Das Geheimnis des Moguls
„Daniel wird in einer Stunde da sein. Er wird dich anrufen, wenn er vor der Tür steht.“
Während er auflegte, ging Ethan schon alles durch, das er erledigen musste. Vor einem Anruf zögerte er jedoch.
Seine Großmutter musste nun von Sloanes Existenz erfahren. Sicher gab es schon einen kurzen Artikel auf irgendeiner Klatschseite. Aber Großmutter war an so etwas gewöhnt und tat seine Liaisons für gewöhnlich ab. Sie würde nicht glauben, dass er sich tatsächlich verlobt hatte, wenn sie es nicht von ihm persönlich hörte. Und sie würde sicher nicht erwarten, dass das lange ersehnte Urenkelkind bereits unterwegs war.
Doch Sloane hatte schon genug zu verarbeiten, auch ohne das Hartwell-Oberhaupt kennenzulernen. Ethan könnte ihr eine kurze Pause gönnen. Deshalb musste auch der Gentest noch etwas warten.
Die Großmutter würde sich überhaupt nicht freuen, wenn sie die Wahrheit erfuhr, aber Sloanes Glück war für Ethan jetzt viel wichtiger. Die Großmutter würde einfach noch warten müssen.
Sloane wusste, dass sie dankbar sein sollte. Genau wie Ethan gesagt hatte, holte Daniel sie von ihrer Wohnung ab. Er führte sie vorbei an den Reportern, die vom Regen trieften, und bellte: „Kein Kommentar!“ Mittlerweile hatte sie verstanden, dass der Umgang mit Paparazzi nun zu ihrem Leben gehörte. Der Sicherheitschef ließ Sloane im Fond eines Wagens Platz nehmen und setzte sich hinters Steuer.
Beim Haus wurde sie von James begrüßt. Sloane musste lächeln. Der ältere Herr trug eine Kakihose und ein Polohemd, das seinen Bauchansatz nicht verbergen konnte. Er nahm Sloanes Tasche, nickte Daniel freundlich zu und führte Sloane dann in die Küche. Nach einer Tasse Kamillentee und einer Zimtschnecke war Sloane fast bereit zu glauben, dass es schön war, zu Ethan ziehen zu müssen.
Sie konnte allerdings noch den ganzen restlichen Tag darüber nachdenken. Ethan ließ ihr nämlich von James ausrichten, dass in der Schweizer Niederlassung ein Produktionsproblem aufgetaucht war und dass es spät werden würde.
Ein Produktionsproblem, an einem Samstag !?
Worauf ließ sie sich da ein? War das wirklich der Mann, den sie heiraten wollte? Ein Workaholic, der sein Leben im Büro verbrachte? Für ihr Baby brauchte sie etwas anderes. Sie würde dafür kämpfen müssen, dass Ethan seine Prioritäten anders setzte.
James zeigte Sloane die Bibliothek und half ihr, sich bei einem Laptop einzuloggen, der dort für Gäste bereitstand. Sie seufzte, als sie die leichtgängige Tastatur ausprobierte, die so viel besser funktionierte als ihre eigene. Sie freute sich, wieder zur Arbeit am Kunsttherapieprojekt zurückkehren zu können. Aber das konnte bis morgen warten. Jetzt hatte sie Wichtigeres zu tun: Sie musste ihre Gedanken sortieren.
Sie holte tief Luft. Eine halbe Stunde später saß sie noch immer vor einem leeren Textdokument. Was genau wollte sie denn von Ethan? Was erwartete sie sich von dieser Ehe?
Ethan Hartwell tippte sie schließlich als Überschrift. Um Zeit zu gewinnen, tippte sie seinen Namen noch einmal, diesmal in Großbuchstaben. Dann änderte sie die Schrift zu fett und unterstrich die beiden Wörter und begann eine neue Zeile.
Weil ihr nun nichts mehr einfiel, um die Sache hinauszuzögern, schrieb sie ein neues Wort: V ertrauen . Sie musste Ethan vertrauen. Und glauben, dass er immer für sie und das Baby da sein würde, dass seine Zeit als Playboy endgültig vorbei war.
Respekt , fügte sie hinzu. Ethan musste sie respektieren. Schätzen, was ihr wichtig war – ihr Projekt zum Beispiel –, selbst wenn es ihm selbst nicht so wichtig war.
Freundschaft , tippte sie als Nächstes. Sie starrte auf den Cursor. Was genau meinte sie damit? Sie hatte ja selbst nicht genügend Erfahrung damit, um das Konzept zu verstehen. Sie löschte das Wort wieder.
Partnerschaft , schrieb sie stattdessen. Sie und Ethan mussten gleichberechtigt sein. Auf einer Ebene.
Vertrauen, Respekt, Partnerschaft.
Das klang jetzt eher nach einer Geschäftsbeziehung als nach einer Ehe. Aber was sollte sie noch schreiben? Wahre Liebe? Konnte sie das denn verlangen? Wie konnte Ethan das versprechen? Wahre Liebe passierte oder passierte eben nicht. Man konnte nicht darüber verhandeln.
Sloane seufzte und tippte etwas anderes. Eine Frist für den Hochzeitstermin. Das Baby sollte im Dezember kommen. Dann musste sie drei Monate rechnen, um wieder in Form zu kommen. Drei Monate, um die Hochzeit zu planen. Also am 1. Juni nächstes Jahr. Da
Weitere Kostenlose Bücher