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Das Geheimnis des Himmels

Das Geheimnis des Himmels

Titel: Das Geheimnis des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Schoch
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die Pforte der Wahrheit. Wenn sich der Glaube an gauklerische Kräfte bezüglich meines Rohres als nichtig erwiese, könnte sich unser Verständnis der Welt von Grund auf ändern. Dann wäre die Erde nicht mehr die Mitte der Welt und dann müsste die Frage nach der Bedeutung des Erlösers neu beantwortet werden. Und dann sollte wohl auch die Frage neu gestellt werden, woher die Herrschenden ihre Legitimation beziehen
.
    Völlig erschöpft musste Bernhardi einsehen, dass er heute nicht mehr den Rest des Textes schaffen würde. Auch so schon wusste er kaum noch, worauf er seine Gedanken richten sollte: auf die aufsehenerregenden Beobachtungen, auf deren Konsequenzen für die Wissenschaft und damit auch für seinen Verantwortungsbereich – oder natürlich, nicht zu vergessen, für Theologen und Kirche. Der Magister war äußerst gespannt, ob denn dieser Heinrich von Saalfeld nicht doch einen Versuch gemacht hatte, der Öffentlichkeit einen Hinweis auf seine Entdeckung zu geben. Konnte er wirklich das ganze Unternehmen, dem seine jahrelange Leidenschaft gegolten hatte, so einfach aufgegeben haben?
    Er musste unbedingt mit Auerbach darüber sprechen. Immerhin war dieser auch Lehrer der Astronomie und musste ein besonderes Interesse an den Erkenntnissen des Heinrich von Saalfeld haben. Außerdem erinnerte Bernhardi sich an ihr Gespräch in dessen Keller. Es war genau um dieses Thema gegangen, mit dem Saalfeld ihn nun konfrontierte.
    Bernhardi legte seine Übersetzungen beiseite und packte das Bündel mit den wertvollen Papieren zusammen auf die andere Seite des Tisches. Er ging zu einem Regal mit Büchern und zog die Abschrift, die Auerbach bereits angefertigt hatte, heraus. Wo könnte er die Dokumente sicher aufbewahren? Da fiel ihm sein eigener kleiner Keller ein, der nur noch dazu diente, ein paar gute alte Rotweinflaschen kühl zu halten. Sonst wurde er nicht mehr benutzt. Bernhardi musste lächeln. Er stellte sich Elisabeth vor, die diesen Kellerraum fast nie betrat, weil er ihrer Meinung nach viel zu schmutzig, eng und düster war. Sie würde ihn wohl verständnislos anschauen.
    Er ergriff eine Talglampe und ging die Stufen zum alten Keller hinunter. Dort öffnete er das verrostete Schloss zur Eingangstür und betrat den finsteren Raum. Der Vorbesitzer des Hauses hatte ihm erzählt, dass dieser Keller sogar einmal einenBrand überstanden hatte, dem der Rest des Hauses weitgehend zum Opfer gefallen war. Dies schien ihm ein gutes Kriterium für sein Versteck zu sein.
    Bernhardi trat zur Wand und betastete sie, bis er einen losen Ziegel fand, der sich herausziehen ließ. In dem dahinterliegenden Hohlraum verstaute er die Abschrift. Das Original musste er bei sich behalten, um damit zu arbeiten. Er konnte nicht sicher sein, ob Auerbach, der des Griechischen unkundig war, alles fehlerfrei wiedergegeben hatte. Dann verschloss er die Stelle wieder mit dem Ziegelstein. Niemand konnte erkennen, dass sich dort ein Versteck befand. Früher hatte der Hohlraum der Familie als eine Art Geldtruhe gedient. Jetzt brauchten sie so etwas nicht mehr, da sie bei einer Zweigstelle der Fugger ihre Münzen deponieren konnten. Seit vielen Jahren hatten die Augsburger eine Dependance in ihrer Stadt.
    Zufrieden verließ Bernhardi den Keller. Als er wieder oben angelangt war, bemerkte er, dass Friedrich von der Aue an der geöffneten Haustür stand und sich von Barbara verabschiedete. „Na, habt Ihr gut auf Barbara aufgepasst?“, begrüßte er den Studenten.
    Barbara kam seiner Antwort zuvor: „Aber Vater, ich kann auf mich selbst aufpassen … Aber denk dir, heute war ich schon froh, einen starken Mann bei mir gehabt zu haben.“
    „Was ist denn geschehen?“
    „Während unseres Spaziergangs durch die botanischen Anlagen – du weißt schon, unweit des neuen Klosters – lief jemand schnell von hinten heran, als sei er auf der Flucht. Da habe ich doch einen leichten Schrecken bekommen.“
    „Dabei hast du ihn sogar als Erste bemerkt“, lobte Friedrich sie. „Es muss sich um Maximilian Hartung gehandelt haben. Obwohl er ziemlich verhüllt war, konnte ich einen kurzen Blick auf sein Gesicht werfen.“ Friedrich lachte. „Na ja, die Gegend ist ja bekannt als Treffpunkt für Liebschaften. Vielleicht hat er sichvor den Avancen einer Dame schützen müssen?“ Während er das sagte, merkte er schon, dass er einen Fehler gemacht hatte.
    Bernhardi musterte ihn kurz. „War das der Grund für das Ziel Eures Spazierganges mit

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