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Das Geheimnis Des Kalligraphen

Das Geheimnis Des Kalligraphen

Titel: Das Geheimnis Des Kalligraphen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafik Schami
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schnell aufgeräumt hatte und vom gemeinsamen Frühstück nichts mehr zu sehen war.
    Plötzlich entdeckte Salman auf dem Boden Nuras silberne Haarspange. Er ergriff das schöne Schmuckstück und presste es an sein Gesicht.
    Er hätte weinen können, so leid tat es ihm, dass er Nura mit seiner Einladung so viel Mühe und Angst bereitet hatte. Und trotzdem lachte sein Herz über Karams Enttäuschung.
    Er öffnete die Schublade, um den Artikel über Ibn Muqla noch einmal durchzublättern. Da entdeckte er die letzte Seite, die Nura ihm noch hatte vorlesen wollen: ein Gedicht, das eine Frau im elften Jahrhundert über ihre Liebhaber geschrieben hatte.
    Schnell stopfte er die Blätter in die Schublade zurück.
     
    Und schon stand Karam in der Tür. »Du bist heute aber sehr fleißig. Hast du überhaupt schon etwas gegessen?«, fragte er.
    Salman schüttelte den Kopf: »Ich habe keinen Hunger«, sagte er und beugte sich wieder über sein Heft. Karam stellte sich hinter ihn und las laut von dem Zettel ab, den Salman vor sich hatte: »Die Schrift ist ein universelles Gleichgewicht zwischen Irdischem und Himmlischem, Horizontalen und Vertikalen, Bogen und Gerade, Offenheit und Verschlossenheit, Weite und Enge, Freude und Trauer, Härte und Weichheit, Schärfe und Verspieltheit, Schwung und Fall, Tag und Nacht, Sein und Nichts, Schöpfer und Schöpfung.«
    Er hielt inne: »Ein wunderbarer Spruch. Woher hast du das?«, fragte er.
    »Aus einem großen, dicken Heft, in dem der Meister seine Geheimnisseaufbewahrt«, sagte Salman, »das Heft schließt er mit seinen wichtigsten Sachen in einem großen Schrank ein.«
    »Was für Geheimnisse?«, fragte Karam.
    »Seine Rezepturen für Geheimtinten, zwei Bücher über Geheimschriften, das Heft mit den Goldblättern, sein teures Messer, seine Tintenrezepturen und eben das Heft.«
    »Und was steht im Heft außer klugen Sprüchen?«
    »Ich weiß nicht, ich konnte nur einen Blick hineinwerfen. Es ist sehr dick«, antwortete Salman und ordnete seine Zettel, um seine Nervosität zu überspielen. Dann legte er die Hand nachdenklich an den Mund, als hätte er sich an etwas erinnert: »Ja, da steht noch etwas über tote und lebendige Buchstaben, aber ich habe es nicht verstanden. Manchmal sind es Seiten, die in Geheimschrift geschrieben sind. Die Buchstaben sind arabisch, aber die Sprache ist weder arabisch noch persisch noch türkisch«, fügte er hinzu.
    »Tote Buchstaben? Bist du sicher?«, fragte Karam überrascht. »Ja, aber warum interessiert dich das?«
    »Nun, es ist immer gut zu wissen, was harmlose Leute so im Schilde führen. Tote Buchstaben?«, erwiderte Karam und seine Augen blitzten teuflisch.
    Karam musste wieder ins Café zurück und ließ Salman endlich allein. Er ging in die Küche und stieg auf einen Stuhl, um aus einem kleinen Fenster über dem Gewürzregal auf die Straße zu schauen. Er sah Karam die Straße in Richtung Straßenbahnhaltestelle laufen.
    Er machte sich einen Tee und beruhigte sich langsam. Als er Nura anrief, war es bereits nach vier.
    »Hier ist Salman«, sagte er aufgeregt, »ist alles in Ordnung?«
    »Ja, mein Herz. Ich habe aber beim Sprung durch das Fenster meine Haarspange im Garten verloren.«
    »Nein, nein. Sie war schon vorher unter das Bett geraten. Soll ich sie behalten als Erinnerung an unser erstes Abenteuer?«
    »Sie gehört dir. Ich habe sie mir vor Jahren vom Trinkgeld einer reichen Kundin bei der Schneiderin Dalia gekauft. Aber sag mir, was war das für ein plötzlicher Kontrollbesuch?«
    »Ich verstehe es auch nicht. War das ein Zu- oder ein Überfall, reine Neugier oder wollte er uns erwischen und wenn ja, warum?«
    »Vielleicht, um mich zu erpressen. Vielleicht ist er auch ein einsamer armer Teufel ... «
    »Nein, nein. Karam macht sich nichts aus Frauen, wenn du verstehst, was ich meine«, unterbrach Salman sie, »da bin ich sicher, und gerade das macht seinen plötzlichen Besuch unglaubwürdig, angeblich hat er sich im Café gelangweilt.«
    Sie sprachen eine Weile, stellten ihre Vermutungen an und träumten vor sich hin, dann aber fiel Salman etwas ein, was er Nura unbedingt erzählen wollte.
    »Bete für mich, dass das Verhör friedlich vorübergeht«, sagte er bittend. Er hätte es ihr am liebsten schon im Bett gesagt und dabei ihre tröstenden Küsse geschmeckt, hatte es aber vergessen.
    »Was für ein Verhör?«, fragte Nura.
    »Irgendjemand hat den Chef bespitzelt und die Nachricht von der bevorstehenden Gründung der

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