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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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Himmel, richtete ich mein Rohr auf die Sterne. Und siehe da, die Anzahl derselben vermehrte sich auf eine ungeheure Anzahl, weit mehr als das Auge alleine zu sehen vermochte. Sogleich versuchte ich an Hunderten von Sternen zu ergründen, ob das Rohr an ihnen etwas offenbaren würde, was dem Auge sonst verborgen war. Aber außer der größeren Zahl derselben erkannte ich keine neuen Dinge
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    Dann unterzog ich die Wandelsterne einer Observation. Und hier erblickte ich erstaunliche, mir zunächst gänzlich unerklärliche Erscheinungen. Die Venus, sowohl als Abend- oder Morgenstern, erschien mir im Verlauf der Monate unterschiedlich groß, etwas, das wegen der Unveränderlichkeit der vollkommen geschaffenen Gegenstände des Schöpfers nicht zu erwarten war und von den Weisen auch ausgeschlossen wird. Stand die Venus als Abendstern am Himmel, so erschien sie mir konkav zur Sonne hin beleuchtet, ja sie zeigte ein Antlitz, das den unterschiedlichen Lichtgestalten des Mondes in vielerleiHinsicht ähnelte. Am Morgenhimmel, wenn die Venus sich als Morgenstern vor der Sonne aus der Dämmerung erhebt, war es dann gleichermaßen: Wieder war die Venus konkav hin zur Sonne beleuchtet
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    Jupiter war im Rohr eine ansehnliche Scheibe, und mit Ausnahme der Venus an seltenen Tagen, der größte unter den Wandelsternen. Saturn erschien wesentlich kleiner. Mars war mir immer ein sehr schwer zu beobachtender Wandelstern. Er schien mir sehr klein zu sein und die Kraft meines Rohres nicht ausreichend, um mehr zu entdecken als eine winzige rötliche Scheibe
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    Merkur, der flinke Wandelstern nahe der Sonne, erschien mir in den seltenen Augenblicken seiner Sichtbarkeit von sehr geringer Gestalt. Ich glaubte, bei ihm auch eine Phase wie bei der Venus gesehen zu haben, aber diese Beobachtung blieb mir immer sehr unsicher
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    Monate verbrachte ich mit Überlegungen, wie diese seltsamen Erscheinungen zu erklären seien. Mehr als einmal war ich der Überzeugung nahe, dass tatsächlich eine finstere Macht mir dies alles nur vorgaukelte. Die unumstrittene Vorstellung des Ptolemäus, darin Aristoteles folgend, dass sich alle Gestirne und die Wandelsterne um die Erde bewegten, schien sich unmöglich in meine Beobachtungen einfügen zu wollen. Es sei denn, das System der verschiedenen Kreise, auf denen sich die Gestirne um die Erde bewegen sollten, würde noch einmal um ein Vielfaches erweitert werden. Aber konnte Vollkommenheit nur dadurch gewahrt werden, indem man ihre Herleitung immer komplizierter machte?
    Bernhardi hatte sich in einen Rausch gearbeitet. Jetzt hatte er den Ansatzpunkt für die epochale Bedeutung der Entdeckung dieses unbekannten Meisters entdeckt. Sofort fiel ihm die kleine Schrift des Kopernikus ein, deren einziger Mangel der fehlende Beweis zu sein schien, obschon sie durch die einfache Art der Erklärung der Himmelserscheinungen von bestechender Logik und von erhabener Majestät war. Ihm dämmerte, dass hierzum ersten Male eine Art Beweis für die Richtigkeit der Thesen des Ermländers vorliegen könnte. Denn alles, was Saalfeld mit seinem neuen Gerät am Himmel sah, passte ausgezeichnet zur Theorie des Kopernikus von der Drehung der Erde um die Sonne. Oder war alles, was dieser Heinrich von Saalfeld zu sehen glaubte, doch nur ein Trug – aus welchen Gründen auch immer? Was würde Einhard dazu sagen?
    Wie im Fieber arbeitete Bernhardi weiter.
    Ich durchforschte alle Schriften der Alten, soweit ich ihrer habhaft werden konnte, und fand nicht einen Vertreter für die These, dass nicht die Erde der Mittelpunkt sei, um die sich alles bewege. Bei Heraklit endlich fand ich die Lehre vom Zentralfeuer, um das sich Erde und Sonne, einander gegenüberstehend, umkreisten. Das alleine schien mir durch meine Beobachtungen nicht bestätigt zu werden. Bis ich dann auf einen Vertreter der griechischen Gelehrsamkeit, Aristarchos von Samos, lange vor unserer Zeitrechnung lebend, gestoßen wurde. Dieser erklärte, dass es für die Hypothese des Heraklit unerheblich sei, welchen Radius man für den Umlauf der Sonne um das Zentralfeuer wählte. Er selbst setzte ihn gleich null. Damit nahm die Sonne den Platz des Zentralfeuers ein und ist nun die Mitte der Welt. Die Erklärung für die Frage, warum denn die Bewegung der Erde um die Sonne sich nicht in kleinen Bewegungen der Sterne am Himmel widerspiegele, lieferte er gleich mit: Diese seien zu weit von der Erde entfernt, als dass man diesen Effekt bemerken könne. So öffnete sich mir mit einem Male

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