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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Flacke
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Schulter. Erschrocken drehte sie sich um. Vor ihr stand Manuel. Sie taumelte zurück. Ihr Körper zitterte, der Puls schnellte hoch.
    »Marie, was ist mit dir?« Manuel umfasste sacht ihre Schultern, aber sie riss sich los, als hätte ein Leprakranker die fauligen Hände nach ihr ausgestreckt. »Es ging nicht eher! Ich bin doch heute erst aus Bordeaux zurückgekommen.«
    »Ach ja?« Marie räusperte sich und warf spöttisch den Kopf in den Nacken. »Wohl um deine Ledertasche abzuholen!«
    »Du hast sie geöffnet…« Manuels bleiche Lippen zuckten. Die Augenlider hatte er halb geschlossen. Er sah aus wie ein Raubtier, das seiner Beute auflauert.
    »Ja, ja, ja!«, schrie Marie ihn an. »Was hast du damit zu schaffen? Hast du dieses Teufelszeug in den Stadtbrunnen geschüttet und alles verseucht? Warum? Warum hast du das getan?« Sie war außer sich vor blindem Entsetzen und trommelte mit den Fäusten gegen seine Brust, bis er mit hartem Griff ihre Handgelenke umfasste.
    »Ich habe damit nichts zu tun!«, zischte er ihr ins Ohr und schüttelte sie. »Hörst du? Es war nicht mein Werk! Ich schwöre es dir!«
    »Und warum hast du mich nach Montségur geschleppt? Nur, um das dumme kleine Ding auszuhorchen?« Marie schleuderte ihm hasserfüllt ihre ganze Wut entgegen.
    »So war es nicht!«, raunte er in verschwörerischem Ton. »Ja, ich habe von dieser grauenhaften Tat gehört. Jemand hatte sehr viele Goldstücke dafür geboten. Du weißt, dass die Inquisition vor nichts zurückschreckt, um Unliebsame zu vernichten. Aber ich habe damit nichts zu tun!«
    »Ich glaube dir kein Wort!« Marie riss sich abrupt aus der Umklammerung los. Sie spürte seinen heißen Atem, als sie ihm mit ungewohnt scharfer Stimme entgegnete: »Was versteckst du dann das Todeselixier in der Ledertasche und bittest ausgerechnet mich, sie für dich aufzubewahren? Ich hasse dich, Manuel Boisset! Verschwinde und tritt mir nie wieder unter die Augen!«
    Marie wandte sich mit nie gekanntem Stolz ab. Sie spürte eine plötzliche Klarheit in ihren Gedanken, die wie eine neue Herausforderung in ihr Leben getreten war, so, als hätte sich eine versiegelte Tür geöffnet, die sie in unbekannte Welten führte. Mit hoch erhobenem Kopf ging sie davon. Die Marienstatuette in ihrer Hand schimmerte im Lichtschein der Pechfackeln wie ein Stückchen Hoffnung, das der Himmel ihr geschenkt hatte.
    »Ein Stückchen Hoffnung?«, entfuhr es Nostradamus, als er die Statuette zu Gesicht bekam. Er packte sie wie einen Dreschflegel und rannte auf die Tür zu. »Ich werde sofort Pater Bruno aufsuchen, um ihm meine Antwort ins Gesicht zu schleudern. Das ist Teufelswerk! Heißt es nicht in der Bibel: Ihr sollt euch kein Bildnis machen?« Noch einmal drehte er sich kurz um. »Ich werde wohl bald die Stadt verlassen. Nimm die Papiere, die Bücher, alles, was auf dem Tisch im Arbeitszimmer liegt, und verstaue es in den Koffern.«
    Mit diesen Worten verließ er das Zimmer. Wie erstarrt lauschte Marie seinen Schritten, die bald in der Rue St. Georges verhallten. Die Stadt verlassen?, dachte sie. Ob er sie mitnehmen würde, wenn sie ihm gute Dienste leistete?
    Sie rannte durchs Schlafzimmer in eine Kammer. Von dort kletterte sie über eine Leiter hoch auf den Speicher, wo er sein Arbeitszimmer eingerichtet hatte. Im Kerzenlicht einer Bronzelampe packte sie alte Bücher, Schriften und Folianten in den breiten Lederkoffer. Vorsichtig nahm sie die vergilbte Schrift von al-Ghasali, einem arabischen Mystiker des elften Jahrhunderts, in die Hand. Der schweinslederne Einband war nicht fest genug um das Buch geschlungen. Sie versuchte die Umschlagseite zurück in den Ledereinband zu schieben, da rutschte eine alte Pergamentschrift heraus. Überrascht schaute sie auf die seltsam gewobenen Buchstaben und Zeichen. Es war der Stammbaum von Nostradamus. Mit dem Finger fuhr sie über die Namen der Vorfahren, die dort in kunstvoller Schrift aufgezeichnet waren, Isaias, Jeremias, Malachias aus dem jüdischen Stamm Isaschar. Marie spürte, wie ein Frösteln über ihren Körper wischte, als hätte sie ein riesiger Flügel gestreift. Sollte er wirklich aus dem Stamme dieser alttestamentarischen Propheten hervorgegangen sein? Gab es wirklich von denen dort eine direkte Blutslinie zu Nostradamus? Sie wusste, dass eine Reihe seiner Vorfahren berühmte Ärzte und Mathematiker waren, die sich in erster Linie der Berechnung der Gestirnkonstellationen widmeten, wie Michels Großvater, der diese Kunst dem jungen

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