«
Verdrossenes Schweigen.
Robert schaute gedankenverloren
auf den reißenden Strom, der gestern noch ein Rinnsal war, kaum breiter als
drei Ellen. Nun wurde ihnen der Regen, der sie bisher so trefflich verbarg,
doch noch zum Verhängnis. Das Wasser stand deutlich über Mannshöhe, auch wurde
es von der jenseits der Mauer fließenden Treibe in die Domburg hineingedrückt,
so musste also gegen die Strömung angeschwommen werden. Er allein würde es
vermutlich schaffen, doch nie und nimmer könnte er auch noch Osman hinter sich
herziehen. Und bis das Wasser wieder abgeflossen wäre, würden einige Tage
vergehen. So lange konnten sie sich unmöglich in der Domburg verborgen halten,
noch dazu ohne Proviant.
»Himmel, Arsch, hat sich denn alles
gegen uns verschworen?« Robert war zum Weinen zu Mute.
»Vielleicht gibt es ja doch eine
Möglichkeit«, sagte Osman plötzlich, während seine Augen das Gelände absuchten.
*
Von Stenweden wollte
zuerst seinen Ohren nicht trauen. Ein Novize meinte, angeblich einen Riesen am
Durchgang zur Domburg gesehen zu haben. Nun lag der Novize auf dem Krankenbett
seiner Abtei, nach einem Hufschlag ins Gemächt von Schmerzkrämpfen geschüttelt
und womöglich nicht mehr ganz Herr seiner Sinne. Zu verrückt erschien dem Hauptmann
der Gedanke, dass die Fremden von der einen Befestigungsanlage unter Gefahren
in die nächste eindrangen. Erst als er näher darüber nachdachte, erschien ihm
der Gedanke plötzlich gar nicht mehr so abwegig.
Schließlich waren die beiden nicht
ortskundig, wenn sie also tatsächlich in die Domburg eingedrungen waren, konnte
es sich in der Tat um ein Versehen gehandelt haben. Von Stenweden lachte still
in sich hinein – liebend gern würde er ihre verdutzten Gesichter sehen beim
Anblick einer weiteren Mauer, dort, wo sie freies Feld erwarteten.
»Herr Hauptmann, habt Ihr weitere
Befehle?«
Leutnant Toepfers Frage rief von
Stenweden wieder zur Pflicht. Nun hieß es rasch zu handeln, mahnte er sich zur
Eile, auch im Sinne der Fremden, denn es wäre allemal besser für sie, von
seinen Wachen aufgegriffen zu werden als von den Schergen des Priors, dessen
Urteil bereits gefällt war.
»Lasst die Wachen der Stadttore
unverändert bestehen«, entgegnete er mit fester Stimme. »Mit den Männern einer
der drei Streifen verstärkt die Bewachung der beiden Domburgtore und lasst die
beiden anderen in der Domburg patrouillieren!«
Toepfer schien noch etwas auf dem
Herzen zu haben und verharrte am Platz, anstatt schleunigst kehrtzumachen.
»Was gibt’s denn noch, Herr
Leutnant? Habe ich mich etwa unklar ausgedrückt?«
»Nein, Herr Hauptmann«, antwortete
Toepfer, bevor er zögerlich fortfuhr, »es gibt da allerdings ein Problem mit
einer Streife. Hat
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