Das Geheimnis des letzten Moa: Neuseelandsaga (German Edition)
sie ausgerechnet Ethan Cameron zur Adoption überließ.«
»Moment mal, das heißt, du kennst also meinen Adoptivvater doch näher!«
»Ja, den kannte ich schon. Er ist nämlich ein entfernter Verwandter von mir. Du erinnerst dich. Charles hatte doch schon einmal ein Dienstmädchen geschwängert.«
»Sally«, entfuhr es Grace tonlos.
»Genau, diese Sally. Und aus dieser Cameron-Nachkommenschaft stammt Ethan. Eine Familie von Erbschleichern, auf die wir nicht gut zu sprechen waren. Und deshalb hat es mich brennend interessiert, warum deine Mutter das Kind ausgerechnet ihm und diesem Au-pair-Mädchen aus Deutschland gegeben hat. Eine merkwürdige Geschichte.«
»Das kann doch alles nicht wahr sein. Du hast meine Mutter gekannt, und meinen Adoptivvater auch, und so getan, als würde es dir allein um die Zusammenarbeit gehen. Hast du mich deshalb nach Neuseeland gelockt? Um herauszufinden, ob ich tatsächlich jenes Kind bin? Das ist doch alles nicht zu fassen!«
»Ja und nein. Als ich deinen Namen las, habe ich mir sofort gedacht, dass du es sein musst. Ich wollte dich, wie ich bereits sagte, ohnehin unbedingt kennenlernen, beruflich meine ich. Aber dann kam noch das private Interesse hinzu. Ich habe gehofft, bei der Gelegenheit von dir Näheres zu erfahren, doch dann habe ich gleich gemerkt, dass du völlig ahnungslos bist. Und das fand ich nicht fair, und ich versuchte, bei dir Interesse an deiner Herkunft zu wecken.«
»Und warum hast du mir nicht offen und ehrlich gesagt: Grace, hör mal zu, ich weiß etwas über deine Geschichte, was dich vielleicht interessieren könnte? Ich kenne nämlich deinen Adoptivvater und deine Mutter. Und warum hast du diese Moira Barclay ins Spiel gebracht und mir nicht gleich den Namen meiner Mutter genannt?«
Suzan zuckte mit den Schultern. »Weil sie die Einzige ist, die womöglich weiß, wo deine Mutter abgeblieben ist. Sie heißt übrigens Deborah Albee ...«
»Ich will das nicht wissen!«, schrie Grace, und doch brannte sich der Name ihrer Mutter sofort in ihr Gedächtnis ein. In ihrem Kopf hämmerte es so heftig, als müsse er gleich platzen. »Verrate mir lieber, warum du dich vor Ethan als Vanessa ausgegeben hast«, fügte Grace bissig hinzu.
Ungerührt bemerkte sie, wie Suzans gesundes Auge nervös zu zucken begann, doch dann straffte die Professorin die Schultern.
»Weißt du was? Ich bin es leid, von dir verurteilt zu werden. Frag doch deinen Vater. Du wirst ihn bestimmt gleich anrufen, damit er dir seine Lügen auftischt, so wie er dich dein ganzes Leben lang belogen hat. Mensch, Mädchen, er hat deine Mutter gekannt und dir nichts davon erzählt ... Es wird höchste Zeit, dass du sie findest. Seine leibliche Mutter kann man nicht verleugnen. Du wirst es dein ganzes Leben mit dir herumschleppen, dass es diese Frau gibt und du sie nicht kennst. Spring über deinen Schatten, und Moira Barclay kann dich dem Ziel mit Sicherheit näherbringen.«
»Ich will sie aber nicht finden, weil sie mich nicht die Bohne interessiert. Also, wenn du nicht möchtest, dass ich sofort meine Sachen packe, dann akzeptiere, dass ich nichts über diese Frau und alles, was mit ihr zu tun hat, wissen will. Für mich ist das Thema Vergangenheit hiermit erledigt. Ich habe genug mit Claudias Selbstmord zu tun und will mich nicht mit einer merkwürdigen Vergangenheit befassen. Aber du kannst dich darauf verlassen, wenn ich wieder zuhause bin, wird Ethan mir erklären müssen, warum er mich zeitlebens belogen hat. Also, du hast die Wahl: Mund halten oder ich gehe!«
»Ich habe dir gesagt, ich lasse mich nicht länger von dir erpressen!«, fauchte Suzan.
»Meine Bedingungen lauten: Kein Sterbenswort mehr über meinen Adoptivvater oder meine Mutter. Ein falsches Wort und ich reise auf der Stelle ab«, fuhr Grace ungerührt fort. »Wenn ich dich nicht als Forscherin über alles schätzen und seltsamerweise trotz allem immer noch mögen würde, ich wäre längst weg«, ergänzte sie versöhnlicher.
»Akzeptiert! So wichtig ist mir deine Geschichte dann auch wieder nicht. Die Moas stehen mir näher. Und was ist mit Selma? Darf ich dir weiter von ihr erzählen?«
Grace versuchte zu lächeln, aber es wollte ihr nicht so recht gelingen. »Selmas Geschichte fasziniert mich nach wie vor. Vor allem solltest du bald zu Antonia kommen, sonst bin ich noch versucht, in deinen Keller zu steigen und mir ihre Geschichte vom Geheimnis des letzten Moa hinter deinem Rücken zu holen. Ich kann sowieso nicht
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