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Das Geheimnis des Nostradamus

Das Geheimnis des Nostradamus

Titel: Das Geheimnis des Nostradamus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Flacke
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Blatt eines Rebstockes und eine ausgereifte gelbe Gurke.«
    Als Marie die Zutaten beschafft hatte, zerhackte sie alles nach Anleitung: die Hälfte des Rebstockblattes, des Apfels und der Gurke. Sie spürte seinen prüfenden Blick, die wachsamen Augen, die genau verfolgten, wie ihre Hände schnipselten, rieben und stückelten.
    »Und jetzt das Eisenkraut! Schon in der Bibel betet König David in einem Psalm: ›Entsündige mich mit Ysop, dass ich rein sei.‹« Nostradamus lächelte, als er fast zärtlich über die Krautblätter strich.
    »Ysop ist also Eisenkraut? Und das soll entsündigen? Was bedeutet denn das?«, fragte Marie und bemerkte ein flüchtiges Lächeln, dass seit langer Zeit zum ersten Mal wieder seine herben Lippen umspielte. Jetzt streckte er sich wie nach einem langen Winterschlaf. In seinen müden Augen zeigte sich neuer Glanz.
    »Entsündigen bedeutet, dass der Körper entschlackt wird von den Giften, die er zu sich genommen hat… Wenn das doch mit der Seele auch so einfach ginge!« Er grinste belustigt und flüsterte, damit den Bauersleuten nichts davon zu Ohren kam: »Der Ablasshandel der katholischen Kirche, bei dem du dich angeblich von deinen Sünden freikaufen kannst, wäre dann ja so was wie das Eisenkraut für die Seele.«
    Marie kicherte verschmitzt, während sie das Kraut zwischen ihren Fingern hin und her tanzen ließ. »Und was mache ich jetzt damit?«
    In seinen Augen lag nun ein ruhiger, gutartiger Blick, als hätte er sich mit dem Schicksal ausgesöhnt. »Nimm die obersten zwei Zentimeter mitsamt der Blätter und hack sie klein. Aber vergiss die Blüten nicht!«
    Wieder beobachtete er, wie Marie mit dem scharfen Messer hantierte, geschickt die Stängel zusammen fasste und klein hackte.
    »Gut so! Und jetzt kommt leichter Wein darüber!«
    »Wein?«, fragte Marie überrascht und ließ etwas Wasser aus einer Karaffe über ihre verklebten Finger laufen. Nostradamus achtete sehr auf Sauberkeit.
    »Ja«, antwortete er. »In den Wirkstoffen des Weines liegen ganz besondere Kräfte. Du kannst aber auch Pfirsich- oder Birnensaft nehmen!«
    Marie nickte kurz und hockte sich an das Strohlager der Bäuerin, um ihr den frischen Salat zu reichen. »Ihr müsst den Salat als Zwischenmahlzeit zu Euch nehmen«, erklärte sie eindringlich. »Wenigstens neununddreißig Tage lang ganz regelmäßig. Aber Ihr dürft nichts dazu trinken!«
    Nostradamus fuhr sich nachdenklich durch seinen gekräuselten Bart, der inzwischen ein ganzes Stück gewachsen war, und beobachtete das selbstbewusste Mädchen mit dem langen Lockenhaar, das barfuß durch die Kammern lief, um der kränklichen Bäuerin dienlich zu sein.
    »Sie hat Recht«, brummte er leise. »Vielleicht hat sie ja auch so einen tanzenden Stern, vom dem Paracelsus sprach. Nur ist das für ein Weib keine Offenbarung, jedenfalls nicht in der heutigen Zeit!«
    Nachdenklich drehte er sich um und schaute aus dem Südfenster. Der Wind rüttelte heftig an den Olivenbäumen und fetzte an den silbrigen Blättern. Wenn er nur wüsste, welche Stellung der Frau in der Entwicklung des Universums zugedacht war! War sie wirklich nur dazu geschaffen, Kinder zu gebären und dem Manne eine würdige Dienerin zu sein? Gerade Hildegard von Bingen hatte doch bewiesen, dass auch das Weib zu herausragenden geistigen Leistungen befähigt war!
    Wie entrückt schaute er über das karge Land, als würden seine Gedanken mit den Windböen weit davonjagen.
    Als der Mistral sich wieder wie ein gebändigtes Tier in das Universum zurückgezogen hatte, brachen sie mit dem Maultier auf. Marie hatte ihre Feuertaufe bestanden, denn Nostradamus machte keinerlei Anstalten mehr, sie bei Klostermönchen oder nahen Verwandten unterzubringen. Olivenhaine schimmerten jetzt silbrig aus der gelb verbrannten Ebene. Vor ihnen bäumte sich im Süden der Drachenzackenkamm eines knochenbleichen Gebirgszugs auf. Die Provence war plötzlich eine steinige Sierra geworden. Über einer lang gezogenen Ebene erhoben sich majestätisch die Berge mit schmucklosen Gipfeln aus weißem Fels. Vom stahlblauen Himmel brannte eine unbarmherzige Sonne.
    Viele Monde lang zogen sie umher, bereisten überbordende Städte und armselige Dörfer, reisten an schroffen Küsten entlang und durchquerten karge Hochebenen. Nostradamus war wie besessen, das Geheimnis der Schöpfung zu durchdringen und dem Leben auf die Spur zu kommen. Sie besuchten alte Klöster, wo er in überfüllten Bibliotheken nach geheimen Schriften suchte, sie

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