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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Flacke
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gerichtet. Dort standen dralle Marktweiber bei fahrenden Händlern, die Käfige mit zwitschernden Vögeln bei sich trugen, und tuschelten miteinander, während sie aus den Augenwinkeln immer wieder zu ihm hochschauten.
    »Wie sie mit ihren dummen Mäulern alles nachplappern!«, lallte er mit rauer Stimme. »Ich hasse das dumpfe Volk, das alles nachquakt, was ihm irgendein Schwachkopf ins Hirn pustet!«
    Er knallte das Fenster zu, sodass sich letzte Glassplitter aus der Bleiverglasung lösten und im Sonnenlicht wie taumelnde Feuerzungen zu Boden fielen.
    Plötzlich entspannte sich sein Gesicht, als hätte ihn eine unsichtbare Hand berührt. Fast verwundert schaute er sich um, dann sank er nachdenklich in sich zusammen.
    »Ich muss es schaffen«, raunte er mit brüchiger Stimme, während sein Atem schneller ging.
    »Was müsst Ihr schaffen?«, fragte Marie vorsichtig.
    »Mein Horoskop! Wenn ich nicht schaffe, es zu bändigen, werde ich mich selbst zerstören!« Nostradamus atmete schwer, gerade so, als müsste er einen harten Kampf ausfechten. »Es ist ein kraftvolles Horoskop! Ich darf mich von ihm nicht zu Boden schmettern lassen.«
    »Was meint Ihr damit?« Marie ging neugierig ein paar Schritte auf ihn zu. Fahrig zupfte sie an einer widerspenstigen Locke, die sich aus dem fest geflochtenen Zopf gelöst hatte.
    Nostradamus schloss die Augen. Mit eindringlicher Stimme begann er zu reden, als wollte er sich selbst beschwören. »Ich wurde am 14. Dezember 1503 geboren, genau in dem Augenblick, als sich drei höherrangige Planeten, Mars, Jupiter und Saturn, über den beiden Fixsternen Castor und Pollux befanden. Außerdem standen diese Planeten in Opposition zur Sonne!«
    »Was heißt Opposition?«, fragte Marie leise.
    Nostradamus fuhr sich mit dem Handrücken über die verschwitzte Stirn. »Auf dem Diagramm stehen sich die Planeten genau gegenüber und das heißt, sie stehen in einem tiefen Konflikt zueinander. Wenn ich es nicht schaffe, eine ganz besondere Disziplin zu entwickeln, um diese wertvollen, schöpferischen Energien zu beherrschen, dann werden sie sich gegen mich richten und ich werde mich selbst zerstören.«
    Jetzt fuhr er sich durch das wirre Haar und riss seine Augen auf. Sie flackerten vor Ungeduld. Entschlossen sprang er auf. »Ich muss es mir immer wieder vor Augen halten, immer wieder!« Er rannte los und suchte ein Stück Pergament, auf das er einen Kreis zeichnete. Darin bildete er die Planeten ab, so wie es in seinem Horoskop bestimmt war. »Es darf nicht mehr sein, dass ich mich selbst tödlich verachte, dass Vorwürfe und Verzweiflung mich wegreißen und ich in meinem eigenen inneren Sumpf zu ersticken drohe. Mir wurden Fähigkeiten gegeben und ich habe die verdammte Pflicht, sie zu nutzen! Ich muss planvoll vorgehen! Ich muss Systeme entwickeln, um mit Gottes Hilfe auf dem Weg der Erkenntnis weiter vorwärts zu schreiten!«
    Er schnitt das Pergament aus und stanzte die Abbildungen der Vorlage auf eine dünne Kupferschicht. »Dieser Talisman, mein persönliches Siegel, soll mich immer an meine Schwächen erinnern. Aber auch an meine großartigen Möglichkeiten! Und an die Disziplin, die ich aufwenden muss, um meiner selbst gerecht zu werden!«
    Dann schnitt er das kreisrunde Kupfergebilde mit einer gehärteten Schere aus und bohrte ein Loch hinein, durch das er ein Lederband zog. Wie ein kostbares Amulett band er es sich um den Hals.
    An diesem Abend lagen Zirren wie Flusenschleier vor dem Firmament, das hinter den kristallnen Schalen in der Unendlichkeit zu versinken schien. Die Sonne verschwamm am Horizont hinter einer Nebelwand, die rot aufglühte. Eine sanfte Windböe wehte von den Wiesen den Geruch wilden Thymians und Rosmarins in die Straßen und vermischte sich mit dem Duft frisch gebackenen Brotes, das aus dem Backhaus strömte. Die Kopfsteinpflaster waren sauber gekehrt, der Unrat vor den Stadttoren von Agen vergraben. Selbst die Ratten hatten sich zurück in ihre Schlupflöcher verzogen.
    Marie lief ziellos durch die winkligen Gassen der Stadt und suchte Häuserwände und verborgene Hinterhöfe nach Rosenstöcken ab, die sie in der Morgendämmerung abpflücken wollte. Sie wirkte ausgezehrt, als hätte der Allmächtige immer noch kein Erbarmen mit ihr gehabt. Plötzlich stand sie vor dem steinernen Stadtbrunnen, der mit schweren Holzbohlen abgedeckt war. Zwei Straßenjungen hockten auf den Planken und wickelten Regenwürmer um einen Stock, mit denen sie später in der Garonne Fische

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