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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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laut. „Bruder Konrad. Ich muss Euch sprechen. Es ist dringend.“
    „Wer ist da?“, ertönte es aus dem Inneren der Kammer.
    „Ein Besucher, den Ihr bereits erwartet haben dürftet.“
    „Ich erwarte niemanden.“
    „O doch, wir müssen über unseren Kontrakt sprechen.“
    „Was für einen Kontrakt?“
    „Bruder Konrad, zum letzten Mal, öffnet die Tür! Ich vertrete die große Hüterin, genau die, die mit Euch damals den Kontrakt schloss. Solltet Ihr nicht öffnen, so werde ich dafür sorgen, dass Ihr noch heute der peinlichen Befragung unterworfen werdet. Wie Ihr wisst, öffnet sich dem weltlichen Arm auch dieses Kloster.“
    Dann war es für einen Moment still. Aus dem nahe gelegenen Kirchenschiff drang leise der Klang eines gregorianischen Chorals. Das
„Kyrie eleison“
war deutlich zu hören. Dann wurde die Türe langsam und, wie es schien, sehr vorsichtig geöffnet. Das
„Christe eleison“
schwebte sachte über den Kreuzgang und erreichte die kleine Kammer. Der Fremde trat ein und schloss die Tür hinter sich.
„Kyrie fons bonitatis“
schloss sich zaghaft an.
    „Wer seid Ihr?“, fragte ängstlich Bruder Konrad.
    „Das tut nichts zur Sache. Ihr erinnert Euch an den Kontrakt, den Ihr mit der großen Hüterin damals abgeschlossen hattet und der Euch ein Leben in stiller Klostergemeinschaft ermöglichte?“
    Bruder Konrad spürte, dass es für ihn kein Entrinnen gab. „Ich erinnere mich.“
    „Kyrie rex genitor“
erfüllte die Räume.
    „Dann wisst Ihr auch, dass die große Hüterin ihre Verpflichtungen eingehalten hat.“
    „Ich weiß.“
    „Alme Pater“
erklang sanft und in wiegenden Tönen.
    „Was man von Euren Verpflichtungen nicht behaupten kann!“
    „Inwiefern nicht?“
    „Dominator Deus.“
    „Ihr habt Euer Kloster verlassen und Eure Kenntnis von der großen Verblendung nicht für Euch behalten.“
    „Ich habe nichts verraten. Ich wollte nur wissen, was in der Welt draußen vor sich geht!“
    „Splendor aeterne.“
    „Ihr konntet auch nichts verraten. Aber durch Eure Zeugenschaft wird es als erwiesen gelten, dass die große Verblendung einmal die Welt in Brand zu setzen drohte. Sie wurde dem Vergessen entrissen.“
    „Aber wenn, dann doch nicht durch mich“, Bruder Konrad sprach schneller. Sein hastiger Atem verbreitete sich in der kleinen Kammer.
    „Firmator sancte.“
    „Nicht durch Euch, aber mit Euch als einzigem noch lebenden Zeugen, der denjenigen, der die große Verblendung ins Werk gesetzt hat, gekannt hat. Und vergesst Euren abendlichen Ausflug aus dem Konvent nicht. Damit hattet Ihr Euren Kontrakt bereits gebrochen. Es lohnt sich nicht, dies abzustreiten. Wir hatten so etwas nie völlig ausschließen können und dem Prior Anweisung gegeben, Euch in einem solchen Falle unbemerkt begleiten zu lassen. Nun kann die große Verblendung aufs Neue versuchen, die Welt zu vergiften. Ihr macht uns mit Eurem Verhalten Mühe.“
    Bruder Konrad schwieg betroffen.
    Der Unbekannte fuhr fort: „Woher habt Ihr gewusst, dass Magister Bernhardi etwas von der großen Verblendung in Erfahrung zu bringen schien?“
    „Bruder Remigius hatte mir unvorsichtigerweise sehr genaubeschrieben, was bei der Besichtigung der alten Klosterfunde ans Tageslicht befördert worden war. Daraus konnte ich mir alles zusammenreimen.“
    Der Besucher dachte kurz nach. „Tja, obschon es sehr interessant wäre, zu erfahren, wie die große Verblendung wieder zum Leben erweckt wurde … Letzten Endes kommt es darauf auch gar nicht an.“ Er sah sich um und trat hinüber zu Bruder Konrads einfacher Schlafstätte. Sie bestand aus einer armseligen, mit Stroh gefüllten Matratze. Nur ein kleines Kissen zur Erleichterung für die Altersbeschwerden des Bruders lag als ein verzeihlicher Luxus am Kopfende. Kurz entschlossen ergriff der Fremde das Kissen, und nachdem er in einem plötzlichen Ausbruch von Gewalt Bruder Konrad auf sein Lager gezerrt hatte, drückte er ihm das Kissen aufs Gesicht. Es dauerte nicht lange, bis Bruder Konrad sich nicht mehr rührte.
    Der Fremde warf das Kissen in eine Ecke, überzeugte sich noch einmal kurz, dass keinerlei Atmen des alten Bruders mehr zu spüren war, und verließ dann eilends die Kammer.
    „Christe eleison“
, erscholl es aus dem Kirchenschiff.
    Auf dem Weg nach draußen kam er wieder an der Pforte vorbei. „Gebt dieses Schreiben dem Prior Johannes von Cleve. Unverzüglich.“
    „Ich bin schon auf dem Wege.“
    Der Fremde sah dem Pförtner kurz hinterher, dann

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