Das Geheimnis des Highlanders (German Edition)
Ailsa.“
Als an die Tür geklopft wurde, war dies ein unüberhörbarer Hinweis darauf, dass man ihr das nicht gestattet würde. Wieder schlug sie die Laken zur Seite und blicke Ailsa an. Die Frau mochte alt sein, aber schon bei ihrer ersten Begegnung war Jocelyn deren eiserner Wille aufgefallen. Jetzt war sie von der letzten Nacht zu erschöpft, um ernsthaft Gegenwehr zu leisten, also ergriff sie die dargebotene Hand und ließ sich zunächst in eine kniende Position helfen. Schließlich stand sie auf. Ihr Kopf pochte bei jeder Bewegung, und ihr Magen schien abermals rebellieren zu wollen. Sie schloss die Augen und ließ sich von der Dienerin zu einem Stuhl führen.
Ailsa schien zu merken, welche Anstrengung die wenigen Schritte für sie bedeutet hatten, denn sie zog wortlos den Umhang gerade und entfernte sich von ihr. Jocelyn ließ den Kopf nach hinten gegen die Rückenlehne sinken, doch ein erschrockener Laut aus Ailsas Mund ließ sie hochfahren.
Die Magd hielt das zuvor in die Ecke geworfene, zerrissene und blutbeschmierte Untergewand in der Hand und betrachtete es entsetzt. Jocelyn drehte sich bei diesem Anblick ein weiteres Mal der Magen um.
„Mylady …“, begann Ailsa leise, hielt dann aber inne, zog die Schürze aus und wickelte den blutigen Stoff darin ein. „Benötigt Ihr unsere Heilerin?“
Jocelyn fand keine passenden Worte, um darauf zu antworten. Von den Auswirkungen abgesehen, die das Übermaß an Wein mit sich gebracht hatte – der erfolgreich die anderen Schmerzen aus ihrem Bewusstsein hatte verdrängen können –, benötigte sie ihrer Meinung nach eigentlich nur mehr Schlaf und das angekündigte Bad. Also schüttelte sie den Kopf.
Die alte Frau sah sich nun genau im Gemach um und konnte kaum glauben, welcher Anblick sich ihr dort bot. Der Raum hätte genauso gut ein Schlachtfeld sein können. Das Bett war komplett zerwühlt, die Laken lagen auf dem Boden verstreut, wo auch der Weinkrug gelandet war. Hinzu kam Jocelyns eigener erbärmlicher Zustand, der die Bedienstete nur in ihren Spekulationen bestärken konnte.
Auf ihre Geste hin nickte Ailsa und begann damit, das Gemach aufzuräumen, wobei sie offenbar diejenigen ignorierte, die draußen im Gang warteten und hin und wieder an der Tür klopften. Irgendwann ging Ailsa dann doch zur Tür, öffnete sie und wisperte jemandem etwas zu. Danach schloss sie diese und machte dort weiter, wo sie aufgehört hatte.
Jocelyn sah ihr zu, wie sie das Bett richtete und dank jahrelanger Übung innerhalb von ein paar Augenblicken neu bezog. Als sie das Laken hochhob, das einen Blutfleck aufwies, zögerte Ailsa kurz, legte es aber schließlich zu der übrigen Wäsche und beendete ihre Arbeit. Als der Raum wieder vorzeigbar und Ailsa mit ihrem Werk zufrieden war, blieb sie kurz stehen und nickte vor sich hin.
„Bleibt dort, wo Ihr seid, Mylady, bis ich zurückgekehrt bin.“
„Mir geht es gut, Ailsa, wirklich“, beteuerte sie, doch nicht mal sie selbst fand ihren Tonfall überzeugend.
„Die anderen werden nicht hereinkommen, solange ich es nicht zulasse. Schließt also die Augen und ruht Euch aus. Ich werde Euch etwas bringen, das Euren Magen beruhigt. Danach fühlt Ihr Euch wieder kräftiger und werdet in der Lage sein, ein Bad zu nehmen.“
Nahezu geräuschlos trat sie hinaus, und Jocelyn war wieder allein in ihrem Gemach, in dem nichts mehr auf die Geschehnisse der letzten Nacht hindeutete. Nur der Schmerz in ihrem Herzen würde sich nicht so leicht aus der Welt schaffen lassen.
5. KAPITEL
Connor starrte aus dem kleinen Fenster und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Er trank nicht oft so viel Wein, wie er es nach der Rückkehr in seine Räumlichkeiten am gestrigen Abend gemacht hatte. Nach dem zweiten Krug Wein hatte er befohlen, den MacCallum-Jungen freizulassen. Nach dem dritten schloss er sich in seinen Gemächern ein und versuchte zu verdrängen, was er getan hatte, das ihn die Flucht vor seiner neuen Ehefrau ergreifen ließ. Der vierte Krug erzielte dann endlich die gewünschte Wirkung und ließ ihn, auf seinem Stuhl sitzend, einschlafen.
Der Schleier, den der Wein um seinen Verstand gelegt hatte, half ihm nun, Duncans Gerede von ihm fernzuhalten, das sich um irgendwelches gestohlene Vieh drehte, das wiedergefunden werden musste. Er ignorierte seinen Cousin bereits seit geraumer Zeit, als auf einmal die Tür aufgestoßen wurde und er von einer kleinen, alten Verrückten attackiert wurde.
Obwohl Ailsa kaum bis zu seiner Schulter
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