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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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sehe ein, dass es sein muss.“
    Hand in Hand näherten sie sich wieder dem Hause der Bernhardis.
    Leonhard Bernhardi saß unterdessen in seinem Arbeitszimmer. Er hatte einen weiteren Teil seines Textes übersetzt, dessen Entzifferung nicht leichter geworden war. Die vielen Spezialausdrücke erforderten oftmals eine mühevolle Recherche nach einem adäquaten Ausdruck. Dass er noch nicht genau wusste, wohin sich alles bewegen würde, erschwerte die Aufgabe zusätzlich.
    Nach langer Zeit des Ausprobierens und Experimentierens war es dann so weit: Unter meinen Händen war ein Gerät entstanden, mit dessen Hilfe es mir tatsächlich gelungen war, ferne Gegenstände so zu sehen, als stünde ich viel näher bei ihnen als in Wirklichkeit. Erst als ich mir meiner Erfindung ganz sicher war, versuchte ich, mit meinen wenigen Bekannten in Paris die Sache anzusprechen. Ich erzählte ihnen aber nichts von der tatsächlichen Fertigstellung des Rohres, die ja bereits erfolgreich ausgeführt war, sondern diskutierte mit ihnen nur, ob sie eine solche Maschine für denkbar hielten und zu welchem Nutzen sie eingesetzt werden könnte
.
    Aber die Ablehnung meiner Gedanken war offensichtlich. Einer sagte mir sofort zu, wenn es ein solches Instrument tatsächlich gäbe, würde er seine ganze Habe darauf verwetten, dass der Teufel persönlich ihm solches vorgaukeln würde. Er würde ein solches Gerät sofort den Flammen übergeben. Ähnlich klangen auch die Aussagen der anderen, die ich befragte. Nur einer meiner Freunde erlaubte essich, mich nach der mathematischen oder physikalischen Begründung zu fragen, mit der ein solches Instrument erklärt werden sollte. Daraufhin musste ich aufgeben, denn diese kannte ich ja auch nicht. Ich sah nur, dass es funktionierte. Kurzum, mir wurde klar, dass ich gut daran täte, vorerst niemanden in das Geheimnis einzuweihen, denn ich hätte mich in Gefahr begeben, entweder als ein mit dem Satan im Bunde Stehender der Heiligen Inquisition ausgeliefert oder aber von den wissenschaftlichen Größen meiner Zeit als Scharlatan erwiesen zu werden – etwas, das meinem akademischen Selbstmord gleichgekommen wäre. Nach so vielen Jahren unaufhörlicher Arbeit war es mir unmöglich, die Früchte meiner Bemühungen zu genießen! Oh, wie unglücklich wurde ich darüber!
    Als mir klar geworden war, dass ich dieses Geheimnis nun für mich behalten musste und die Zeit für eine Weitergabe meiner Kenntnisse völlig ungewiss sein würde, begann ich mich mit meinem Schicksal abzufinden. Ich versuchte, an allen möglichen Gegenständen meine Erfindung anzuwenden, um festzustellen, wie nützlich diese sein könnte. Ich schrieb alle Ergebnisse sorgfältig auf und verwahrte sie
.
    Bernhardi legte eine Pause ein. Eigentlich war die Sache doch beendet, aber noch immer lagen einige Seiten vor ihm, die übersetzt werden mussten. Der Magister fragte sich, ob die Einschätzung der Zeitgenossen dieses Heinrich von Saalfeld heute noch die gleiche Brisanz hätte. Immerhin waren ja fast hundert Jahre seitdem vergangen.
    Inzwischen blühten überall die Wissenschaften auf. Trotzdem: Ohne eine genaue Erklärung, warum verschiedene Linsen die Wirkung erzeugen sollten, ferne Gegenstände nahe zu sehen, hätte es diese Erfindung auch heute noch genauso schwer wie früher. Alles, was von der aristotelischen Vorstellung vom Aufbau der Welt abwich, zog den Häresieverdacht der Kirche auf sich. Und das wiederum ließ die weltliche Obrigkeit einschreiten.
    Bernhardi seufzte, er fühlte sich als Wissenschaftler hin- und hergerissen. Aber hatten sie andererseits nicht recht? Wenn alles infrage gestellt werden konnte, würde sich dann nicht alles auflösen? Wäre es nicht das Ende des christlichen Abendlandes, einer Kultur, von der doch immer behauptet wurde, sie sei allen anderen überlegen? Auch Bernhardi selbst war von der Vorrangstellung der christlichen Wissenschaften überzeugt.
    Er wandte sich dem nächsten Teil der Aufzeichnungen zu.
    Eines Nachts, als der Mond besonders hell meinen kleinen Arbeitsraum erleuchtete, kam mir die Idee, mein Instrument auf unseren himmlischen Begleiter zu richten. Erstaunt erblickte ich keine glatte, vollkommene Oberfläche, wie von der Überlieferung behauptet, sondern ein sehr raues Land vor mir. Die Mondscheibe schien von Löchern durchzogen, kleineren und solchen von geradezu gigantischem Ausmaß
.
    Hier schien also unsere Überlieferung zu irren. Neugierig geworden über diese erstaunlichen Beobachtungen am

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