Das Geheimnis des perfekten Tages (German Edition)
Fenster fallen, um glücklich zu sein. Ich habe gestern in der Sonntagszeitung gelesen, dass es in Bhutan sogar einen verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Glück gibt. Allerdings ist damit nicht gemeint, dass man aus dem Fenster fallen dürfte und dann ein Grundrecht darauf hätte, dass der Sturz von Bäumen und Markisen gebremst würde. Verfassungstechnisch festgelegt ist vielmehr das „Mandat des Staates zur Schaffung einer Umgebung, in der die Bürger mentaler Gelassenheit nachgehen können“. Man erstrebt dort also nicht die Steigerung des Bruttosozialproduktes, sondern des „Bruttonationalglücks“.
Während mir dies alles wieder in den Sinn kommt, greife ich noch einmal zur Sonntagszeitung. Tatsächlich, dort steht „Bruttonationalglück“. Dieser Begriff gibt mir Rätsel auf. Es stellt sich die Frage, wie es dann mit dem Nettonationalglück aussieht, also mit dem Glück, das man am Ende tatsächlich herausbekommt. Wichtig ist ja nicht so sehr, wie viel Glück man bekommt, sondern wie viel man davon behalten darf.
Muss man in Bhutan einen Teil seines Glücks an den Staat abführen? Dann wäre das System gar nicht so viel anders als bei uns. Auch bei uns sorgt die Finanzbehörde gerne per Lastschrift für eine signifikante Abschwächung der Lebensfreude. Allein das Ausfüllen einer Steuererklärung ist derartig kompliziert, dass niemand in der Lage ist, ein Steuerformular zu beschriften, ohne einen Teil seines Wohlbefindens aufzugeben.
Schaut man im Finanzamt aber in die Gesichter der Beamten, so scheint dort wenig davon anzukommen. Ob es in Bhutan genauso ist? Man überweist ein bisschenLebensglück, aber der Glückssteuereinzieher wird es sogleich wieder abgeben müssen. Er profitiert nicht persönlich. Das wäre ja auch noch schöner!
Er kann sein eingezogenes Glück ja nicht einfach für sich selbst behalten! So ist es auch bei uns: Die Steuerlast fließt zwar dem Finanzamt zu, der Finanzbeamte aber darf das Geld nicht einfach an Verwandte weiterleiten oder vor Ort versaufen, schon gar nicht während der Dienstzeit. Deshalb sorgen auch horrende Steuerzahlungen in der Finanzbehörde nur sehr selten für übermäßig gute Laune.
Meine letzte Steuerprüferin war allerdings eine so freundliche Frau, dass ich zunächst vermutete, sie sei als externe Kraft gemietet worden. Dies war nicht der Fall. Das Glück sitzt oft da, wo man es am wenigsten vermutet, teilweise sogar in unseren Behörden. Normalerweise hatte ich bisher Steuerprüfer als Menschen kennengelernt, deren oberstes Ziel es ist, den Steuerzahler dorthin zu bringen, wo er ihres Erachtens nach per se hingehört: in Armut oder ins Gefängnis. Dass mir der Herrgott, beziehungsweise das Finanzamt (wo ist der Unterschied?), nun eine faire Kraft schicken würde, hat mein Weltbild erschüttert. Wie viele Erwartungen werde ich in meinem Leben noch über Bord werfen müssen?
11 21
Es geht auf die Mitte des Tages zu. Bald wird die Sonne im Zenit stehen. Der Zähler meiner Solarpaneele rattert. Natürlich rattert er nur metaphorisch. Es handelt sich um eine Digitalanzeige, die den Strom, den mein Solarkraftwerk erzeugt, gleich teilweise wieder verbraucht.
TÜRKLINKE
Eine Klinke ist der erste Gruß eines Ortes, den man betreten möchte. Sie sollte deshalb nicht einfach achtlos in Standardausführung mitgekauft, sondern bedächtig ausgewählt werden. Sie ist ein kosmisches Wunder! Sie eröffnet neue Räume, stellt also etwas Ähnliches dar wie ein Wurmloch, das den Übergang von einem Teil des Universums in einen anderen ermöglicht, ohne dass man auf die Straße hinaustreten und durchs Fenster wieder eindringen müsste. Das ist erstaunlich! Wir müssen erst wieder lernen, die Wunder des Daseins gebührend zu würdigen.
In weniger als 40 Jahren wird sich die Anlage amortisiert haben, wenn nicht vorher etwas kaputtgeht. Ich bin stolz. Nicht dass ich die Klimaerwärmung dadurch persönlich aufgehalten hätte. Dafür war die Herstellung der Paneele viel zu energieintensiv. Aber ich habe das Gefühl, etwas getan zu haben. Und darauf kommt es an.
Man kann auch sparsam Auto fahren. Auch das gibt dem umweltbewussten Menschen ein gutes Gefühl. Natürlich wird auf dieser Welt dennoch genau so lange Öl verbraucht, bis es zur Neige geht und dadurch die Nutzung der letzten Reste für die Verbrennung zu teuer wird. Ob das 40 oder 45 oder 105 Jahre dauert und ob ich bis dahin einen Kleinwagen oder ein Geländewagenmonster fahre, ist völlig
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