Das Geheimnis des Highlanders (German Edition)
„Murdoch?“, sagte sie nachdenklich und machte den Verwalter damit auf sich aufmerksam.
„Aye, Mylady?“ Er trat zu ihr.
„Ist die Verwandte des Lairds eine liebliche Frau?“
„Oh, das ist sie, Mylady. Rhona ist lieblich und von sanftem Temperament und …“
Jocelyn schüttelte den Kopf und hielt abwehrend ihre Hand hoch, damit er aufhörte, ein noch längeres Loblied auf die Frau zu singen, die sie bald kennenlernen würde. Erstaunt über sich selbst, da sie ihre eigene Reaktion nicht zu erklären vermochte und es auch gar nicht wollte, sagte sie zu ihm: „Suchen Sie einen anderes Gemach für Rhona, Murdoch. Dieser hier eignet sich doch nicht für sie.“
Sie wartete nicht ab, ob er mit Fragen oder Protesten reagieren würde. Sie hatte ihn ihren Wunsch wissen lassen, und als Nächstes würde sie nach Cora suchen.
Als am nächsten Tag Connors Tante und Cousine eintrafen, wusste Jocelyn, sie hatte die richtige Entscheidung getroffen.
Jocelyn und Connor, viele der Ältesten, die Bediensteten und einige Dorfbewohner hatten sich versammelt, um die Ankömmlinge zu begrüßen. Eine Frau von atemberaubender Schönheit saß von ihrem Pferd ab und ging, nein, sie schlenderte an Jocelyn vorbei zielstrebig auf ihren Ehemann zu. Sie hörte, wie er ihren Namen nannte und die Arme für Jean aufhielt.
Rhona wiederum schien vier bis fünf Jahre älter zu sein als sie, doch Figur und Gesicht ließen sie weitaus jünger wirken. Blonde Locken fielen ihr bis weit in den Rücken, zusammengehalten wurden sie von einem lose geknoteten Tuch, das zu ihrem Gewand passte. Ein wunderschönes Kleid, wie Jocelyn zugeben musste, noch dazu von einem Schnitt, den sie bislang nie gesehen hatte und der Rhonas weibliche Rundungen zusätzlich betonte. Als wäre das nicht genug, um Jocelyns schlichtes Äußeres dem Spott preiszugeben, redete Rhona zudem in einem fast trällernden, aber dennoch sinnlichen Tonfall. Dabei war sie so leise, dass kein Wort von dem zu verstehen war, was sie zu Connor sagte. Vom ersten Moment an empfand sie Antipathie gegenüber dieser Frau.
„Jocelyn?“ Sie riss sich aus ihren Gedanken und sah, dass ihr Ehemann sie zu sich winkte. Während sie ihre schweißnassen Handflächen an ihr Gewand drückte, an ihr eindeutig einfaches Gewand, ging sie zu ihm.
„Das ist Rhona, meine Cousine. Und Rhona, dies ist meine Ehefrau Jocelyn.“
„Jocelyn? Was für ein schöner Name! Vielen Dank auch für die Einladung und damit für die Möglichkeit, dich kennenzulernen.“ Anschließend schlang sie die Arme um Jocelyn und drückte sie an sich. „Hast du bei diesen Grobianen, die hier leben, irgendetwas erreichen können? Wohl nicht, wie? Aber mit Tante Jeans“, Rhona zog sie mit sich zu Dougals Frau, die ihr zunickte, „und meiner Hilfe wirst du diese Festung in das angemessene Zuhause verwandeln, das sie sein soll.“
Vermutlich war ihre erste Einschätzung der Frau nach ihrem Erscheinungsbild voreilig und falsch gewesen. Rhona zog sie mit sich in die Burg und redete, ohne Luft zu holen. Hin und wieder stellte sie Fragen, die sie gleich darauf selbst beantwortete. Als Jocelyn einen Blick über die Schulter warf, entging ihr nicht der hilflose Gesichtsausdruck ihres Mannes, der zu befürchten schien, dass er ein Rudel Wölfe auf sie gehetzt hatte.
Sie hörte Dougal eine Bemerkung über eine Jagd machen, die die um ihn versammelten Männer laut auflachen ließ. Und nur Augenblicke später fand sie sich mitten in einer Auseinandersetzung zwischen Rhona und Murdoch wieder, bei der ihr schwindlig wurde, da sie zu oft zwischen den beiden hin und her schaute. Rhona musste gesiegt haben, denn plötzlich warf der Verwalter aufgebracht die Arme hoch und fluchte. Murdochs Erinnerung an eine Frau mit sanftem Temperament musste im Lauf der Jahre sehr verklärt worden sein, denn jetzt konnte er bestimmt nicht in dieser Weise über sie denken.
Rhona beklagte sich dann auch über den Zustand der Burg und insbesondere ihres Gemachs, doch es dauerte nicht lange, da hatten sie und Jena es sich mit ihren diversen Dienstmädchen und anderen Begleitern in ihren Räumlichkeiten bequem gemacht. Jocelyn konnte beobachten, wie Murdoch ständig zwischen beiden Türmen unterwegs war, Befehle erteilte und mehr fluchte, als sie es bei ihm je zuvor erlebt hatte.
Sie selbst kam sich wie eine Versagerin vor. Wenn Connor bislang Umgang mit solchen Frauen hatte, dann konnte sie ihn nur enttäuschen. Wenn Rhona diejenige war, die ohne Unterlass
Weitere Kostenlose Bücher