Das Geheimnis des Himmels
wünschten.
„Ah, Ihr seid es, Magister Auerbach.“
„Jawohl, Reinhold. Ich habe hier einen lieben Kollegen von der Universität Köln zu Gast. Wir arbeiten an der gleichen philosophischen Fragestellung. Leider hatte er nur diesen einen Abend zur Verfügung, da er heute wieder zurückreisen muss. Also haben wir unser Arbeitszimmer hierher verlegt. Es hat sich gelohnt, unsere Erkenntnisse sind gewachsen. Aber trotzdem sind wir froh, nun wieder ans Tageslicht zu gelangen. Und bitte, teilt dem Nachtwächter bei nächster Gelegenheit mit, dass wir natürlich seine Rufe gehört haben. Aber wir waren so in unsere Arbeit vertieft, dass eine Störung alles hätte zunichtemachen können. Wir werden an geeigneter Stelle seine vorbildliche Pflichterfüllung zu erwähnen wissen. Genau wie Eure.“
Der neue Pedell war so überrascht von Auerbachs überzeugendem Auftritt, dass ihm gar nicht einfiel, an der Geschichte könne etwas nicht stimmen. Außerdem machten beide Besucher einen sehr distinguierten Eindruck. So sahen keine Einbrecheraus. Zudem war Auerbach ihm von seiner Bewerbung um diese Stelle her bekannt.
„Dann kann ich unserem Nachtwächter ja alles erklären.“
„Gewiss. Doch nun wünsche ich Euch einen angenehmen Tag.“ Damit entfernten sich beide gemächlichen Schrittes aus dem Universitätsgebäude.
26
Am frühen Morgen betrat Elisabeth Bernhardi die Kammer, die sich Barbara und Sophia teilten.
„Guten Morgen, ihr beiden“, begrüßte sie ihre beiden ältesten Töchter.
„Guten Morgen, Mutter, bist du schon aufgeregt?“ Barbara war selbst voller gespannter Unruhe, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen.
„Ja, ich muss es zugeben, heute erwarte ich einen Tag voller freudiger Überraschungen.“ Nach kurzer Pause fügte Elisabeth hinzu: „Wir wollen heute einen guten Eindruck hinterlassen. Also versucht euch so gut herauszuputzen, wie es unter den Umständen hier möglich ist.“
Barbara hätte diesen Rat gar nicht nötig gehabt. Denn immer, wenn einer von Friedrichs viel zu seltenen Besuchen anstand, bemühte sie sich, besonders schön auszusehen.
„Das gilt auch für dich, Sophia!“
Die so Angeredete knickste frech vor ihrer Mutter und grinste über das ganze Gesicht. Eigentlich war ihr die eigene Kleidung völlig egal, wenn sie nur bequem genug war, umdamit alles Mögliche anzustellen. Im Grunde freute sich Elisabeth über Sophias selbstbewusstes Wesen, das sie oft an das Verhalten eines Knaben erinnerte, der ihr versagt geblieben war. Sophia zog sich in die kleine Kemenate zurück und Barbara nutzte die Gelegenheit, um ihrer Mutter ihre Wünsche anzuvertrauen.
„Sag, Mutter, ist es wirklich so klug, mit meiner Vermählung zu warten, bis Friedrich eine feste Anstellung als ausgebildeter Syndikus gefunden hat?“
„Es ist das Klügste.“
Barbaras Hoffnung auf Zustimmung ihrer Mutter zu einem früheren Vermählungstermin sank schlagartig.
„Aber“, fuhr Elisabeth fort, „ich habe mich auch schon gefragt, ob wir wirklich so lange warten sollten. Ich sehe, wie glücklich du mit Friedrich bist. Außerdem ist unsere Stellung hier in Strehla äußerst unsicher. Wir wissen nicht, wie genau wir observiert werden. Seit ihr Nickel Pflug klargemacht habt, dass sein Ansinnen dir gegenüber zwecklos ist, verhält er sich uns gegenüber sehr feindselig. Die Pflugs sind es nicht gewohnt, an der Ausführung ihrer Pläne gehindert zu werden. Glücklicherweise sind wir imstande, uns selbst zu versorgen, indem wir Kräuter suchen und Arzneien herstellen. Allerdings sind wir doch auf ihr Wohlwollen angewiesen, uns Unterkunft zu gewähren. Etwas muss geschehen. Ich habe lange darüber nachgedacht und auch deinem Vater bereits einige Andeutungen gemacht.“
„Welche Andeutungen?“
„Dass es vielleicht nicht klüger, aber ratsamer wäre, wenn ihr beide so bald wie möglich den Bund der Ehe eingehen würdet.“
Barbara konnte ihr Glück kaum fassen. Mit Tränen in den Augen fiel sie ihrer Mutter um den Hals.
„Na, Barbara, so glücklich?“
„Ja, so glücklich“, konnte ihre Tochter nur flüstern.
Dann wurde Elisabeth wieder ernst. „Ich muss dir allerdings gestehen, dass ich eine Bitte an dich habe.“
„Du eine Bitte an mich?“
„Ja, zunächst war ich bei der Entscheidung über einen früheren Hochzeittermin selber glücklich, weil ich dich damit aus der unmittelbaren Gefahr entlassen sehe, Barbara. Aber ich habe natürlich auch Verantwortung für Katharina, Sophia und unser
Weitere Kostenlose Bücher