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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Flacke
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Nacht. Dann wurde der Holztisch zur Seite gerückt, der letzte Stuhl, der ihm noch verblieben war, fiel polternd zu Boden und Nostradamus versank wieder in aufwühlende Selbstgespräche. War er wieder in diesen seltsamen Gürtel eingetaucht, der über die Erde gespannt war und in dem sämtliche Ereignisse aufgezeichnet waren? In dem die Zeit aufgehoben war und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sich übereinander schoben, als wären sie in Wirklichkeit miteinander verschmolzen?
    Endlich sank sie in leichten Dämmerschlaf, als würde sie die Grenze zur Traumwelt überschreiten. Aber da wurde sie an der Schulter wieder wachgerüttelt.
    »Es ist Zeit!«, raunte die Stimme von Nostradamus. »Wir müssen uns bald auf den Weg machen.«
    »Ihr nehmt mich mit?« Marie war sofort hellwach.
    »Ja, aber nur ein paar Tagesreisen weit.« Nostradamus rieb sich die verquollenen Augen. »Ich werde dich bei Verwandten abliefern. Sie wohnen in St. Rémy, meiner Heimatstadt. Ich bin sicher, sie werden gut für dich sorgen. Außerdem gibt es dort noch ein Kloster, die Mönche sind äußerst zuvorkommend. Wir werden noch an diesem Abend aufbrechen!«
    Marie sprang auf und holte im Krug frisches Wasser, um sich zu waschen. Schon heute Nacht würden sie auf Wanderschaft sein!, überlegte sie, während sie duftende Lavendelseife durch ihre Hände gleiten ließ und sich mit dem Schaum den nackten Körper abwusch. Ob sie nicht doch ein letztes Mal ihr Elternhaus aufsuchen sollte? Nostradamus sprach doch immer davon, dass erst etwas abgeschlossen sein müsste, damit sich neue Dinge auftun konnten…
    Als sie das dünne Leinenkleidchen über den Körper zog, hatte sie sich vorgenommen, sich nicht in St. Rémy bei irgendwelchen Verwandten absetzen zu lassen, sondern mit dem großen Arzt weiterzuziehen. Und nichts in der Welt würde sie davon abhalten können!
    Die Sonne stand schon hoch am Firmament, als ein braun gebrannter Kurier durch die Rue St. Georges geradewegs auf das Arzthaus zugeritten kam. Mit einer spröden Haltung, die auf abgestumpfte Unnachgiebigkeit schließen ließ, saß er im Ledersattel. Seine helle Uniform war mit silbernen Litzen abgesetzt, die Füße steckten in blank polierten Stiefeln. Sofort liefen Mägde und Handelsleute neugierig zusammen. Er tätschelte die Mähne seines Pferdes, die mit Zöpfen durchflochten war. Das braune Fell der jungen Stute war so sauber gestriegelt, dass es glänzte wie kostbarer Samt. Mit einer eleganten Bewegung stieg er aus dem Sattel und winkte einen schlaksigen Burschen herbei. Er warf im hohen Bogen eine Münze auf das staubige Pflaster, die der Bursche gierig aufgrabschte und mit der er dann davonrannte. Schon bald schleppte er einen Eimer Wasser herbei, um das Pferd zu tränken. Der Kurier wartete wie ein hölzernes Standbild, bis die Stute versorgt war. Dann stakste er in das Haus des Arztes und überbrachte Nostradamus die strikte Aufforderung, sich spätestens in zwei Wochen vor dem Tribunal von Toulouse einzufinden.
    »Aber versucht nicht, Euch durch Flucht der Anklage zu entziehen!« Die Mundwinkel des Kuriers waren herablassend nach unten gezogen. »Die Inquisition wird Euch schon auftreiben – und wenn Ihr Euch in den hintersten Winkel der Hölle verkriecht. Ihr wisst, sie hat die Ohren überall!« Dann brach er in meckerndes Gelächter aus, während er mit derben Schritten wieder die Holztreppe hinunterstapfte.
    Marie war inzwischen die Rue St. Georges hinuntergelaufen und vor dem Stadtbrunnen stehen geblieben, der inzwischen trocken gelegt worden war. Die Blätter des Feigenbaums hatten sich erholt, neue Triebe wuchsen aus den Zweigen. Marie presste unnachgiebig die Lippen zusammen und spannte die Armmuskulatur an. Die aufbauenden Säfte und Mixturen des Nostradamus hatten wirklich Wunder gewirkt. Längst war sie nicht mehr so schlaksig wie früher. Auch ihre Hüften waren etwas rundlicher geworden. Sie atmete noch einmal tief durch, dann bog sie in die kleine Gasse ein, die zu ihrem Haus führte. Es roch wie früher nach zerkochtem Kohl und Urin. Zerlumpte Kinder liefen kreischend hintereinander her. Als sie näher auf das windschiefe Häuschen zuging, stand dort ein gedrungenes Mannsbild am Fenster und brachte neue Läden an. Er hatte zotteliges Haar, das ihm bis auf die Schultern fiel.
    »Was habt Ihr hier zu suchen?«, rief Marie fassungslos und rannte wutentbrannt auf ihn zu. »Das ist mein Haus!«
    Er zog spöttisch die Augenbrauen hoch und grinste feist. Eine

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