Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)
Fressen, Ficken, Fernsehenkieken. Schöner kann man es nicht ausdrücken, zumindest in dem Stadium der Zivilisationsentwicklung, in dem wir uns gerade befinden.
Die jüngere Generation hat das Fernsehenkieken allerdings indessen durch das Auf-das-Handy-Starren ersetzt. Auf einem Handydisplay leben übrigens mehr Mikroben, als auf der abgebildeten Schiebetür. Da sieht man, wie leistungsfähig die moderne Technik ist.
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Heute ist verkaufsoffener Montag! Endlich! Das hatten wir schon lange nicht mehr, um genau zu sein, seit sieben Tagen! Das finde ich super. Ich weiß, dass ein verkaufsoffener Montag nicht per se eine Sensation darstellt, aber man sollte sich doch ein bisschen Begeisterungsfähigkeit bewahren. Also freue ich mich. Es könnte doch auch Generalstreik sein. Oder Weltenende. Nein! Alles geht seinen Gang. Ist es nicht wunderbar, wenn das Leben seine Ordnung hat? Buß- und Bettag ist mittwochs und donnerstags ist die Reisebeilage in der Süddeutschen, dienstags Motor-und Technik in der FAZ, freitags kocht Mutter Fisch und sonntags ist Wochenende. Alles ist geregelt.
Manchmal sind es die kleinen Dinge, die mich begeistern, ein Hund, der versucht, eine Melone zu bespringen oder die Erkenntnis, dass es in einer Welt ohne Postboten nicht so oft klingeln würde. Allerdings müsste man dann seine Post immer beim Absender abholen. Das wäre mühsam. Es ist gut, so wie es ist. Ich bin begeistert!
Ich friere nicht, ich dürste nicht, ich habe keinen Hunger. Das ist prima und alles andere als selbstverständlich. Fragen Sie jemanden der in Eritrea wohnt, im Sudan oder in Indien, in Rumänien, Simbabwe oder Bangla Desh. Es ermangelt unserem Land an Begeisterung. Wir sind enttäuscht. Die Erdbeeren sind zu wenig aromatisch und der Smartphone-Akku ist viel zu schnell leer.
Woanders gibt es bessere Gründe, enttäuscht zu sein, vor allem wenn man irgendwo in Afrika zwölf Stunden am Tag Fußbälle zusammennähen muss und weiß, dass sich das im Leben bestenfalls dann ändern wird, wenn man stirbt. Außerdem würde man mit zwölf Jahren vielleichtauch selber gerne einmal mit irgendetwas Fußball spielen, was nicht früher eine Getränkedose war.
Umso enttäuschender ist, dass in unseren Breiten, in denen Zwölfjährige gemeinhin zur Schule gehen und Zustände wie Kinderarbeit oder Frühableben durch schlechtes Essen oder Parasiten selten sind, keine rechte Freude aufkommen will. Wenn man die Menschen fragt, wie die Welt so ist, dann wird die Regelantwort „schlecht“ lauten.
Auch der Mensch wird als „schlecht“ empfunden, eine absurde Situation, wenn man bedenkt, dass der Mensch die Kriterien, die ihn als „gut“ oder „schlecht“ ausweisen könnten, selber aussucht. Genauso gut könnte man behaupten, der Mensch sei physisch minderwertig, weil er nicht fliegen kann. Er ist halt so, wie er ist. Gut ist er, wenn er das Beste daraus macht. Wenn der Mensch seine eigene Spezies als schlecht empfindet, dann liegt das an den unnatürlichen moralischen Kriterien, die er bei der Bewertung ansetzt.
Meist dient eine solche Feststellung ohnehin nur der Selbsterhöhung, denn der Befragte will selbstverständlich damit sagen, dass er selbst „zu gut für diese Welt“ ist. Oder er rechtfertigt sein eigenes „Schlechtsein“ damit, dass es ihm sozusagen genetisch aufgezwungen wurde. Er glaubt, man müsse schlecht sein, weil die Welt eben schlecht, der Gute aber dumm sei, ein „Opfer“. Der selbst ernannte „Clevere“ trägt deshalb T-Shirts mit der Aufschrift: „Hier kommt ein Arschloch.“ Stimmt.
Selbstverständlich glaubt unser einfältiger Zeitgenosse auch, dass Ungerechtigkeit und Verschmutzung zunehmen, während Gesundheit und Lebensqualität zurückgehen. Das ist natürlich ein Riesenquatsch. Für einen Liter Benzin musste ein Arbeiter 1950 dreißig Minutenarbeiten, im Jahr 2010 nur noch fünf Minuten. Derselbe Arbeiter hatte 1950 nicht einmal ein Auto, in das er das Benzin hätte einfüllen können. Ebenfalls damals fehlend: Handy, Navi, Festnetztelefon, Fernseher, Internet, Zentralheizung, Kühlschrank, Herzschrittmacher, Mikrowelle, Quarzuhr, sowie mehrere Zähne in Ermangelung von Zahnprophylaxe und ein Bein als Folge des Krieges. So war sie, die gute alte Zeit.
Es geht uns auch nicht schlechter als 1980. Schon damals glaubten wir, dass es früher besser war. Heute sorgt die Allgemeinheit dafür, dass alle, die zur Haushaltsführung in der Lage sind, Wohnung oder Kleidung haben. Die Wohlhabenden
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