Das Geheimnis Des Kalligraphen
Freier begegnete, der die Frau gerade verließ. Ein großer, schmutziger und vulgärer Mann, der sich, als er Hamid sah, zu der Hure umdrehte und sagte: »Bei so einem kleinen Fahrrad kann sich deine Garage von meinem Lastwagen erholen.« Als Hamid die betrunkene Hure lachen hörte, verließ er das Haus.
So wartete er sehnsüchtig auf die Ankunft seiner Tante, die ihrerseits großes Interesse hatte, ihre erste unglückliche Vermittlung wieder wettzumachen. Als er ihr den Namen der jungen Frau nannte, fand sie im Labyrinth ihrer Beziehungen schnell eine Freundin aus der Schulzeit, Badia, die in derselben Gasse wie die Familie des gesuchten Mädchens wohnte. Badia war auch der Meinung, dass Nura genau die passende Frau für Hamid sei.
War sie das? Was hätte er gegeben, wenn sie es gewesen wäre. Sie war etwas zu mager, aber ihr Gesicht hatte etwas Unwiderstehliches. Und für seinen Geschmack redete sie zu viel. Nach außen hin schien sie gut erzogen, aber sie hatte es nicht gelernt, den Mund zu halten. Vor allem wenn er ihr etwas erzählen wollte, übernahm sie den Faden und mischte sich ein. Manchmal wusste er nicht mehr, was er sagen wollte. Irgendwie war sie wie ein Mann erzogen und meinte, wie Männer über alles reden zu können. Am Anfang fand er es lustig, aber bald verlor sie in seinen Augen ihre Weiblichkeit. Im Bett fühlte er sich unwohl, da sie sehr kleine Brüste hatte und sich zudem einen Monat nach der Hochzeit ihre Haare wie ein Junge hatte kurz schneiden lassen. Aber sie hatte einen angenehmen Geruch und war vornehm in allem, was sie tat. Manchmal sah er, dass sie weinte, aber, wie sein Großvater eines Tages sagte, »Frauen sind Meereswesen. Sie verfügen über unendlich viel Salzwasser.« Wenn er auf die Tränen seiner Frau achten würde, käme er zu nichts mehr.
Er hatte gehofft, dass sie schwanger würde. Man hatte ihm oft erzählt, solche Frauen gewännen während einer Schwangerschaft an Brust, Bauch und Hintern. Er versuchte sooft wie möglich mit ihr zu schlafen und so wenig wie möglich mit ihr zu sprechen. Und wenn sie redete, tat er so, als ob er nicht hörte. Doch statt weiblicher oder schwanger zu werden, wurde sie widerspenstig. Manchmal hatte er das Gefühl, dass sie verrückt war. Mitten im Liebesspiel begann sie auf einmal zu lachen, er wurde das Gefühl nicht los, dass sie sich über ihn lustig machte.
Manchmal kam er müde und hungrig nach Hause und stellte fest, dass sie nicht gekocht hatte. Sie habe den ganzen Tag gelesen und nachgedacht, sagte sie. Mehrmals kam er unangekündigt nach Hause, weil er den Verdacht hatte, sie habe entweder einen Liebhaber oder sitze mit den Nachbarinnen zusammen, was er ihr verboten hatte. Aber sie beteuerte immer wieder, sie besuche niemanden und keine Nachbarin besuche sie, aber sie lächelte dabei kalt. Oft klingelte das Telefon, und wenn er abnahm, wurde aufgelegt.
Sein Verdacht, sie sei verrückt geworden, bestätigte sich, als er sah, wie sie eines Tages im Innenhof Murmeln spielte. Allein! Er tobte undsie lächelte nur. Es war für ihn ein Schock, und spätestens hier hätte er einen Arzt fragen sollen. Er aber dachte, Frauen verstünden die Seele anderer Frauen besser als jeder Arzt.
Und was sagte ihm diese verfluchte Tante Majda: »Das machen Frauen nur, wenn sie unbefriedigt sind und deshalb den Mann verachten. Du musst öfter mit ihr schlafen und sie brechen. Es gibt Frauen, die erst dann vernünftig und weiblich werden. Dann wird sie nur deine Murmeln in die Hand nehmen und küssen.«
Er schlief nun jeden Tag mit Nura, und als sie wieder einmal lachte, schlug er auf sie ein, und sie weinte tagelang und wurde ängstlich. Sie sprach nicht mehr viel und wurde immer blasser. Ihr Vater suchte ihn dreimal auf und mahnte ihn, auf Nura aufzupassen, er habe seine Tochter noch nie so unglücklich erlebt. Hamid solle sich nicht in der Kalligraphie verlieren. Bücher und Schrift seien dazu da, um den Menschen glücklich zu machen. Bei ihm existierten Glück, Gastfreundschaft und Ehe aber nur noch als Opfergabe auf dem Altar des Buches. Er fragte ihn ungeniert, wann er zum letzten Mal einen Gast zu Besuch gehabt habe.
Hamid wusste keine Antwort. Er versuchte Nura zu verwöhnen, doch sie wollte nicht mehr. Mit Hausarbeit und Kopfschmerzen baute sie einen Wall gegen seine Versuche, ihre Einsamkeit zu erstürmen.
Eines Tages kam ihre Mutter zu ihm ins Atelier und benahm sich, als hätte sie sich in ihn verliebt. Er ging mit ihr zu einem
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