Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
verschwunden.
»Ich würde diesem Mistkerl gern eine Lektion erteilen«, zischte Ethan.
»Er kann doch gar nichts dafür«, gab Suzan empört zurück. »Debbie wirft sich ihm förmlich an den Hals.«
»Dazu gehören immer zwei. Und dein Vogelmann scheint es zu genießen, so ungeniert angeschwärmt zu werden. Wenn du mich hier ablöst, würde ich dem ganzen unwürdigen Theater gern ein Ende machen. Die Mengen für die Cocktails stehen hier im Buch. Sag mal, macht es dir denn gar nichts aus, dass dein Galan ganz offensichtlich mit deiner Schwester anbändelt?«
Suzan zuckte mit den Schultern. »Gut, ich mixe die Getränke, aber bitte komm gleich wieder, und leg dich nicht mit Sean an. Glaube mir, das ist völlig harmlos.«
»Dein Wort in Gottes Ohr«, brummte Ethan und ging mit finsterer Miene in den Garten.
Barbra, die das Ganze stumm mit angesehen hatte, lallte: »Mach dir nichts vor. Du hast ihn schon an deine kleine Schwester verloren. Glaube mir, du kannst keinen Mann für dich gewinnen und halten schon gar nicht. Du nicht! Man kann über Debbie sagen, was man will, aber sie hat das gewisse Etwas. Sie ist ein raffiniertes Luder. Ich glaube, die betrügt so leicht keiner. Die kann es sogar mit deinem Sean aufnehmen.«
Suzan zog es vor, die Worte ihrer Mutter zu überhören. Sie bebte vor Zorn. Was fiel Debbie eigentlich ein, sich dermaßen frech an ihren Freund heranzumachen? Gleich, wenn Sean und sie aus dem Garten zurückkämen, würde sie sie beiseitenehmen und ihr die Meinung sagen. Sonst konnte sie für nichts garantieren.
»Hast du gehört? Der Kerl ist nichts für dich«, lallte Barbra.
»Mom, jetzt hör endlich auf, deine schlechte Erfahrung zu verallgemeinern und mir alle Männer mieszumachen. Nicht jeder Mann ist wie Vater!«
Zur Bekräftigung ihrer Worte sah sie ihre Mutter kämpferisch an. Barbra wollte einen Schritt auf ihre Tochter zumachen, kam aber ins Straucheln und fiel der Länge nach hin.
»Mom, du bist ja völlig betrunken!«, rief Suzan entsetzt aus und half ihrer Mutter beim Aufrichten. »Ich bring dich jetzt ins Bett«, fügte sie leise hinzu. Widerstandslos ließ sich Barbra von ihrer Tochter nach oben ins Schlafzimmer bringen.
Suzan blieb an Barbras Bett sitzen, bis diese eingeschlafen war und laut zu schnarchen begann. Darüber war über eine Stunde vergangen. Nachdenklich verließ sie das Zimmer ihrer Mutter. Hatte sie das Trinken bislang als schlechte Angewohnheit abgetan, fing sie langsam an, sich Sorgen zu machen. In dieser Verfassung wollte sie nicht gleich auf das Fest zurück und machte deshalb einen kleinen Abstecher in den Garten. Die klare, würzige Luft tat ihr gut. Sie atmete ein paarmal tief durch und wollte gerade ins Haus zurück, als sie ein leises Wimmern vernahm. Es hörte sich an, als würde jemand weinen.
Erschrocken wandte sie sich um, und da sah sie ihn auch schon am Boden hocken, die Hände vor das Gesicht geschlagen. Es war ein Bild des Jammers. Dieser große, kräftige Kerl wirkte wie ein greinendes Kleinkind.
»Um Himmels willen, Ethan, was ist passiert?« Sie setzte sich zu ihm und legte den Arm um seine Schulter, doch er hörte nicht auf zu schluchzen.
»Ethan, bitte, sag mir sofort, was los ist!«
Aus verheulten Augen sah er Suzan traurig an. »Sie hat es mit dem Mistkerl gemacht!«
»Wer hat was gemacht?«, gab sie unwirsch zurück.
»Debbie treibt es mit deinem Sean!«
»Wie kannst du so etwas Gemeines behaupten? Das ist doch der blanke Unsinn! Ich weiß ja, dass du schwer verliebt in Debbie bist und dass ihr beide euch auch schon sehr nahegekommen seid ...«
»Nicht so nahe wie Mister Albee. Ich schlafe nur mit einem Mann, den ich auch heiraten werde, hat sie mir immer gesagt, und nun treibt sie es ungeniert mit diesem hergelaufenen Lackaffen.«
»Ethan, hör auf damit. Sean lässt sich doch nicht von meiner kleinen Schwester verführen. Ja, ihr traue ich das zu, dass sie es darauf anlegt, aber er macht das nicht. Er ist doch kein dummer Junge mehr.«
»Hast du eine Ahnung. Was weißt du, wozu dein Mister Albee fähig ist. Das Schwein ist besoffen. Ich habe die leere Flasche vor dem Bett mit eigenen Augen gesehen.«
»Du hast sie beobachtet?« Suzan wurde leichenblass.
»Ja, das sage ich doch die ganze Zeit. Glaubst du, ich erfinde so was? Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, und die beiden haben mich nicht mal bemerkt. Ich wäre am liebsten hingestürzt und hätte ihn weggezerrt, aber das würde Debbie mir nie verzeihen, und ich
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