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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Flacke
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»Es ist wohl meine Schuld, dass ihr von der Inquisition gesucht werdet…«
    Nostradamus sah sie überrascht an. »Deine Schuld?«
    »Ich habe in einem unbedachten Moment jemandem verraten, dass Ihr jüdischer Abstammung seid…« Marie biss sich auf die Lippen.
    Nostradamus fuhr sie empört an. »Dass ich jüdische Vorfahren habe, war in Scaligers Kreisen ein offenes Geheimnis! Aber was hat so ein junges Weibsbild wie du das Recht, das Wissen um meine Person in alle Welt hinauszuposaunen!« Er schlug mit der geballten Faust gegen die lehmige Höhlenwand.
    »Lasst es mich wieder gutmachen! Ich bitte Euch! Ich möchte mit Euch ziehen!« Der bettelnde Unterton in ihrer Stimme wurde jetzt härter, als würde er von aufreizender Selbstsicherheit durchtränkt. »Sind Weibsbilder denn nur dazu geschaffen, Euch dienlich zu sein und Kinder zu gebären? Es mag doch sein, dass ich auch so einen tanzenden Stern in mir habe, von dem Paracelsus sprach. Oder ist der nur für euch Männer bestimmt?«
    Nostradamus sah sie mit durchdringendem Blick an. »Du weißt, die Inquisition sucht mich. Wenn sie mich erwischen, kann es zur Folter kommen. Sie können mich zerquetschen wie einen armseligen Wurm, dem die Eingeweide herausquellen. Ich werde weiterziehen, meine Spuren verwischen. Wer weiß, wohin mein Schicksal mich führt…«
    »Was habt Ihr zu verlieren, wenn Ihr mich mitnehmt?« Marie schüttelte energisch den Kopf, sodass ihr Lockenhaar in einer wilden Bewegung über die Schulter flog. Ihre Augen blitzten auf, als wäre sie ein lebensgefährlich verletztes Raubtier, das als letzte Möglichkeit nur noch den Angriff sieht. »Weiß ich nicht, was zu tun ist, wenn Euch mächtige Visionen überwältigen? Wenn der Allmächtige Euren Geist in unbekannte Dimensionen entführt? Zurücklassen könnt Ihr mich ja immer noch!«
    Nostradamus sah sie überrascht an. Lange hatte er nicht mehr ihren Körper betrachtet. Die schmalen Hüften waren rundlicher geworden. Die jungen Brüste wölbten sich unter dem verwaschenen Leinenkleid. Herausfordernd stand sie vor ihm, während sie mit dem Handrücken ein paar Haare wegwischte, die an ihren vollen Lippen klebten. »Was ist? Nehmt Ihr mich mit?«
    »Wir werden sehen«, sagte er nachdenklich und runzelte die Stirn. »Und jetzt komm!«
    Die frühe Abendsonne deckte langsam einen rot glühenden Lichtteppich über die Felder. Das Ziegengemecker aus den vorderen Höhlen hallte wie heiseres Gezeter über die Ebene, die jetzt in einem wilden Violett aufleuchtete. Die beiden Wanderprediger waren wohl hinter den Bergen verschwunden, während Nostradamus und Marie in einem der staubigen Backsteinhäuser des Dorfes einkehrten.
     
     
    Am nächsten Tag fiel herrschsüchtig der Mistral in die Provence ein. Das ist der Wind, der sich keine Atempause gönnt und grausam über das Land fegt. Stunde um Stunde. Tag und Nacht. Würde es diesmal drei, sechs oder neun Tage lang dauern, dass er sein Unwesen trieb? Seit ewigen Zeiten nahm dieses rätselhafte Naturereignis im Rhônetal Anlauf, blähte sich kraftvoll auf, um schließlich mit donnernder Stärke über das Delta hinwegzupeitschen. Trotz schützender Hecken und Mauern fuhr er zerstörerisch mit aufsässigen Windböen in Obst- und Olivenbäume, zerknickte Weinstöcke und zerzauste das Gemüse in den Beeten. Und die Bauern verharrten in ihren geduckten Steinhäusern, die dem eisigen Mistral eine fensterlose Nordfassade entgegenstreckten. Dann schien das tiefblaue Firmament wie leergefegt und erstrahlte unwirklich klar, als wollte der Himmel einen Einblick in weitere Sphären gestatten.
    Marie und Nostradamus waren bei einfachen Olivenbauern untergekommen. Das junge Weib des Bauern kränkelte, eine unerklärliche Müdigkeit hatte sich ihrer bemächtigt. Kraftlos lag sie auf ihrem Strohlager, als hätte der eisige Mistral mit unbarmherziger Wucht jegliche Lebenskraft aus ihrem Körper gepeitscht.
    »Die Heilkraft des Körpers muss gestärkt werden«, sagte Nostradamus und nickte Marie zu. »Man muss ihm nur die Rohstoffe geben und die wahre Ruhe, dann heilt er sich von selbst.«
    »Und was benötigt Ihr für Rohstoffe?«, fragte Marie neugierig und zwirbelte widerspenstige Löckchen um ihren Finger. Sie war fasziniert von den Rezepten, die Nostradamus je nach Krankheitsbild immer wieder veränderte und neu ausprobierte.
    »Du findest im Umfeld des windgeschützten Bauernhauses alles, was ich brauche: sechs Stängel Eisenkraut, dann einen frischen Apfel, das

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